Die letzten Wikinger


Alltag der Zeit (Detailfragen)

 

Reliquien, Reliquiare und der Heilige Michael
Herzog Wilhelm ließ Jarl Harald einen Treueid auf zwei Reliquiare schwören - wie Szene 23 erkennen lässt, begeht Harald hier jedoch Meineid. Reliquiare sind Behältnisse für Reliquien, die Überreste von Heiligen, die einen direkten Zugang zu Gott ermöglichten und somit von besonderer Wirkkraft waren. Oft hatten die kostbar gefertigten Reliquiare die Gestalt hausförmiger Sarkophage, Sinnbild für die Gräber der Heiligen, oder von Kirchengebäuden.

Zu den beliebtesten Heiligen des Mittelalters zählte der hl. Michael, der Drachenbezwinger und Überwinder des Bösen; in Westeuropa galt er als Beschützer der Soldaten. Wilhelm begann seinen Feldzug gegen Conan, den Grafen der Bretagne, am Mont-Saint-Michel, sicher, um sich seines Beistandes zu vergewissern. Als gutes Vorzeichen für Wilhelms Eroberung von England ist damals wohl auch die Landung der Flotte in Pevensey am Vorabend des Michaelistages, des 29. Septembers, gesehen worden. Der hl. Michael spielte auch im christlichen Missionskonzept eine bedeutende Rolle und wird auf Runensteinen genannt.

Münzen und Geldpolitik
In England trugen die Münzen den Namen des Königs: er kontrollierte die Geldpolitik. In der Normandie hatte der französische König die Kontrolle über das Münzwesen verloren; es lag nun in der Hand der Herzöge.

Einziges Zahlungsmittel in Europa war seit merowingischer Zeit der Silberdenar (dt. Pfennig, engl. penny). Der englische wog etwa 1,5 g bei hohem Silbergehalt; der normannische lag unter 1 g und enthielt viel Kupfer. Über das Land verteilt gab es viele Prägeorte, doch mit einem einheitlichen Motiv. Für die englische Krone war die Prägung von Münzen ein einträgliches Geschäft: Jedes dritte Jahr gab der König einen neuen Münztyp heraus, und die Bevölkerung musste die alten austauschen - gegen eine Gebühr. In der Normandie gab es vermutlich ein ähnliches System. Als König von England behielt Wilhelm das alte, einträgliche Geldsystem bei, lediglich der Königsname änderte sich.

Hand, Gestus und Gebärde
Während die lateinischen Texte über das Geschehen im Bildteppich in knapper Form informieren, bleiben auch die handelnden Menschen in den 58 Szenen nicht stumm. Sie sprechen zu uns in einer Sprache, die heute weitgehend verloren ist: in Gestik und Gebärden der Hände und Körper. Wenn die Handelnden sprechen, sind ihre Hände aktiv: gebietende Zeigefinger, gespreizte Finger, abwehrende, entgegennehmende oder aggressive Finger. So erfahren wir aus den Bildern vieles über die Motive und Stimmungen der Personen und über ihr Verhältnis zueinander.

Die Gestik in der mittelalterlichen Kunst geht zurück auf die der frühchristlichen und antiken Kunst, wo sie die Gestik der Liturgie, der Rhetorik und des Alltags wiedergeben. Im Mittelalter verstand man sie so deutlich wie heute die Stimmen von Schauspielern im Film.
Weitere, verdeckte Hinweise auf das Geschehen und seine eigentliche Bedeutung gibt uns der Künstler durch Symbole, Zeichen und Farben sowie durch Zitate und Verweise in den Randborten.

    Texte & Bilder: Archäologisches Museum Frankfurt
 

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