Kunstwerk des Monats
Januar 2005

Hl. Anna selbdritt. Meister von Frankfurt, Werkstatt, um 1509

Das Thema der sogenannten ‚Anna selbdritt', die in eins gebrachte Vorstellung von drei Generationen der "Hl. Sippe" - Anna, Maria und Christus - steht symbolisch für die ‚Immaculata conceptio', die ‚Unbefleckte Empfängnis', die nach christlichem Glauben von der Mutter Anna auf die Tochter Maria überging. Das Thema verlangte eine künstlerische Ausdrucksform, die die drei Figuren eng miteinander verband. Der zeitgleich mit Leonardo da Vinci tätige Meister von Frankfurt folgte hierbei einem nördlich der Alpen gängigen Schema, das in seiner symmetrisierenden Bildtektonik bereits ein Bestreben nach größerem Realismus widerspiegelt.

Hinter dem irreführenden Notnamen ‚Meister von Frankfurt' verbirgt sich ein bis heute nicht eindeutig fassbarer Künstler, der, 1460 geboren, möglicherweise im südlichen Brabant nahe Brüssel ausgebildet wurde und an der Wende des 15./16. Jahrhunderts in Antwerpen arbeitete, wo er bis mindestens 1518 nachweisbar ist. In seinem überkommenen Werk ist das Anna selbdritt-Thema ein zentrales Motiv.

Im Gemälde mit seiner bezeichnenden Mischung aus Realismus und spätmittelalterlichem Bedeutungsrepertoire sitzen die Hl. Anna und die Hl. Maria gleichgeordnet auf einer Bank und widmen sich dem zwischen ihnen platzierten göttlichen Kind: Die Großmutter umfängt es beschützend mit der Rechten und bietet ihm mit der Linken ein Blumenkörbchen dar. Maria trägt das lange goldene Haar offen und nur mit einem leichten Schleiertuch bedeckt, das schlichte dunkle Kleid ist durch eine schmale Goldborte am Dekolleté geschmückt, Ränder und Saum des traditionell blauen Mantels sind mit Goldfäden bestickt. Auf ihrem Schoß liegt offen ein illuminiertes Gebetbuch. Das Kind steht nackt zwischen beiden Frauen und hält in seinen Händen den ihm durch seine Mutter gereichten Apfel. Mit der Übergabe dieses Apfels spielt Maria auf den ersten Sündenfall an und gibt sich als neue Eva zu erkennen, während Christus die Rolle des neuen Adam zugewiesen wird und so die Überwindung der Erbschuld augenfällig macht.

Annette Frese



 
Hl. Anna selbdritt
Meister von Frankfurt, Werkstatt, um 1509, Öl auf Holz, Inv. Nr. G 1836

 
 
siehe auch: Sammlungsblatt
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