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Juni 2006
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Putz- und Modegeschäft um 1890
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"Spielend
lernen!"
Seit Jahrtausenden
wurde Spielzeug für Kinder hergestellt und bildet für uns heute
eine wichtige Quelle sozio-kultureller Forschungen. Es versteht
sich von selbst, dass überliefertes historisches Spielzeug, wie
wir es heute aus Museen kennen, Kindern der gutbürgerlichen oder
gar adligen Schicht vorbehalten war.
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Für Arbeiterkinder,
die oftmals sogar an der Herstellung von Spielsachen mitwirken mussten,
war solch aufwändiges Spielzeug wie Porzellanpuppen, Puppenstuben
oder gar Puppenhäuser unerschwinglich. Sie besaßen lediglich einfache
Puppen aus Holz oder zusammengenähten und ausgestopften Stofffetzen.
Diese für die Kinder hergestellten Objekte waren aber nicht allein
zum Spielen gedacht. Sie dienten vielmehr pädagogischen Zielen:
Spielerisch sollten vor allem die kleinen Puppenmütter in ihre Rolle
als Hausfrau hineinwachsen und rechtzeitig mit ihren Pflichten vertraut
gemacht werden. Daher wurde sehr viel Wert darauf gelegt, die Stuben
und Häuser en miniature genauso einzurichten wie die großen. Auch
die Gattung Kaufläden war durchaus dazu gedacht, die heranwachsende
Hausfrau zu ökonomischem Wirtschaften und dem Rollenverhalten des
Einkäufers zu erziehen. Kaufläden sind aufgrund ihrer akribischen,
reichhaltigen Ausstattung besonders reizvoll, zumal wir uns in unserer
Supermarkt-Gesellschaft heute kaum noch Vorstellungen vom Aussehen
der Läden des 19. und frühen 20. Jahrhunderts machen können. Das
entzückende Putz- und Modegeschäft der Textilsammlung Max Berk ·
Kurpfälzisches Museum stammt aus der Sammlung Doris Winter und ist
um 1890 entstanden. Nebst Kleidern beherbergt es Accessoires und
"Galanteriewaren" wie Fächer, Perlbeutel, Hüte mit Hutschachteln
und Schuhe, aber auch Kurzwaren aller Art. Wie bei vielen Puppenstuben
und Kaufläden ist die Ausstattung jedoch nicht aus einem Guss, sondern
wurde von den Puppenmüttern peu à peu liebevoll ergänzt oder von
einer späteren Sammelleidenschaft individuell geprägt. So stammt
die Verkäuferin, erkennbar an den sogenannten Keulenärmeln, aus
der Entstehungszeit des Ladens, während die sogenannten Wagenradhüte
aus Federn sowie der bezogene Kleiderbügel etwas jüngeren Datums
sind. Das Metallsäckchen mit Holzspielzeug aus dem Erzgebirge dürfte
sich aus einem Gemischtwarenladen hierher verirrt haben.
Text:
Kristine Scherer
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Putz und Modegeschäft,
um 1890
39,5 x 65 x 35,5 cm Inv.-Nr. 8/112
Foto: Museum
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2006
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