
"Zuerst jagen sie in allen Richtungen herum, schleudern Geschosse
und bringen gewöhnlich schon durch die Wildheit ihrer Pferde und
das Dröhnen der Räder die feindlichen Reihen in Verwirrung ...
sie bringen es durch tägliche Übungen so weit, dass sie die Pferde
in vollem Lauf anhalten, in kurzer Zeit zu einer Wendung zügeln
und dass sie selbst die Deichsel entlanglaufen in Höhe des Jochs
stehen bleiben und von dort schnell in den Wagen zurücklaufen
können."
Caesar (100 - 44 v.Chr.)
Caesar begegnete erstmals in Britannien den berühmten keltischen
Kampfwagen (essedum). Obwohl er deren strategischen Wert nicht
allzu hoch schätzte, bewunderte er doch die Gewandtheit der rollenden
Kampfgeschwader. Nur Männer aus der elitären Führungsschicht brachten
die Zeit für die täglichen Übungen auf, die das Führen der viel
Geschicklichkeit voraussetzenden Renn- oder Streitwagen erforderte.
Den zweirädrigen Wagen waren zwei Pferde vorgespannt und die Besatzung
bestand aus zwei Personen. Dies berichtet nicht nur Cäsar, sondern
es bestätigen auch Experimente mit Rekonstruktionen, die einen
Krieger und einen Wagenlenker verlangen.
Eiserne Beschlagteile von mindestens zwei solcher Streitwagen
sind zusammen mit anderen Gerätschaften Teil eines Depotfundes,
der 1964 auf dem Heiligenberg etwa 150 Meter nordöstlich des Michaelsklosters
ausgegraben wurde und zu den interessantesten Funden aus der Zeit
der keltischen Höhensiedlung zählt. In ca. 50 cm Tiefe lagen eng
zusammengepackt und miteinander verbacken ein Radreifen, eine
Pflugschar sowie zwei Sensenblätter. In unmittelbarer Nachbarschaft
dazu kamen drei Trensen, weitere Radreifenfragmente sowie ein
Ösenstift zutage.
Hinter solchen Deponierungen standen Materialengpässe in der
Versorgung mit Roheisen, die einen Hinweis auf Krisenzeiten liefern
können. In diesem Fall ist der Heiligenberger Hort als Metallreserve
zu verstehen, die vielleicht zum Anfertigen von Eisenwaffen bestimmt
war. Jedenfalls entspricht der Zeitpunkt seiner Vergrabung dem
beginnenden Untergang der großen keltischen Höhensiedlung.
Renate Ludwig
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