Pompeji - Die Stunden des Untergangs
24. August 79 n. Chr.


28. November 2004 -17. April 2005 |
Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim | D5

 
Die Stadt Pompeji
Als Pompeji im Jahre 79 n. Chr. vernichtet wurde, begruben Lapilli- und Ascheschichten eine blühende Provinzstadt, die etwa 20 000 Einwohner gehabt haben dürfte, und die bei ihrem Untergang bereits auf eine Jahrhunderte alte Vergangenheit zurückblickte. Über ihren Ursprung weiß Strabo in seiner Erdbeschreibung V, 4, 8 zu berichten, dass ursprünglich die Osker die Stadt bewohnten, dann die Tyrrhener sowie die Pelasger und darauf die Samniten. Unter den Oskern darf man die älteste einheimische Bevölkerung verstehen, die Tyrrhener sind die Etrusker und die Pelasger in diesem Falle die Griechen. Ab dem 5. Jh. v. Chr. wurde Pompeji dann von den Samniten, einer Bevölkerung aus dem Landesinneren, besetzt, die nun auch das Stadtregiment übernahmen. Nach der samnitischen Niederlage gegen Rom 290 v. Chr. wurde Pompeji als "verbündete Stadt" dem römischen Herrschaftsbereich angeschlossen. Es begann der zwei Jahrhunderte währende Prozess der Romanisierung. 80 v. Chr., nach dem Ende des Bürgerkrieges zwischen Marius und Sulla, wurden in der Stadt römische Veteranen angesiedelt. Pompeji wurde zu einer römischen colonia. Überliefert ist uns aus dem Leben der Stadt nur ein Ereignis: Im Jahre 59 n. Chr., unter der Herrschaft Neros, kommt es im Amphitheater während einer Darbietung von Gladiatorenkämpfen zu einer blutigen Auseinandersetzung mit zahlreichen Toten zwischen Pompejanern und Zuschauern aus Nuceria. Auf Anweisung Roms wird daraufhin der Stadt für 10 Jahre das Abhalten von Gladiatorenspielen verboten. Eine harte Strafe, die allerdings schon drei Jahre später wieder aufgehoben wurde.

mehr:
Die Stadt Herculaneum
Die Stadt Pompeji
Der Vesuv
Im Jahre 62 n. Chr. wurde Kampanien von einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht, das neben Pompeji auch Herculaneum und Nuceria verwüstete. In Pompeji waren die Schäden noch nicht vollständig beseitigt, als die Stadt 79 n. Chr. endgültig vernichtet wurde.
Über den Vesuvsausbruch sind wir durch zwei Briefe von Plinius dem Jüngeren an den Historiker Tacitus gut unterrichtet. Weitere Detailbeobachtungen zum Hergang der Katastrophe, die angeblich der Explosion von 100 000 Atombomben vom Typ Hiroshima entsprach, lieferte die moderne vulkanologische Forschung, deren Ergebnisse in der Ausstellung dargestellt werden.
Einem Teil der Bevölkerung Pompejis muss noch die Flucht gelungen sein. Diejenigen aber, die sich zu spät dazu entschlossen oder aber glaubten, in den Gebäuden besser geschützt zu sein, kamen durch die giftigen Gase und die Hitze der ersten Glutwolken ums Leben oder wurden durch das zusammenstürzende Mauerwerk der Gebäude erschlagen. Geborgen wurden im Stadtgebiet Pompejis und seiner unmittelbaren Umgebung bisher die Reste von über 1000 Opfern.
Gegen Mittag des 24. August 79 n. Chr. setzte die Katastrophe ein, am nächsten Morgen hatte die Stadt aufgehört zu existieren. Ihre Überreste, soweit sie die Erdstöße und die Gewalt der zerstörerischen Glutwolken überstanden, waren nun von einer meterdicken Lapilli- und Ascheschicht bedeckt.
Gezielte Grabungen, die zunächst sehr summarisch betrieben wurden und die vornehmlich dem Auffinden von Kunstwerken galten, setzten 1748 in Pompeji ein und wurden, begleitet von einer immer weiter sich verfeinernden Methodik, bis auf den heutigen Tag mit wechselnder Intensität fortgesetzt. So wurden inzwischen gut zwei Drittel der antiken Stadt wieder freigelegt.
Im Vordergrund der denkmalpflegerischen Aktivitäten der Soprintendenz von Pompeji, also der obersten Denkmalbehörde, stehen gegenwärtig keine neuen Grabungsvorhaben. Vielmehr geht es um die Restaurierung und Konservierung alles dessen, was in 250 Jahren an antiker Bausubstanz bereits freigelegt wurde.
Bemerkenswerte Aufschlüsse haben uns die Grabungen über die Gesamtanlage einer römischen Kleinstadt geliefert und die Funktion ihrer einzelnen Bereiche: Über die Anlage der Stadtbefestigung, das Aussehen der öffentlichen und privaten Bauten und deren Einbindung in ein rechtwinkliges Straßennetz, das sich über die gesamte Ausdehnung der Stadt erstreckt. Die parallelen Straßenzüge begrenzen die kleinsten Grundstückseinheiten, die sogenannten Insulae. Modernen Ursprungs ist dagegen die Aufteilung der Stadt in neun Regionen, die in Verbindung mit den durchnummerierten Insulae die Grundlage für die genaue Lagezuweisung der einzelnen Bauwerke im Stadtareal bildet. Das Haus mit der Adresse IX, 13, 1-3 liegt also in Region IX, Insula 13 und hat dort die "Hausnummer" 1-3.
Von besonderem Interesse in Pompeji war für die Besucher wie für die Archäologen stets die Privathausarchitektur, wobei die Anzahl der auf uns gekommenen Privathäuser je nach Zählmodus zwischen etwa 400 und 800 Einheiten schwankt. Die Villen in der Stadt können, abhängig von den Vermögensverhältnissen der Besitzer, von ganz unterschiedlicher Größe sein. Eher unscheinbar sind oftmals die Häuserfronten, die zur Straße hin sogar Geschäften, Handwerksbetrieben und Garküchen Raum boten. Erst beim Betreten der Häuser entfalteten diese ihren ganzen Prunk. Zu ihren Charakteristika gehören folgende Raumelemente: das Atrium, der Eingangsbereich mit offenem Dach und einem Wasserauffangbecken darunter; das Tablinum, ein Übergangsbereich zwischen dem Atrium und dem Peristyl; das Peristyl, ein offener Raum, der oft als Garten genutzt wurde, und von einem Portikus, einem Säulengang, umgeben war. Dazu kamen Triklinien, Speisezimmer, und Cubicula, Schlafzimmer, die freilich in verschiedener Größe und Anzahl und mit ganz unterschiedlichem Luxus ausgeführt werden können. Bei großen Villen kommt es durchaus auch zu einer Wiederholung der verschiedenen Raumformen. Einfarbige und bunte Mosaike, zum Teil von ganz außerordentlicher Qualität, belebten die Fußböden der einzelnen Räume.
Von ganz besonderer Bedeutung für die Kenntnis der antiken Malerei ist die Freskomalerei, die die Wände der Häuser schmückte, und die uns eine Entwicklung dieses Genres über einen Zeitraum von mehr als 200 Jahren vor Augen führt. Die einzelnen Dekorstile werden in vier Stilstufen eingeteilt:
Erster Stil: 3. Jh. v. Chr. bis 80 v. Chr.
Zweiter Stil: 80 v. Chr. bis etwa 20 v. Chr.
Dritter Stil: etwa 20 v. Chr. bis Mitte des 1. Jh.s n. Chr.
Vierter Stil: etwa Mitte des 1. Jh.s n. Chr. bis 79 n. Chr.
Die in der Ausstellung gezeigten Fresken gehören durchweg dem Zweiten und Dritten Stil an.
Das Studium der pompejanischen Privathäuser, ihrer Inneneinrichtung und Gärten ermöglicht uns wichtige Aussagen über die Wohnkultur in der Provinz und darüber hinaus gibt es uns interessante Hinweise auf das kulturelle Selbstverständnis ihrer Erbauer und Besitzer. Ein Aspekt, der gerade in den letzten Jahren immer mehr betont wurde.

© Text: REM

   

im Detail:

Ausgüsse von Leichen

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Die Stadt Herculaneum

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