composition no. 55: „Concertino“
Ein Klangraum am Rande des Spielbaren. Erwin Koch-Raphaels Violinkonzert in Hannover uraufgeführt.
In Hannover versammelte Hans-Christian Euler sein Ensemble Musica Viva um sich und verpflichtete niemand Geringeren als den ... Geiger Thomas Zehetmair, um dieses Werk zur Uraufführung zu bringen. Das Warten hat sich gelohnt: Koch-Raphael ist ein zutiefst beeindruckendes Werk gelungen; Zehetmair, Euler und seinem Ensemble eine beglückende Interpretation.
Dabei ist die Musik Koch-Raphaels keine leichte Kost. Seine Musik verweigert sich jeder äußeren Virtuosität, ist dabei aber sehr wohl höllisch schwer zu spielen. Seine Musik verweigert gleichfalls die Möglichkeit des oberflächlichen Hineinhörens. Dabei hat sie eine irrlichternd schöne Klangoberfläche. Und sie ist schwer zu hören, wenn man sich ihr nicht bedingungslos hingibt. Wenn man dies jedoch wagt, so wird man von Koch-Raphael in eine ganz eigene Klangwelt am Rande der Stille und des Stillstands entführt ...
Die fünfundzwanzig Minuten des Violinkonzertes erscheinen im Rückblick dann wie ein kurzer vor Klangsinnlichkeit nur so sprühender Klangmoment, der vom Komponisten auf die Länge des gesamten Konzertes ausgedehnt wurde ... Der Kern seines kompositorischen Einfallsreichtums ist so immens reich an Klangfantasie, dass seine Musik zwingend dieser Ausdehnung bedarf ... Die Kunst seines Komponierens zwingt zu einer hohen Kunst des Musizierens. Und diese zwingt da Publikum zu einer Kunst des genauen Zuhörens. Es entsteht eine Hörgemeinschaft der Ausführenden und Hörenden. Und dabei eine Intensität des Erlebens, wie sie sehr selten ist.
(Reinald Hanke, Cellesche Zeitung, 19./20.06.2004)
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