Kapitel 34: Neurogenetik

34.5.5.5 Der NMDA-Rezeptor und das Prinzip der Hebbschen Synapse

Der meist untersuchte molekulare Konvergenzdetektor bei Vertebraten ist der postsynaptische NMDA-Rezeptor (nach dem Agonisten N-Methyl-D-Aspartat), ein Glutamat-gesteuerter Ionenkanal. Im Vertebratengehirn ist Glutamat der wichtigste erregende Transmitter. Der NMDA-Rezeptor ist im geöffneten Zustand neben K+- und Na+- vor allem für Ca2+-Ionen durchgängig. Der Schlüssel zum Verständnis der Funktion der NMDA-Rezeptoren bei assoziativen Verknüpfungen ist ihre Spannungsabhängigkeit. In der Nähe des Ruhepotentials öffnen sie sich selbst in Gegenwart von Glutamat nicht. Sie sind durch Mg2+ blockiert. Erst bei deutlicher Depolarisierung wird die Mg2+-Blockade überwunden und Ca2+ in die Zelle eingeschleust.

Damit NMDA-Rezeptoren öffnen, müssen also zwei Bedingungen erfüllt sein: Präsynaptisch muß Glutamat freigesetzt worden sein und postsynaptisch muß eine Depolarisierung vorliegen. Diese kann z.B. durch die Wirkung einer benachbarten Synapse mit Nicht-NMDA-Rezeptoren zustandegekommen sein oder durch hochfrequente tetanische Reizung. Die Funktionsweise des NMDA-Rezeptors entspricht somit der einer logischen UND-Verknüpfung. Damit ist der Rezeptor als Koinzidenz-Detektor zu bezeichnen. Wie bei der Adenylatcyclase oder der PKA sehen wir, wie relativ einfache Genprodukte neuronalen Schaltkreisen Eigenschaften verleihen können, die sie zum Speichern von Assoziationen in die Lage versetzen.

Der Pschychologe Hebb hatte bereits in den 40er Jahren postuliert, daß solche Synapsen verstärkt werden sollten, deren postsynaptischer Teil bei ankommender Reizung bereits depolarisiert vorliegt (also kurz vorher durch einen anderen Kanal erregt worden ist). Der NMDA-Rezeptor ist der zentrale molekulare Baustein zur Verwirklichung des Prinzips der Hebbschen Synapse.

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