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Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel

"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

169. Brief

Ponteresina, 21. August 1886.




Mein geliebtes Röschen! Soeben (abends 6 Uhr) bin ich wohlbehalten hier angelangt und ging (obgleich bis auf die Haut naß) gleich auf die Post, um Nachricht von Dir zu haben, nach der ich mich sehr sehnte! Ich fand Deinen (nach Konstanz gesandten) Brief, woraus ich zu meiner Beruhigung ersehe, daß es Euch gut geht und Du mit Deinem Erfolge der Kur zufrieden bist. Ein Vergnügen ist´s freilich nicht, und ich begreife, daß Du Dich nach unserm lieben Hause zurücksehnst. Dasselbe ist bei mir der Fall. Ich freue mich auf unseren schönen September im lieben Jena. Meine alte Reiselust hat sehr abgenommen, und ich merke, das ich alt werde, auch leider etwas blasiert. Die Alpen haben mir noch niemals so wenig Eindruck gemacht wie diesmal! Voriges Jahr mit Euch Lieben zusammen war´s doch viel hübscher. Jeden Morgen überlege ich, ob ich nicht die Rückreise antrete, und wenn du Herz, zu Hause wärest, wäre ich längst daheim! Dazu kommt, daß der eklige nervöse Katarrh, der vom Magen zum Kehlkopf wanderte (Heidelberger Schloßfest-Acquisition!), mich 14 Tage recht geplagt hat und erst seit kurzem zurückgeht.

Die Glanzpunkte der Reise (nächst Heidelberg) waren diesmal mehr die angenehmen Besuche bei alten Freunden als besondere (mir fast alle schon bekannte!) Naturschönheiten! Herrlich waren zwei Tage am Bodensee, auf Schloß Castell (bei Baronin von Scherer - ähnlich dem nahen Arenenberg) und besonders in St. Gallen bei einem alten lieben Würzburger Universitätsfreund, Dr. Benziger, den ich seit 33 Jahren nicht gesehen habe.

Hier in Ponteresina wimmelt´s von Jenaern : . . Ich war hier nicht seit 31 Jahren. Welche kolossale Veränderung! In Ragatz dachte ich recht an unseren Besuch auf der Hochzeitsreise! Von da fuhr ich nach Chur und per Post über den Albula Paß nach St. Moritz. Hier feierte ich gestern den 19. (!) Jahrestag unserer Hochzeit, auf einem sehr schönen Punkt (Crestalta) bei herrlichem Wetter. Heute machte ich die erste Hochgebirgswanderung, über den Forcla Sarleg, 10 Stunden, erst sehr schön, dann strömender Regen. Es ist hier kolossal überfüllt, teuer und ungemütlich. Ich denke nur 3-4 Tage zu bleiben und dann nach Glarus zu gehen, wo ich Briefe von Dir zu finden hoffe. In 14 Tagen sind wir hoffentlich wieder zusammen . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999

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