"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"
2. Brief
21. Juni 1867 Agnes Haeckel
Diese Blumen, mein liebstes, bestes Mädchen, sollen
Dir einen frischen Morgengruß zum Johannistage von Deinem treuen
Schatz bringen. Da heute Johannis ist, so muß ich wohl leider meinem
gestern gegebenen Versprechen, heute nicht zu Dir zu kommen, untreu
werden. Denn da ich heut´ Abend Dir zu Ehren alle Berge zu illuminieren
und nachträglich stolze Freudenfeuer zur Feier des 15. Juni anzünden
lasse, habe ich doch auch die moralische Verpflichtung, Dir dieselben zu
zeigen. Ich werde also bei Dunkelwerden meine stolze "Herrin" abholen,
die hoffentlich trotz des schlimmen und langweiligen gestrigen Sonntags
gut geschlafen hat . . .
Dabei fällt mir eben ein, daß wir wohl auch um 10 Uhr
zur Geburtstagsfeuer des heiligen Johannes (meines speziellen Freundes
und Gönners) in die Gemälde-Ausstellung auf der Rose gehen müssen;
wenigstens wäre das sehr fromm! Ich werde also um 10 Uhr anfragen, ob
Fräulein Agnes mitzugehen geruht.
Herzliche Grüße und Küsse, mein lieber, teurer Ernst,
von Deiner schlechten Braut. Sie hat herrlich geschlafen und von ihrem
armen, armen, mißhandelten Schatze das Gleiche. Die reizenden Blumen
haben mich so erfreut! Adieu, mein Ernst, mein Liebstes, Bestes.
Den Blumen aus meinem Garten füge ich den
frischesten Sonntagsmorgengruß bei, mein liebstes, bestes Herz, mit dem
Wunsch, daß Du recht frisch und munter heute bist. Zum lieben Sonnten
muß die kleine Agnes immer ein besonders liebes und herziges
Gesichtchen für ihren gestrengen Professor haben! Um 1 Uhr heut´ mittag
wird er sich´s ansehen! Bis dahin vergiß nicht ganz Deinen glücklichen,
treuen Ernst.
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