"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"
52. Brief
Jena, den 28. September 1870.
Mein lieber Herzensmann! Dein letzter Brief hat mich
wirklich amüsiert. Was macht dieser Mann mir für Vorwürfe über meine
diesmal wirklich gerechte Empfindlichkeit, als ob ich da ruhig und
gleichgültig bleiben sollte, wo man von meinem lieben Ernst spricht über
Dinge, die er an andere schreibt, nur an sein Frauchen nicht. Da müßte
ich doch keine liebende Gattin sein usw., kurz, der ganze Fehler war, daß
Du mich nicht zu gleicher Zeit von Deinem Vorhagen unterrichtetest, nun
mag die Sache gut sein; das Resultat Deines Schreibens an Seebeck ist
erfreulich, 416 Rl. sind eingekommen wider aller Erwarten, was Du in
Heidelberg erfahren haben wirst . .
Morgen ist Puttchens Geburtstag, und sein Papa ist
nicht dabei, ich habe dem kleinen lieben wilden Schelm etwas billiges
hölzernes Spielzeug gekauft, sonst nichts, von Mutter bekommt er ein
allerliebstes Kleidchen, von Clara auch ein. An Mutters Geburtstag waren
wir recht vergnügt zusammen. Otto kam schon Sonnanbend abend und
blieb bis Montag abend, so daß man ihn doch ordentlich mal genießen
konnte. Es ist ein lieber Bruder, er ist ganz durchdrungen von den
weltgeschichtlichen Ereignissen und freut sich sehr auf Deine
Erzählungen .&nbps;. . Bertha H.īs Hochzeit ist schon am 18.
Oktober, als kann man bald an ein Geschenk denken, ich habe gedacht, die eine von unseren Punschbowlen, findest Du nicht auch?
Zwei Briefe sind in diesen Tagen an Dich angelangt, der eine von Oskar
Schmidt, der Dich in Kösen gern sprechen möchte, ich lege Dir den Brief
bei, der andere von einem H. Spencer, ein sehr gut geschriebener
englischer Brief, der meiner Meinung nach nichts Wichtiges enthält, ich
will ihn dir aber auch beilegen, damit Du meinen Pflichteifer bewundern
kannst . . . Unser kleiner Liebling schläft
augenblicklich suß, und ich sage Dir jetzt auch Gute Nacht und wünsche
sehr, daß Du endlich wieder nach Hause kommsst, unter vier Wochen
kannst Du wohl gar keine Reisen machen? Nun ade nochmals, mein lieber
Schatz, komme, sobald es geht, zu Deiner armen kleinen A.
Brief 51..........................................................................................Brief 53

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