"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"
89. Brief
Jena, den 4. September 1873.
Liebster Ernst! Ich glaube, Du hast Dich über die
Angst Deiner Frau lustig gemacht, Du böser Mann, und ich werde mich
ein andermal wohl hüten, mir solche Blöße zu geben, zu zeigen, wie ich
diesen unruhigen Gatten liebe, der selbst in solcher Leidenszeit seiner
Frau ins Weite muß und sie in ihrem reizbaren, aufgeregten Zustand über
acht Tage auf einen ersten Brief warten läßt. Ich habe mich noch nie so
um Dich gesorgt wie diesmal und ärgere mich eigentlich über ich selber!
Mein liebster Herzensmann, ohne Dich ist mit mir nichts mehr, das habe
ich so recht gefühlt! Du denkst immer, wenn ich es nicht fortwährend
zeige, istīs plötzlich aus damit, das ist doch grundfalsch! - Gestern und
heute habe ich nun nacheinander drei Briefe von Dir erhalten und freue
mich sehr, Daß Du Ende nächster Woche zurückommst. Du hast mal
wieder in kurzer Zeit viel gesehen, ein anderer würde das als eine große
Reise betrachten, ein Orientgereister aber wie Du hält es für eine kleine
Fußtour! Die Kinder grüßen Dich vielemal . . .
Briefe sind ziemlich viele angekommen,
aber kein pressanter, meistens schmeichelhafte Dankesbriefe für die
Zusendung Deiner Schöpfungsgeschichte . . . Ade,
mein Herzensschatz!
Brief 88..........................................................................................Brief 90

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