Einschreiben Denkmalschutz15-05-1979 Einschreiben Denkmalschutz 15-05-1979 2 | |
Die drei Abrissvorhaben
Die Absicht, das Hölderlin-Haus in der Dorotheenstraße abzureißen, lässt
sich in drei Phasen untergliedern. Die ersten beiden Abrissvorhaben gingen
von Investoren aus, das dritte von der Stadt Bad Homburg. Der erste
Abrissplan entstand 1974, als das Hölderlin-Haus seinen Besitzer wechselte.
Grund für den Abrissantrag war eine möglichst effektive Nutzung des
Grundstücks durch eine Neubebauung mit Geschäftshäusern. Aus dem selben Grund
erfolgte das zweite Abrissvorhaben vier Jahre später im Jahr 1978, als das
Grundstück abermals in private Hand wechselte. Den dritten Abrissantrag stellte
die Stadt, in ihrer Funktion als Bauaufsicht, 1983 als sich erwies, wie sehr die
Bausubstanz über Jahre hinweg verkommen war. Argumente der Stadt für einen
Abriss waren:
| ein Neubau ließe sich für die Hälfte der Sanierungskosten realisieren. |
| eine Sanierung käme einem Neubau mit einigen Teilen des ursprünglichen
Hölderlin-Hauses gleich. |
An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich das Hölderlin-Haus bereits seit ca.
1954 nicht mehr in seinem Originalzustand befand, da Umbauarbeiten vorgenommen
worden waren. An der Rückseite des Hauses hatte man sechs Garagen angebaut
sowie den alten Eingang an die Seite verlegt. Des weiteren hatte man Hölderlins
Fenster mit Blick auf Frankfurt zumauern lassen und das hölzerne Treppenhaus
durch ein modernes ersetzt. In den folgenden Jahrzehnten verkam das Haus immer
weiter, da keine Sanierungsarbeiten mehr durchgeführt wurden. Gründe hierfür
werden in der mangelnden Investitionsbereitschaft der Besitzer, und dem geringen
damaligen Interesse Baudenkmäler zu erhalten, gelegen haben.
Das erste Abrissvorhaben
Zum ersten Mal tauchte 20 Jahre später am 17.8.1974 in einem Artikel der FAZ
die Nachricht auf, dass das Hölderlin-Haus in der Dorotheenstraße vom Abriss
bedroht sei. Zu diesem Zeitpunkt war es von einer Münchner Interessentengruppe
(neuer Eigentümer war Dr. Bodo Thyssen) erworben worden.
Das Haus gehörte zu einem ca. 4000qm großen Areal (siehe Lageplan),
das sich auf der Ecke zwischen Dorotheenstraße und Thomasstraße befand
und neu bebaut werden sollte. Außer dem Hölderlin-Haus befanden sich noch die
beiden Nachbarhäuser Nummer 34 und 38 auf diesem Grundstück, wobei das
Hölderlin-Haus mit der Nummer 34 zusammen eine Art Doppelhaus darstellte. Die
Nummer 38 war zur damaligen Zeit als "Erkerhäuschen" bekannt, da es
zur Straße hin ein Erkertürmchen besaß. Der Rest des Grundstückes lag brach.
Vor allem die schlechte Bausubstanz des Hölderlin-Hauses und die interessante
Innenstadtlage des Grundstückes gaben immer wieder Anlass einen Abriss ins Auge
zu fassen.
Das zweite Abrissvorhaben
Am 15.1.1979 wechselt das gesamte Areal im Zuge einer Zwangsversteigerung
für 5,5 Millionen Mark den Eigentümer. Die Deutsche Hypothekenbank AG hatte
das Grundstück gekauft und direkt an Herrn Szlang weiterverkauft, nachdem der
vorherige Grundstückseigentümer Dr. Bodo Thyssen Konkurs angemeldet hatte.
Bereits einen Monat zuvor, am 15.12.1978, war nach Angaben in der Bauakte ein
Antrag des neuen Eigentümers eingegangen, alle Häuser auf dem Areal abreißen
zu dürfen. Herr Szlang hatte also bereits im Vorfeld versucht, die
erforderlichen Genehmigungen zu beschaffen, um den Bau von Büros und
Geschäften zügig zu verwirklichen.
Am 25.1.1979 wurde dieser Antrag vom Denkmalschutz abgelehnt, nachdem
man gerade noch rechtzeitig zwei Tage zuvor das Hölderlin-Haus in die
vorläufige Denkmalschutzliste aufgenommen hatte. Somit war das Haus gegen
einen Abriss abgesichert worden.
Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass es erst seit 1974 ein hessisches
Denkmalschutzgesetz gibt. Vorher beschränkte sich der Denkmalschutz auf
herausragende Gebäude, wie Kirchen und Schlossanlagen. Nur ausnahmsweise wurden
profane Gebäude geschützt. In Vorbereitung auf die hessische
Denkmalschutz-Gesetzgebung und geleitet von dem Gedanken einer erhaltenden
Stadtsanierung erfolgte in Bad Homburg ab 1971 eine Erfassung der
erhaltenswerten Gebäude.
In der listenmäßigen Zusammenstellung vom 24.8.1972, die mit dem
Landeskonservator abgestimmt wurde, sind die Gebäude Dorotheenstraße 34, 34
1/2, 36 und 38 aufgeführt. Das Hölderlin-Haus war somit seit 1972 als
erhaltenswert eingestuft. Mit der Gültigkeit des hessischen
Denkmalschutzgesetzes (1974) wurde die Auflistung als vorläufige Liste, der
für die Eintragung ins Denkmalbuch vorgesehenen Gebäude geführt.
Als Begründung nannte das Landesamt für Denkmalschutz folgende drei
Gründe:
| 1. Die Einheit der Dorotheenstraße müsse gewahrt bleiben und das
Hölderlin-Haus stelle einen städtebaulichen
Bestandteil dieser Straße dar. |
| 2. Das Haus unterliege dem Denkmalschutz, da es geschichtlich ein Pendant
zum Sinclair-Haus darstelle. |
| 3. Die Bausubstanz sei nicht zu schlecht, als dass eine Restaurierung
nicht möglich sei. |
Anfang Februar 1979 erfolgte laut Aktenvermerk eine Ortsbesichtigung des
Magistrats, um sich ein Bild der Sachlage machen zu können. Während der
Besichtigung stellte man fest, dass das Hölderlin-Haus von allen Gebäuden des
Grundstücksareals am schlechtesten erhalten war. Für die Sicherheit stellte es
aber keine Gefahr dar.
Für Herrn Szlang wurde nach dieser Ablehnung die Weiterveräußerung
erschwert, da sie die Möglichkeiten zur Bebauung einschränkte. Auch mussten
neue Anträge gestellt werden, wie das Grundstück verwendet und bebaut werden
sollte.
Die weiteren Verhandlungen mit dem Bauamt ergaben, dass der neue Eigentümer das
Hölderlin-Haus zu erhalten und zu sanieren habe. (Die Kosten für eine
Sanierung wurden zu diesem Zeitpunkt auf ca. 600.000 DM geschätzt, sollten aber
noch weiter steigen.)
Immer wieder kam auch die Idee auf, das Hölderlin-Haus aus dem
Gesamtgrundstück herauszutrennen und von der Stadt kaufen zu lassen. Zur
gleichen Zeit scheiterten zahlreiche Bauanträge, da die Stadt und Herr Szlang
sich nicht einigen konnten, wie man das Areal bebauen und nutzen sollte.
Erst Ende Mai 1980 gelangte man zu einer Einigung für das gesamte Gelände
(siehe Modell) und der Bauherr, Herr Szlang, wollte die Bebauung bis 1982
fertig stellen. Nachdem er eine Baugenehmigung hatte, war er auch bereit,
der Stadt das Hölderlin-Haus zum Preis von 60.000 DM zu verkaufen. Diese
niedrige Summe ergab sich aus den hohen Sanierungskosten, die zusätzlich noch
anfallen würden.
Nachdem die Stadtverordnetenversammlung dem Kauf Ende Juni zugestimmt hatte,
wurde die Stadt im Februar 1981 neue Eigentümerin des Hölderlin-Hauses.
Bis 1983 bemühte man sich eine Nutzungsmöglichkeit für das Haus zu finden,
die dem Dichter Hölderlin gerecht werden sollte. Dabei wurden folgende
Ideen vorgeschlagen:
| ein Hölderlin-Museum |
| die Unterbringung des Stadtarchivs |
| Räumlichkeiten für die Musikschule |
| eine Hölderlin-Gedächtnisecke |
Das dritte Abrissvorhaben
Die Stadt konnte sich auf keine der Möglichkeiten einigen, und so verstrich
die Zeit. Gleichzeitig fing man mit Bauarbeiten an dem Haus an. Diese
beschränkten sich jedoch darauf, dass man im Jahr 1982 die Bausubstanz erstmals
untersuchen ließ, um herauszufinden, wie stabil das Haus noch war. In der
Zwischenzeit verfiel das Anwesen weiter.
Dies war dann nach dreijähriger Verhandlungsphase über die Nutzungsvarianten
der Grund, einen Abriss ins Auge zu fassen.
Intern kam diese Idee bereits seit Frühsommer 1983 immer wieder auf. Als Beweis
hierfür kann ein Gutachten gesehen werden, das die Stadt zu diese Zeit
anfertigen ließ. Dieses Gutachten untersuchte abermals die Bausubstanz des
Hölderlin-Hauses; die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass das Baumaterial in
sehr schlechtem Zustand sei. Gleichzeitig wurde aber betont, dass eine Sanierung
immer noch möglich sei. Interessanterweise wurde dieses Gutachten bereits im
Frühsommer 1983 angefertigt, der Öffentlichkeit aber erst im Herbst 1983
vorgelegt.
Die Stadt nahm dieses Gutachten als Beweis dafür, dass die ' Wirtschaftlichkeit
' des Gebäudes nicht mehr gegeben sei. Ein Abriss sei daher schon aus
Kostengründen einer Sanierung vorzuziehen, die ungefähr das Doppelte gekostet
hätte. Die Schätzungen für eine Restaurierung waren weiter in die Höhe
geklettert, und man rechnete mit ca. einer Millionen DM. Nachdem die Stadt das
Denkmalschutzamt auf dieses Gutachten aufmerksam gemacht hatte, holte die
Denkmalschutzbehörde ihrerseits ein weiteres Gutachten ein. Auch dieses
bestätigte dem Hölderlin-Haus einen miserablen Zustand. Als Konsequenz hieß
es in einem Schreiben des Landesamts für Denkmalpflege vom 27.6. 1983, man habe
keine Bedenken mehr gegen einen Abbruch des Hölderlin-Hauses.
Trotzdem wartete die Stadt noch vier Monate, bis sie erst Ende Oktober 1983 die
Öffentlichkeit über die Gutachten und den Sachverhalt informierte. Fast
zeitgleich lief seit dem 31. Oktober 1983 ein Abbruch-Antrag der Stadt.
Als Reaktion hob ein Proteststurm der
Bevölkerung an. |