Landeskunde > Geschichte > 19. Jahrhundert > Revolution 1848/49

5. Der Heckerzug

Tod des Generals Friedrich von Gagern im Gefecht bei Kandern. Lithographie. Rastatt,

Hecker und Struve erkannten, daß die Mehrheit im Vorparlament ihre radikalen Vorstellungen nicht akzeptierte, wandten sich an die Bevölkerung und organisierten am 13. April von Konstanz aus einen bewaffneten Volkszug, der "Heckerzug", über den Schwarzwald. Vermittlungsversuche des Vorparlaments blieben ergebnislos, aber auch Heckers Hoffnung auf eine allgemeine Volkserhebung zugunsten der deutschen Republik erwies sich als Illusion.

Der Heckerzug wurde in einzelnen Gefechten bei Kandern, Freiburg und Steinen (20.-27. April) von badischen und hessischen Truppen geschlagen, Hecker, Struve und viele ihrer Anhänger flohen in die Schweiz, einige von ihnen, darunter Hecker selbst, wanderten später nach Amerika aus.

Der Heckerzug war zwar ein Mißerfolg, aber die Popularität der Demokraten wuchs in Baden. Die Obrigkeit sah sich nach der endgültigen Niederschlagung der Revolution genötigt, "Heckerlieder", in denen der Revolutionär als Volksheld gefeiert wurde, zu verbieten.

Die Unruhen in Baden im April 1848. Kolorierte Lithografie. Rastatt, Wehrgeschichtliches Museum

Im Zentrum des Bilderbogens steht die Erstürmung von Freiburg am 23./24. April durch die badischen Regierungstruppen, links oben ist der Rheinübergang der aus Frankreich kommenden Exil-Demokraten abgebildet, rechts oben der Tod Generals von Gagern in der Schlacht bei Kandern am 20. April, links unten das Gefecht an der Mannheimer Rheinbrücke, in der Mitte Herweghs Flucht und rechts unten der "letzte Verzweiflungskampf der Aufständischen".

Der Bilderbogen stellt sich damit als ein Werk der regierungstreuen Seite dar.

Barrikaden in Mannheim

Barrikaden an der Mannheimer Rheinbrücke. Holzschnitt in der "Leipziger Illustrirten Zeitung", 3.6.1848

Barrikaden des Freikorps der Mannheimer Bürgerwehr an der Mannheimer Rheinbrücke gegen die heranrückenden nassauisachen und bayerischen Bundestruppen, die der badische Großherzog zur Niederschlagung der Truppenmeutereien ins Land gerufen hatte.

Die Frau auf der Barrikade (ein Sonderfall in der Revolutionsgeschichte) dürfte die Mannheimerin Lisette Hatzfeld gewesen sein. Sie "durfte" Anfang der 1850er Jahre auf Gemeindekosten nach Amerika auswandern.

Tuschzeichnung des Malers Ludwig Elliot als Vorlage für einen Holzschnitt in der "Leipziger Illustrirten Zeitung" (hier abgebildet), noch einmal aufgegriffen in einem Neuruppiner Bilderbogen

Der Heckerzug
Kritik am Vorgehen der Gemäßigt-Liberalen

Ein Verdammungsurtheil ergeht über die badischen Republikaner, weil sie den <gesetzlichen> Weg verlassen haben. (...) Das Benehmen der deutschen Liberalen in den Angelegenheiten Badens erscheint dem schweizerischen Menschenverstand unbegreiflich. Ob eine Republik gegenwärtig in Deutschland wünschenswerth, ob die Mehrheit dafür oder dagegen sei, diese Frage lassen wir jetzt unberührt; wir wollen selbst zugeben, dass die Monarchie mit ihren Hofräthen, ihren Orden und Ruhegehalten in Deutschland zur Stunde die einzig mögliche Staatsform sei. Eine andere Frage dagegen ist die, ob gegen die republikanisch Gesinnten der Weg eingeschlagen werden sollte, der von den anders gesinnten deutschen Liberalen betreten wurde. Die Aufregung im Badischen entstand hauptsächlich wegen des angekündigten Einmarsches der württembergischen und bayerischen Truppen. War es klug von Seite der liberalen Badenser, diesen Truppen zu rufen? Wir glauben, es war im höchsten Grade unklug, wenn nichts schlimmeres dahinter steckt. (...) Zur Gewalt nahm man die Zuflucht, ehe man zur Belehrung der einstigen Freunde das Nöthige gethan habe. Welchen Ausgang auch die Schilderhebung der Republikaner in Baden haben mag, deren Folgen werden zunächst diejenigen zu verantworten haben, welche in unserer Zeit, mitten in den Revolutionsstürmen, die sie selbst heraufbeschwören halfen, dem Volke gegenüber keine andere Sprache kennen als die Feuerschlünde.»

Neue Zürcher Zeitung, 18. März 1998 (NZZ Online) vom 22. April 1848- Sonderseite


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siehe auch: Lisette Hatzfeld
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