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Heidelberg im 20. Jahrhundert

Zeit des Nationalsozialismus | Zweiter Weltkrieg | Nachkriegszeit | Heidelberg nach 1955

Zeit des Nationalsozialismus

Kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 begann auch in Heidelberg die organisierte Diskriminierung von Juden und anderen "Nichtariern". Am 5. April 1933 gab Reichskommissar Robert Wagner in vorauseilendem Gehorsam den "badischen Judenerlass" heraus, zwei Tage vor den entsprechenden Reichsgesetzen. Er leitete die Zwangsbeurlaubung aller "nichtarischen" Beamten ein. Während der Nationalsozialismus unter der Heidelberger Stadtbevölkerung einen recht starken Rückhalt genoss, waren antisemitische Tendenzen an der Ruprecht-Karls-Universität, anders als an manchen anderen Hochschulen, nicht verbreitet gewesen. Unter anderem deshalb war in Heidelberg der Anteil an Hochschullehrern jüdischer Herkunft besonders hoch, bis am 7. April 1933 alle "Nichtarier" im öffentlichen Dienst gegen ihren Willen in den Ruhestand geschickt wurden. Bis 1939 verlor die Universität ein Drittel ihres Lehrkörpers aus rassischen oder politischen Gründen.

Während Pläne der Nationalsozialisten, Heidelberg als "Reichsausbauort" im monumentalen Zuschnitt mit Aufmarschstraßen und einem Festspielhaus umzugestalten, nicht verwirklicht wurden, hinterließen sie als sichtbarste bauliche Hinterlassenschaft die Thingstätte auf dem Heiligenberg. Dabei handelt es sich um eine Freilichtbühne nach dem Vorbild griechischer Theater an der Stelle einer angeblichen germanischen Kultstätte. Sie wurde zwischen 1934 und 1935 vom Reichsarbeitsdienst und Heidelberger Studenten errichtet und wurde für Propagandaveranstaltungen genutzt. Ebenfalls während der Zeit des Nationalsozialismus entstand der Ehrenfriedhof für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges oberhalb des Bergfriedhofs.

Schon zwischen Mai und Juli hatten auf dem Heidelberger Universitätsplatz Bücherverbrennungen stattgefunden. Am Abend des 9. November 1938 erreichten die Ausschreitungen gegen Juden einen neuen Höhepunkt. In dieser Nacht brannten Heidelberger Bürger die Synagogen in Heidelberg und Rohrbach nieder; der orthodoxe Betsaal in der Plöck wurde ebenfalls zerstört. Am nächsten Tag begann die systematische Deportation Heidelberger Juden mit der Verschleppung 150 jüdischer Mitbürger in das Konzentrationslager Dachau. Etwa zwei Jahre später, am 22. Oktober 1940, fand die "Wagner-Bürckel-Aktion" statt. Über 6000 badische Juden, darunter 280 Heidelberger, wurden in das Internierungslager Gurs deportiert. Drei Viertel der deportierten Juden kamen bereits im Lager Gurs ums Leben. 1942 folgte von dort die Deportation nach Auschwitz. [nach oben]

Zweiter Weltkrieg

Heidelberg überstand als eine der wenigen deutschen Großstädte den Zweiten Weltkrieg nahezu unversehrt. Kleinere Luftangriffe in den Jahren 1944 und 1945 hatten nur geringe Schäden angerichtet. Warum Heidelberg verschont blieb, ist nicht gänzlich klar. Zum einen besaß die Stadt wegen der fehlenden Schwerindustrie keine größere strategische Bedeutung, zum anderen ist es nicht ausgeschlossen, dass die Amerikaner bereits vor Kriegsende Heidelberg als Standort ihres Hauptquartiers ins Auge gefasst hatten. Einzig die Brücken über den Neckar, darunter auch die berühmte Alte Brücke, wurden von Wehrmachtstruppen bei ihrem Rückzug am 29. März 1945 gesprengt, um den Vormarsch der Alliierten zu behindern. Einen Tag später marschierte die amerikanische 63. Infanteriedivision in die Stadt ein, ohne auf nennenswerten Widerstand zu treffen. [nach oben]

Nachkriegszeit

Das unversehrte Heidelberg zog nach dem Zweiten Weltkrieg viele ausgebombte und vertriebene Deutsche an. So betrug die Einwohnerzahl der Stadt 1946 bereits 111.800, während sie vor dem Krieg noch bei 85.000 gelegen hatte. Heidelberg wurde Teil der amerikanischen Besatzungszone und Standort hoher Kommandostellen der US-Armee und der NATO. Dafür enteigneten die amerikanischen Behörden Immobilien, was zunächst für Unmut sorgte. In den 1950er Jahren entstanden im Süden Heidelbergs zwei Siedlungen, das Mark-Twain-Village und das Patrick-Henry-Village, als Wohnort für die amerikanischen Soldaten und ihre Familien. Der amerikanische Einfluss ist in der Stadt seitdem stark spürbar: Die Stadt ist Sitz des NATO-Landhauptquartiers Mitteleuropa und des Hauptquartiers der 7. US-Armee, der amerikanische Armeerundfunk AFN sendet aus Heidelberg und in der Stadt leben tausende amerikanische Armeeangehörige samt ihrer Familien.

Anfangs gehörte Heidelberg zum 1945 von der amerikanischen Militärregierung gegründeten Land Württemberg-Baden. Bestrebungen der Nachkriegszeit, die alte Kurpfalz, deren linksrheinischer Teil nun in der französischen Besatzungszone lag und zum Land Rheinland-Pfalz gehörte, wiederherzustellen, scheiterten letztendlich. Im Jahr 1952 vereinigte sich Württemberg-Baden nach einer Volksabstimmung mit den Ländern Baden und Württemberg-Hohenzollern zu Baden-Württemberg.

Die Ruprecht-Karls-Universität war von den amerikanischen Besatzungstruppen im April 1945 geschlossen worden, nach einer Entnazifizierung nahm sie im Januar des nächsten Jahres als erste westdeutsche Hochschule den Lehrbetrieb wieder auf. Schon vor dem Krieg waren vereinzelte Einrichtungen der Universität vom Altstadtcampus nach Neuenheim auf die andere Neckarseite verlegt worden - etwa der Botanische Garten oder das Physikalische Institut (an den Philosophenweg). Ab 1951 begann man dann mit dem Aufbau eines komplett neuen Campus, des Neuenheimer Feldes, am westlichen Stadtrand. Mitte der 1970er Jahre war der Ausbau des 120 Hektar großen Geländes im Wesentlichen beendet, heute beherbergt es zahlreiche naturwissenschaftliche und medizinische Institute, Kliniken, Forschungsinstitute und mehrere Studentenwohnheime. [nach oben]

Heidelberg nach 1955

Das größte bauliche Projekt der Nachkriegszeit war die Verlegung des Hauptbahnhofs an seine heutige Stelle. Schon seit Jahrzehnten hatten Pläne bestanden, den an der Rohrbacher Straße gelegenen Kopfbahnhof durch einen neuen Durchgangsbahnhof zu ersetzen. 1955 wurde dann schließlich der neue Hauptbahnhof, zu dem Zeitpunkt der modernste Bahnhof der Bundesrepublik, nach vierjähriger Bauzeit rund 1,2 Kilometer westlich des alten Standortes eingeweiht. Die freigewordene Fläche nutzte das Land für den Bau zahlreicher Verwaltungsgebäude an der Kurfürstenanlage.

Um der wachsenden Einwohnerzahl Heidelbergs Rechnung zu tragen, entstanden im Süden der Stadt zwei gänzlich neue Wohngebiete: In den 1960er Jahren baute man die "Waldparksiedlung" Boxberg für 6000 Bewohner. 1975 wurde der für 11.000 Bewohner konzipierte Emmertsgrund fertiggestellt, der heute als Problemstadtteil gilt. Im selben Jahr war die flächenmäßige Expansion Heidelbergs durch die Eingemeindung der im Neckartal gelegenen Gemeinde Ziegelhausen abgeschlossen.

Der von 1966 bis 1990 amtierende Heidelberger Oberbürgermeister Reinhold Zundel verschrieb sich der Stadtsanierung. Während seiner Amtszeit wurde die Hauptstraße in der Altstadt in eine 1,6 Kilometer lange Fußgängerzone umgewandelt, und der Bismarckplatz erhielt seine heutige Form. Nicht alle Maßnahmen waren unumstritten, weil ihnen teils alte Häuser zum Opfer fielen. Die Verbannung des Autoverkehrs aus der Altstadt gilt heute als eine gelungene Maßnahme. Bei der Kreisreform zum 1. Januar 1973 wurde der alte Landkreis Heidelberg mit dem Landkreis Mannheim zum heutigen Rhein-Neckar-Kreis vereinigt, dessen Sitz die kreisfreie Stadt blieb.

1967/68 formierte sich wie an allen deutschen Universitäten auch in Heidelberg eine Studentenbewegung, die in vielfältigen Aktionen politischen Protest gegen Notstandsgesetze, Vietnamkrieg u. a. ausübte. Die Untergrundorganisation (Rote Armee Fraktion) verübte in den 1970er und 1980er Jahren in Heidelberg zwei Terroranschläge gegen amerikanische Einrichtungen. Am 24. Mai 1972 tötete ein Sprengstoffanschlag auf das US-Hauptquartier drei amerikanische Soldaten und verletzte fünf weitere. Ein Attentat mit einer Panzerfaust auf den Oberbefehlshaber der US-Landstreitkräfte in Europa, Frederick James Kroesen, am 15. September 1981 scheiterte.

Während der Amtszeit der ersten weiblichen Oberbürgermeisterin in Südwestdeutschland, Beate Weber (1990-2006), bewarb sich Heidelberg um eine Aufnahme des Schlosses und der Altstadt in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes. Der 2004 eingereichte Antrag wurde 2005 und im Juni 2007 abgelehnt.

Der Abzug der amerikanischen Streitkräfte gibt der Stadt die Chance, durch Neukonzeption der Flächen Entwicklungsmöglichkeiten zu verwirklichen.[nach oben]

Text: Wikipedia (leicht verändert)

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