Historische
Grundlagen
Diese Themenkreise
stehen auf dem Fundament historischer Überlieferungen und spiegeln
Grunderfahrungen der Völker wider - allerdings liegen diese Grunderfahrungen
in den Tiefen der frühmittelalterlichen Völkerwanderungen verborgen
und damit für die stauferzeitliche Welt im Dunkel des Mythos.
Die Burgunderkönige
Gunther, Giselher und Gernot samt ihrer Schwester Kriemhild leben
in Worms, und hier war in der Tat in der Spätzeit der römischen
Antike, von ca. 410 bis 437, ein Königreich der germanischen Burgunder.
Hier sind auch die Namen Gundicarius (Gunther), Gundobad und Gislaharius
(Giselher) überliefert. Es scheiterte allerdings an dem Versuch,
seinen Machtbereich nach Westen, in das nach wie vor römische
Gallien auszudehnen und wurde 437 durch hunnische Truppen, die
von den Römern als Hilfstruppen angeworben worden waren, niedergemacht.
Den verbliebenen Rest der Burgunder siedelte Rom anschließend
zwischen Genfer See und Lyon an, wo sie sich schnell romanisierten
und der Gegend bis heute den Namen Burgund gaben.
Die Hunnen
ihrerseits unterlagen wenig später auf den katalaunischen Feldern
bei Chalons-sur-Marne den Römern, was ihre historische Rolle im
Spiel der Völkerwanderung beendete.
Sigfried,
der Königssohn aus Xanten, ist historisch nicht greifbar, dafür
gibt es in den merowingischen Familien zu viele Träger der Namenssilbe
Sigi-. Xanten seinerseits deutet auf ein fränkisches Teilkönigtum
am Niederrhein mit dem Zentrum in dieser alten Römerstadt. Möglicherweise
liegt diesem Teil der Überlieferung eine merowingisch-burgundische
Ehe zugrunde.
Merowingischer
Tradition aber folgt der Streit der Königinnen Brünhilde und Kriemhilde.
Nicht nur dass Kampf und gegenseitige Ausrottung ein wesentliches
Element merowingischer Bürgerkriege war, vielleicht schwingt hier
auch der Machtkampf der Westgotin Brunichildis, der Gattin des
Frankenkönigs Sigibert, gegen Fredegunde, die Gattin Chlothars
II., mit. Brunichildis erscheint in diesem Kampf als Vertreterin
der Einheit des fränkischen Reiches, erlitt ihre Niederlage gegen
den Ahnherrn der Karolinger und wurde 613 durch Chlotar II. grausam
hingerichtet.
Den Überlieferungen
zufolge soll der Hunnenkönig Attila, der König Etzel des Nibelungenlieds,
seinerseits im Jahre 453 in seiner Hochzeitsnacht mit einem germanischen
Mädchen Ildico den Tod gefunden haben. Ildico ist die übliche
Verkleinerungsform von Hilde - der Gedanke an Kriemhilde liegt
nahe. Dass ältere Männer in der Hochzeitsnacht mit einem jungen
Mädchen einen plötzlichen Herztod erliden, mag nicht verwundern
- die in Traditionen verhaftete germanische Welt seiner Zeitgenossen
machte sich jedoch ihren eigenen Reim darauf. Für sie konnte es
nur eine Erklärung für diesen plötzlichen Tod geben: Mord - und
dieser Mord war Rache, Rache der Germanin für den Tod ihrer Brüder,
den sie durch Attila erlitten hatten. Das war der Stoff, aus dem
Heldensagen gestrickt waren.
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