1969 fanden
Bauern in Lingenfeld nahe der alten Straße von Speyer nach
Germersheim einen Silberschatz, der angeblich in einem irdenen Topf
im Erdreich vergraben war. Zu dem Schatz gehörten silberne
Gefäße, Silbermünzen und Schmuckstücke. Aus
unbegründeter Sorge, den Schatz ohne Belohnung an die Behörden
abliefern zu müssen, meldeten die Finder den Fund nicht, sondern
verkauften ihn weit unter Wert an Privatleute oder an den Kunsthandel.
Zum Glück
blieb jedoch ein großer Teil des Schatzes in Speyer und Umgebung.
Etwa 95% des Schatzfundes konnte rekonstruiert werden. Demnach bestand
der Schatzfund aus sechs teilvergoldeten Silbergefäßen,
die mit über 2369 Silbermünzen und darüber hinaus
mit ganzen und zerbrochenen Schmuckstücken angefüllt waren.
Die Silberbecher, die im südwestdeutschen Raum entstanden sind,
stammen wohl aus vornehmen, adeligen Besitz. Durch die Münzen
kann der Schatz in die Zeit zwischen 1347 und 1349 datiert werden.
Die Zusammensetzung des Münzfundes mit einem fast 80%igen Anteil
an verschiedenen Speyerer Hellern verweist auf die Herkunft aus
der Stadt Speyer.
Der Fund von
Lingenfeld lässt sich durch die Münzdatierung und durch
seine Zusammensetzung mit einem historischen Ereignis in Verbindung
bringen. Im Jahre 1348/49 setzte durch die Ausbreitung der Pest
eine Pogromwelle gegen die jüdische Bevölkerung ein. Die
Juden wurden zu Unrecht beschuldigt, durch Vergiftung der Brunnen
die Pestepidemie ausgelöst zu haben. Sie wurden verfolgt, ermordet
und ihr Besitz wurde geplündert.
In Speyer setzte
- quasi als vorbeugende Maßnahme - die Verfolgung noch vor
Ausbruch der Seuche ein. Einigen Juden gelang 1349 die Flucht aus
Speyer. Offenbar hatte einer der Verfolgten den Weg zum sicheren
kurpfälzischen Germersheim eingeschlagen. Bei Lingenfeld geriet
er in eine gefährliche Situation, die ihn veranlasste seinen
geretteten Besitz - den Silberschatz - zu vergraben. Aus unbekannten
Gründen hatte er sein Eigentum später nicht mehr bergen
können.
Das Eintauschen
von Schmuck und kostbaren Gefäßen als Pfand für
Geld bei jüdischen Geldverleihern ist durch verschiedene Quellen
belegt. Christen durften im Mittelalter kein Geld gegen Zinsen oder
Pfand verleihen. Die Silbergefäße und Schmuckstücke
von Lingenfeld lassen vermuten, dass es sich hier um Gegenstände
aus Pfandgeschäften eines jüdischen Geldverleihers handelt.
Als der jüdische Bürger aus Speyer fliehen musste, hat
er natürlich sein Bargeld und die wertvollen Pfänder mitgenommen.
Sein weiteres Schicksal bleibt im Dunklen der Geschichte verborgen.
|