Schwarzwald


Der letzte Kohlenmeiler im Südschwarzwald

 

„Schon mit fünf Jahren musste ich mit meinem Vater hierher auf den Platz gehen, wo seit Jahrhunderten meine Vorfahren ihre Meiler aufrichteten. So lernte ich das Köhlerhandwerk in frühester Jugend kennen und lieben.“ Das erzählte Köhler Riesterer aus dem Münstertal, der letzte Köhler im Südschwarzwald. An einem kleinen rauschenden Bach im Münstertal hat er seinen Arbeitsplatz. Dort brennen seine Meiler, und von dort geht das wertvolle Endprodukt, die Holzkohle, hinaus zur weiteren Verwendung in der deutschen Industrie. Früher brannten viele Meiler im Schwarzwald, sie sind erloschen durch den Fortschritt der Technik. Nur der „Köhler“, so nennt man Herrn Riesterer im ganzen Münstertal, ist dem alten Gewerbe treu geblieben. Das hat natürlich seinen Grund: Die Retortenholzkohle kommt der Meilerholzkohle bei weitem nicht gleich und letzterer wird deshalb der Vorzug in der Pharmazeutik und Elektrotechnik gegeben. Zwar ist das Verwendungsgebiet sehr eng Umrissen, es genügt jedoch zur Erhaltung des Meilers im Münstertal und damit zur Sicherung des Lebensunterhaltes des Köhlers und seiner Familie.

Es ist keine leichte Arbeit, die der Köhler leisten muss. Im Winter ist er im Wald tätig. Da schlägt er das Holz und bereitet es auf. Überaus fleißig muss er arbeiten, denn zu einem Meiler benötigt er fünfzig Ster Holz. Bedenkt man dabei, da. er im Verlauf des Frühjahrs und des Sommers einige Meiler aufschichtet, dann kann man sich auch die Menge Holz vorstellen, die er schlagen und aufbereiten muss.

In einem großen Kreis liegt das Holz am Arbeitsplatz des Köhlers gestapelt. Drei Pfähle schlägt er zunächst inmitten des Platzes in den Boden, die durch eiserne Ringe einen bestimmten Abstand voneinander erhalten.

Dann schichtet er den innersten Teil des Meilers auf (Bild oben). Seine Frau ist ihm dabei eine wertvolle Hilfe. Langsam wächst der Stapel zum Meiler (Bilder rechts), zu dessen Abrundung oben kleinere Holzstücke aufgelegt werden (Bild unten). Der geschichtete Meiler wird mit Stroh zugedeckt (Bild unten rechts) und dann mit Erde überworfen. Ein Steg rings um den Meiler ermöglicht dem Köhler die Kontrolle beim Brand. Ist der Meiler hergerichtet, wird er von oben in Brand gesetzt. Langsam brennt er dann von oben nach unten. Jetzt gibt es keine Ruhe mehr für den Köhler. Tag und N acht muss er das Abbrennen des Meilers laufend kontrollieren, muss genau die jeweils herrschende Windrichtung und Windstärke feststellen und entsprechend kleine Zuglöcher in den Meiler stoßen, damit dieser nicht einseitig abbrennt. Feine Rauchschwaden ziehen aus den Zuglöchern heraus und zeigen an, dass der Meiler richtig brennt. Im Innern aber ist eine Hitze, ein Glimmen und Glosen, das aber nie zu einer offenen Flamme führen darf, denn sonst verbrennt das Holz zu Asche, anstatt zu Holzkohle zu werden.
  

So vergehen einige Tage, bis der Meiler heruntergebrannt ist und dann aufgemacht werden kann. Das ist eine heiße und rußige Arbeit. Die aufgeschüttete Erde wird vorsichtig an einer Stelle weggeschippt und mit einem Rechen die Holzkohle herausgezogen (Bild unten).

Mit Wasser sprüht der Köhler jede aufkommende Flamme aus (Bild 8). Sodann deckt er die Anstichstelle wieder mit Sand ab und öffnet den Meiler an einer anderen Stelle. So holt er rund um den Meiler die Holzkohle heraus, bis zuletzt nur noch ein Haufen Erde und Asche übrig bleibt. Das so gewonnene wertvolle Gut wird eingesackt und versendet. Den Platz aber räumt der Köhler sauber auf, schichtet die Erde, mit der er seinen Meiler abgedeckt hatte, zu einem Ringwall auf, und dann beginnt von neuem die Holzzufuhr für einen weiteren Meiler.

 

Ein Meiler raucht, ein uraltes Handwerk lebt, obgleich es nur noch ein Mann ausübt im Südschwarzwald. Aufgeschlossen gibt Köhler Riesterer jedem W anderer, der vorbeizieht, Auskunft über seine „rußige“ Arbeit, über die Arbeit des „schwarzen Mannes“. Manches Scherzwort wechselt er mit seinen Mitbürgern aus dem Dorf, die an seinem Werkplatz vorbeikommen, und den zur Schule gehenden Kindern gibt er immer ein freundliches W ort. D er letzte Köhler ist überall geachtet und beliebt. Seine Buben aber kommen schon hinaus zum Meiler, denn sie sollen einmal in des Vaters Fußstapfen treten, auf dass auch in Zukunft ein Meiler im Münstertal rauche.

Dem aufmerksamen Wanderer in seiner Heimat begegnet im Schwarzwald immer noch da und dort ein kreisrunder Platz, der oft mit seinem Namen Kohlplatz oder Köhlern oder Kohlereck oder Kohlerhof seine Herkunft zeigt und weithin Zeugnis ablegt von einem der ältesten Gewerbe, das jetzt am Verschwinden ist und einst so verbreitet war.

    Sepp Glatt: Der letzte Kohlenmeiler in Südschwarzwald.
Badische Heimat 40 (1960), S. 279 - 285

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