BAUBETRIEB
Allgemein:
Unter Baubetrieb versteht man heute die komplette, praktische Organisation
und Planung des Bauablaufs und die Art der Ausführung eines Bauvorhabens.
Er spiegelt das technische Niveau einer Kultur, den Stand der Naturwissenschaften
und des Handwerks. Jede Kultur übernahm in gewissen Grenzen Wissen
und Fertigkeiten ihrer Vorgänger. Über den konkreten Bauablauf
früherer Epochen ist sehr wenig bekannt. Aus Darstellungen wie Abb.503
(Relief aus einem Grab der 18.Dynastie, ca. 1500-1200 v. Chr.), läßt
sich zumindest auf den Transport solcher tonnenschwerer Steine schließen.
Spätestens die Römer hatten ein gut organisiertes System der
Bauvergabe, Abrechnung und natürlich der Ausführung. Im Bereich
von Baumethoden, Geräten und Werkzeugen haben sie die Entwicklung
stark vorangetrieben. Im Frühmittelalter waren allerdings nicht mehr
viele Kenntnisse römischer Bautechnik verbreitet. Erst um ca. 1300,
mit der Gotik, erreichte der Baubetrieb wieder eine Blüte. Immerhin
wurde in der Zeit zwischen 1050 und 1350 in Frankreich mehr Stein
für Kathedralen "verhauen", als in Ägypten für Pyramiden.
Durch gute Organisation, Serienfertigung (Zeichnungen, Schablonen!), Einsatz
von Maschinen usw. war man sogar in der Lage, Bauaufgaben an den Niedrigstbietenden
zu vergeben! In dieser Zeit bildeten sich die Strukturen heraus, die im
Prinzip bis heute gültig sind.
Das Thema
Organisation/Verwaltung<
beschäftigt sich mit Auftragsvergabe und Finanzierung; Planung des
Materialtransports, von Arbeitszeit und -kräften; Bauaufsicht und
-leitung, Abrechnung und nicht zuletzt der Entlohnung. Ebenso wichtig ist
die "Organisation der Organisation", in Bauhütten, Zünften, Schulen
usw. . Der Abschnitt
Maßstab/Pläne/Vermessung<
beinhaltet die Herausbildung fester Maßstäbe, um einen Plan
transportieren und überall reproduzieren zu können. Ebenso die
Art der Umsetzung eines maßstäblichen Planes in natura. Im letzten
Abschnitt
Ausführung/Hilfsmittel/Werkzeuge<
schließlich wird die Entwicklung der "Produktionsmittel" und die
Art deren Einsatzes beleuchtet.
ORGANISATION/VERWALTUNG
Entwicklung : Bau-Organisation
und -Organisationen gab es sicher zu allen Zeiten. Anders sind solch riesige
Tempelbauten, wie sie Ägypter, Griechen, Römer usw. schufen nicht
zu bewerkstelligen. Für große Bauvorhaben setzte schon der griechische
Staat Baukommissionen ein. Diese hatten die Ausschreibung, Kontrolle, Vorschläge
zur Finanzierung und die Abrechnung zu leisten. Die Römer trieben
Organisation und Ausführung weiter voran. Sie hatten Baufachleute
in ihren Gemeinden und vor allem beim Heer immer vor
Ort. Auf diese Weise dürfte deren Wissen auch über die Alpen
geklettert sein, zumal jeder römische Soldat in den Grundlagen des
Bauens ausgebildet wurde. So wurde römisches Wissen zu einer wichtigen
Quelle früh-
Mittelalterlichen
Bauens in unseren Landen. In den etwas wirren Jahr(-hundert)en nach Zusammenbruch
des römischen Reiches, waren es vor allem die Klöster, in denen
dieses Wissen bewahrt wurde. Anfangs gab es denn auch fast ausschließlich
klösterliche Bauhütten. Sämtliche Organisation und Verwaltung
unterlag klösterlichen Bedingungen (Gebetspausen etc.). Mit dem Wachsen
des "allgemeinen" Baubedarfs änderte sich dies. Wie wichtig dennoch
eine "straffe" Organisation des Bauablaufs ist, verdeutlichen folgende
Notizen, betreffend das Yorker Münster um 1345 :
.... er glaubt, daß
die Steinmetzen mehr Lohn erhalten haben, als es angemessen war, ...er
habe Roger de Hirton, dem Steinmetz der Hütte, für fast 2 Wochen
Lohn gezahlt, obwohl er die ganze Zeit abwesend war und nicht gearbeitet
hat; ... Auch wurde öfter Stein und Kalk weggeschafft und niemand
wußte wohin. .... die Arbeiter, ... , streiten so häufig,
daß die Arbeiten verzögert werden ... Wegen fehlender
Sorgfalt und Bedachung ist eine solche Menge Wasser eingedrungen, daß
jüngst ein Lehrling beinahe ertrunken wäre. .... (nach
Salzmann, 1952). |
Bauherrin/Finanzierung
: Zuerst zum Geld, welches "regiert die Welt". Irgendwie müssen
die materiellen Mittel fürs Bauen aufgebracht werden - ob über
Naturalabgaben, Fron, Sklaven, "Subottnik" oder Geld. In romanischer Zeit
traten König, Kirche und Feudalherren als Bauherren auf. Schriftstücke
aus der Zeit Karls des Großen lassen darauf schließen, daß
dieser selbst Einfluß auf das Baugeschehen nahm. Schon seit dem 5.Jh
ist eine päpstliche Verfügung bekannt, die ein Viertel aller
kirchlichen Einkünfte für den Unterhalt und Bau von kirchlichen
Gebäuden bestimmt. Dabei war die Rechtslage zwecks des Eigentums an
Kirchen und der Pflicht zum Unterhalt sehr verschieden und ist kaum zu
entwirren. Die Verantwortlichkeiten verschoben sich mehr und mehr vom Bischof
in Richtung der einzelnen Kirchenpriester. Diese wurden finanziell eigenständig
und ihnen oblag die Sorge um die kirchenbaulichen Belange. Mit zunehmender
wirtschaftlicher Stärke der Städte, übernahmen diese häufig
selbst die Kirchenpflege. Finanziert wurde aus Pfründen, Spenden und
anderen Abgaben. Davon bildete man ein Sondervermögen, "Kirchenfabrik"
genannt. Der Vorgängerbau und die Anfänge
des Freiburger Münsters waren noch auf Grund und Boden
und mit dem Geld der Zähringer Herzöge gebaut. Die Stadt hatte
(nur) für die Innenausstattung zu sorgen. Nach fortgesetzten Streitereien
(ums liebe Geld) mit den neuen Herrn, den Grafen von Freiburg, übernahm
die Stadt den Bau ihrer Pfarrkirche in eigener Regie.
Verwaltung/Abrechnung
: Die Verwaltung dieser Kirchenfabrik genannten
Vermögen oblag je nach Machtverteilung dem Bischof / Pfarrer
/ Stadtrat. Später wurden eigens "Fabrikverwalter" bestellt, die durchaus
auch Laien sein konnten. Sie hatten ausstehende Gelder, Zinsen usw. einzutreiben,
abzurechnen und für Zwecke der Bauhütte bereitzustellen. In Freiburg
wählte der Rat der Stadt 3 Münsterpfleger aus seinen Reihen,
die der Münsterfabrik vorstanden und jährlich wechselten. Diese
hatten die "Oberpflegschaft", ihnen unterstand ein Fabrikverwalter (Münsterschaffner,
...), der die Bauhütte verwaltete und ein Baumeister (Hüttenmeister,
Werkmeister ...), der diese leitete. Neben den "rein" finanziellen
Aufgaben oblag dem Fabrikverwalter, oder einem extra Baumeister, die organisatorische
Verwaltung der Bauhütte (im Sinne von Werkstatt, Baustelle). Das hieß,
das Material zu besorgen, Transport organisieren, Hilfsmittel (Gerüste,
Krane, usw.) und Werkzeug bereitzustellen (soweit sich der Bauherr dazu
verpflichtete). Ebenso galt es die Entlohnung (Geld, Naturalien, Bier,
Mahlzeiten, ... ) zu regeln. Sämtliche Ein-/Ausgaben mußten
säuberlich protokolliert werden. Die Rechenkünste einiger Meister/Schreiber
samt Kontrolleuren waren offenbar nicht riesig. Teilweise häufen sich
Additions- und Multiplikationsfehler. Seit ca. 1250 sind solche uns schmalen,
hochformatigen Rechnungsbücher erhalten, anfangs in Latein, dann ab
Mitte des 14.Jh auch in Deutsch geschrieben. In Freiburg datieren sie seit
1471.
Baumeister/Bauhütte/Zunft
: Die Bezeichnungen für die einzelnen
Verantwortlichen am Bau ist nicht einheitlich. "Bau-, Werk-, Fabrik- und
Hüttenmeister" werden recht unterschiedlich verwandt, die Aufgaben
sind verschieden zugeordnet. Bei kleinen Kirchen war die bauliche Leitung
und die Verwaltung mitunter noch in einer Hand. Später und bei größeren
Hütten gab es einen Bau- oder Werkmeister, der ausschließlich
die praktische Leitung der Baustelle inne hatte. Dieser war für den
Entwurf, die Konstruktion und die Arbeitsvorbereitung zuständig. Waren
es vorher häufig entsprechend gebildete Kirchenleute, übernahmen
später auch Handwerksmeister mit entsprechender Erfahrung diese Aufgabe.
Namen sind uns aber erst aus dem 13.Jh bekannt, wie einige Mitglieder der
Familie Parler. Mit Verbreitung von Bauplänen waren diese Meister
auch in der Lage, an verschiedenen Bauplätzen gleichzeitig zu wirken.
Als Bauhütten
bezeichnet man neben den eigentlichen Gebäuden aber auch die örtlichen
Organisationen der Handwerker und deren Meister. Anfangs wahrscheinlich
noch ortsgebunden, wanderten solche Zusammenschlüsse von Handwerkern
später auch von Baustelle zu Baustelle. Diese gaben sich Hüttenordnungen,
in denen die Stellung, Rechte und Pflichten der einzelnen Bauleute festgeschrieben
wurden. Ein Wappen solch einer Bauhütte zeigt Abb.101.
Geregelt wurde z.B. auch die Lehrlingsausbildung. Der Steinmetzlehrling
hatte eine 6-jährige Lehre bei einem Werkmeister abzuleisten. Nach
einjähriger Wanderschaft durfte er als Polier eingestellt werden.
Er konnte sich weiter ausbilden lassen, um so selbst Werkmeister zu werden.
Prüfungen im heutigen Sinne gab es nicht.
Die Zünfte wiederum
waren Verbände von Unternehmern (meist innerhalb der Städte),
die ihr Gewerbe vertraten. Die Steinmetzen, als wandernde Gesellen, schufen
sich mit ihren Bruderschaften eigene überregionale Ordnungen.
Werkleute/Arbeitszeit/Lohn
: Spätestens mit dem Übergang vom
Bruchstein- zum Quader- und Gliederbau erfolgte eine stärkere Arbeitsteilung.
Man unterschied Maurer zum Bruchstein mauern, zum Quader mauern, zum Putzen,
Steinmetzen im Bruch, am Bau, u.v.a..
Die Arbeitszeiten
sind in den jährlichen Rechnungsbüchern belegt. Für Freiburg
hieß das zum Beispiel sommers von 5 Uhr bis 7 Uhr, mit 2x einer Stunde
und 1x einer halben Stunde Pause. Am Samstag 5 Uhr Schluß, alle 14
Tage schon 3 Uhr - Badetag. Das ergibt etwa 66,5 Wochenstunden, allerdings
insgesamt weniger als das halbe Jahr - ansonsten kam schon irgendein Feiertag
dazwischen. Das Arbeitsjahr wurde gedrittelt, ein Drittel Winter, zwei
Sommer. Dabei verkürzte sich die Arbeitszeit im Winter auf Grund der
Lichtverhältnisse. Da auf dem Bau selbst nicht mehr viel geschafft
werden konnte, wurden Nebenarbeiten erledigt, oder der Bau wurde auch ganz
eingestellt. Wie das "winterfest" machen aussehen konnte, zeigt Abb.002
- ganz links oben - die Mauerkronen wurden mit Mist abgedeckt (gut
fürs Mauerwerk ?).
Entlohnt wurde in
Geld, Verpflegung, Bier, Kleidung usw., zum Ansporn gab`s auch schon mal
ein Trinkgeld oder andere Zulagen. Zum Vergleich einige Lohnangaben und
Geldeinheiten (natürlich sehr ungenau, da der Geldwert, Kurs und Preise
schwankten - ab dem 14.Jh wurde deshalb auch gern in Goldgulden abgerechnet
). :
1 Mark |
12 oder 48 Solidi
(sous, Schilling, Sterling ) |
1 Liberia
(Pfund, Talent ) |
20 Solidi |
1 Solidi |
12 Denarii (Dinar,
Pfennige ) |
1 Denarii |
2 Oboli |
Bis auf den Werkmeister
wurden Handwerker im Taglohn ausbezahlt (jeweils zum Wochenende). Für
überschaubare Arbeiten zahlte man auch im Stücklohn. Je nach
Bauhütte gab es im Winter entsprechend weniger. Anhaltspunkte
zur Entlohnung :
- 1261 in St-Gilles,
Provence, erhielt ein Steinmetzmeister 2 Solidi Tagelohn, dazu Brot und
Wein wie zwei Mönche und jährlich 100 Solidi
für Kleidung. Gesellen und Handlanger bekamen entsprechend weniger.
Vor allem die Städte
versuchten die Höhe der Löhne zu begrenzen. So sind seit dem
14.Jh aus deutschen Städten Höchstlohnvereinbarungen bekannt.
Die Kölner legten z.B. 1374, als Sommerlohn fest :
Zimmerer und Steinmetzen |
8 Schillinge
oder |
6 Schillinge
mit Kost |
Knechte |
3 Schillinge
oder |
20 Pfennige
und Kost und Bier |
Bei Überbezahlung
drohten 50 Mark Buße, wer mehr nahm sollte 2 Mark zahlen und 8 Tage
im Turm sitzen. Wieweit der Lohn jeweils reichte, ist nicht genau zu sagen.
Nach den wenigen zusammenhängenden Abrechnungen, die man von einzelnen
Personen kennt, hat es auch für einen Tagelöhner mittelfristig
zur Existenzsicherung gereicht, solang er Arbeit hatte.
Vergabe :
In der Gotik, spätestens seit 1300, florierte der europäische
Baubetrieb. Man arbeitete nach Plänen, schätzte und berechnete
Material und Kosten und es gab genug gut ausgebildete Meister und Gesellen.
Auf dieser Grundlage gab es in Unteritalien schon 1270/80 ein gut organisiertes
Ausschreibungs- und Vergabeverfahren. Die Arbeiten wurden öffentlich
ausgelobt und an den billigsten (preiswertesten) Bieter vergeben. Alle
Verträge wurden notariell beglaubigt, um möglichst Rechtssicherheit
zu gewährleisten. Die Probleme waren offenbar häufig dieselben
wie heute. Da teilweise die Gutachter (Kostenschätzer) und Unternehmer
eine Person waren, bestanden Betrugsmöglichkeiten. Dieser wurde schwer
geahndet.
von ca. 1460
ist aus Damme der Ablauf einer Vergabe überliefert. Die zwei bietenden
Steinmetzmeister wurden in eine Versammlung gebeten, in der jeder bis zum
Herunterbrennen einer Kerze seine Angebote machen konnte! (Sollte das Verfahren
wohl etwas abkürzen) Wer beim Verlöschen bot, sollte den Auftrag
bekommen. |
Grundlage der Verträge
waren unter anderem Zeichnungen
und Pläne.
Bis Heute :
Schon der Übergang von der Romanik zur Gotik brachte eine "Verweltlichung"
des Bauens, seiner Organisation mit sich. Im Frühmittelalter waren
es vor allem die Klöster und Klosterschulen, die Wissen und Fertigkeiten
weitergaben, nach deren Regeln gebaut wurde. Nach und nach organisierte
sich das Bauwesen selbst. Es gründeten sich überregionale Organisationen
von Handwerkern, Unternehmern usw.. Schon im Barock kannte man "schlüsselfertiges
Bauen". Es wurden Schulen und Akademien gegründet, die das theoretische
Wissen vermehrten. (1671 Gründung der Acadèmie Royale de l`Architekture/Paris)
Die Industrialisierung und Globalisierung brachte mehr Vereinheitlichung,
Standardisierung. Heute sind Vertragsbestimmungen Rechte und Pflichten
von Bauherren und Unternehmern/Arbeitnehmern gesetzlich geregelt. Ein noch
einmal beschleunigendes Element ist die Datenverarbeitung. Sie ermöglicht
größere Mengen an Informationen zu verwalten und damit genauere
Kalkulationen und Planungen.
MASSTAB/ZEICHNUNGEN/VERMESSUNG
Allgemein
: Grundlage einer planbaren Gebäudeerrichtung ist das Messen und
damit verbunden das Problem eines reproduzierbaren Maßstabs. Alle
"alten" Messungen basieren auf Körpermaßen des Menschen, siehe
Fuß, Elle, Handbreit und so weiter. Für größere Längen
bediente man sich Meßseilen oder -latten. Die zweite Seite der Medaille
ist ein mathematisches System, mit den gemessenen Einheiten umzugehen.
Sumerer, Babylonier u.a. bedienten sich z.B. des Sexagesimalsystems (auf
der 6 bzw. 12 basierend - unsere Zeiteinteilung kommt auch daher). Allerdings
nicht sehr streng genommen - eine Handbreit entspricht halt meist 4 Fingern.
Die Kulturen an den großen Strömen Nil, Euphrat, Tigris usw.
bedurften eines Maß- und Vermessungssystems, um ihre immer wieder
überschwemmten Felder aufs Neue bestimmen zu können. Nicht zuletzt
war dies die Grundlage für die (Grund-) Steuerabrechnung. Notwendig
dafür sind Fähigkeiten der Flächenberechnung und -absteckung.
Die zwölfknotige Meßschnur (Phytagoras- 3,4,5 ergibt einen rechten
Winkel), war bekannt. Diese mathematischen Fähigkeiten sind die Grundlage,
um Pläne maßstäblich auf Papier (-yrus) zeichnen
zu können. Benutzt wurden auch Kalksteinscherben oder Tontafeln, wie
in Abb.126, einem (umgezeichneten)
babylonischen Felderplan von ca. 1700 v. Chr.. Gut zu erkennen die Zerlegung
in regelmäßige Drei- und Vierecke für die Berechnung. Schwer
zu sagen, wie maßstäblich die erhaltenen Pläne gezeichnet
sind, meist sind Längen und Raumgrößen eingeschrieben.
Aus Ägypten sind Architekturzeichnungen mit
darunter liegendem Raster erhalten. Mit Hilfe dieses Gitternetzes,
vergrößert, wurde dann 1:1 auf das Bauteil übertragen.
Die Griechen übertrugen
ihre Pläne mittels Schnurgerüst
auf den planierten Untergrund und jede Stein-Schicht diente als
Zeichenfläche für die nächste. Sie verwendeten bereits Nivelliergeräte
zur Bestimmung von Höhenunterschieden. Zu welchen vermess-technischen
Leistungen diese fähig waren, veranschaulicht der Tunnelschnitt in
Abb.128. Der Tunnel zur Wasserversorgung
wurde von beiden Seiten (!) begonnen, die Abweichung am Treffpunkt betrug
ca. 5m in der Breite und 2m in der Höhe.
Auch bei den Römern
fußt das Abstecken der Baustelle auf der Landvermessung. Seit
dem 2.Jh verwendeten die römischen "Agrimensoren" Koordinaten, um
einen Geländepunkt zu bestimmen. Römische Architekten waren in
der Lage Maßstabsgetreue Pläne anzufertigen, offenbar war dies
nicht immer erforderlich (eine bemaßte Schemazeichnung reicht häufig
aus). Verwendet wurde der römische Fußmaßstab (1Fuß=29,57cm)
mit den Haupt-Teilungen 1/2, 1/4, 1/8 und 1/16. Darauf basierte auch die
Vermessung im
Mittelalter :
Zum Abstecken eines Grundrisses wurde ein Achsenkreuz gezogen, als Hilfskonstruktionen
ritzte man Diagonalen in die Erde. Winkel trug man mit einem Visiergerät
auf. In die Eckpunkte schlug man Pfähle und konnte mit Hilfe von Meßlatten
(wahrscheinlich 6 Fuß = etwa 2,7m) zwölfgeteilten Meßschnüren,
Zirkel und Maurerdreieck die Grundrisslinien festlegen. Eine in Rötel
(Roteisenerde) getauchte Schnur (siehe heute, z.B. Zimmermann beim Markieren
der "Lattungslinien") diente zum Markieren. Im Kölner Domchor fand
man noch Pfahllöcher von Meßpflöcken.
Den Absteckungen lagen
zumindest bei größeren Bauten gezeichnete Pläne wie der
St. Galler Klosterplan (Abb.129)
von 820/30 zugrunde. Dies ist zugleich der älteste, uns erhaltene
derartige Plan. Er ist allerdings keine maßstäbliche Zeichnung,
sondern eher ein System- oder Fluchlinien-Plan. Durch Maßeintragungen
erhielt er aber ausführbare Dimensionen. Man bediente sich offenbar
häufig eines Rasters, um durch Teilungen und Vervielfachen die Konstruktion
festzulegen. Allerdings sind diese (Fuß-) Raster nicht einheitlich.
Man fand an einem Bau unterschiedliche Raster für die Fundamente und
die Fachwerkaufbauten. Diese Pläne dienten oft auch Vertragsbestandteil
zwischen Werkmeister und Bauherren.
Die weiteren Einzelheiten
des Baus wurden entweder auf die Mauern geritzt, oder auf einem separaten
Reißboden (z.B. Holzfußboden) aufgerissen. Aus verschiedenen
Musterbüchern sind uns Darstellungen von Reißböden erhalten.
Abb.520 zeigt, wie Maße
und Proportionen arithmetisch und geometrisch ermittelt bzw. erprobt
wurden. Die so ermittelten Hilfskonstruktionen wurden 1:1 direkt auf Bretter
übertragen, und vom Steinmetzen als Schablonen genutzt. Auf diese
Weise wurden auch die großen Lehrbogengerüste für die Errichtung
der Gewölbe hergestellt.
Heute haben
sich die theoretischen und technischen Grundlagen des Messens und Vermessens
entscheidend verbessert. Genauigkeit ist (fast) kein Problem mehr. So wurde
die zur Sanierung nötige Aufmessung des Freiburger Münsters mittels
fotografischer (exakt "fotogrammetrischer) Methoden erstellt und maschinell
ausgewertet.
Die Normung führte
zu Plänen, die im Prinzip weltweit lesbar sind. Doch es scheint das
Ende des Papiers in Sicht. Computer-Programme bieten u.a. die Möglichkeit,
Raummodelle vorab am Bildschirm zu erstellen, Varianten schnell zu untersuchen.
AUSFÜHRUNG/HILFSMITTEL/WERKZEUGE
Allgemein :
Hier zur Frage, wie wurde und wird geschafft, mit welchen
Werkzeugen und Geräten. Die Geschichte der Werkzeuge hat bekanntermaßen
etwas mit der Menschwerdung zu tun, sie ist recht alt. Einer der ältesten
Funde in unserer Gegend ist in Abb.119 fotografiert, ein Faustkeil aus
Feuerstein, ca. 350`000 Jahre alt, ca. 1,1 kg schwer, gefunden in der Nähe
von Basel. Den nächsten großen Schritt brachte die Verwendung
von Metallen, vor allem Kupfer und später Bronze (Kupfer-Zinn-Legierung
/ 90:10). Mit Werkzeugen aus diesen Metallen bauten die Ägypter ihre
Pyramiden. Die Holzverbindungen unterscheiden sich kaum vom uns bekannten,
traditionellen Holzbau. Abb.503 zeigt außerdem ein gängiges
Lastentransportmittel dieser Zeit. Man nimmt an, daß Hebezeuge (Abb.111)
schon in Mesopotamien und Ägypten eingesetzt wurden.
Als Nächstes
lernte man Eisen und bei den Griechen auch Stahl
zu verwenden. Die griechischen Handwerker hatten Feilen, Hobel, Bohrer
usw., Abb.506 zeigt deren gängige Holzverbindungen.
Steine bearbeitete man im Bruch grob vor, um sie dann vor Ort exakt zu
Hauen. Die antiken Steinbrecher benutzten teilweise aber auch schon Steinsägen,
wie Abb.110 zeigt und drechselten ihre Säulenschäfte (Abb.102).
Transportiert wurden sie per Schiff, Karren, Schlitten oder sie wurden
mit diesem (Abb.507) pfiffigen Verfahren gerollt. Gehoben von einfachen
Gestellen mit Flaschenzug mit Hilfe sogenannter "Wölfe", Abb.508,
wurden die Steine versetzt (Die Nut mußte vorher eingemeißelt
werden).
Die Römer entwickelten
die Bautechnik auf allen Gebieten weiter. Sie setzten hydraulischen
Mörtel ein und vergossen diesen mit Bruchsteinen zu Beton ("opus
caementicium"). Sie verwendeten vorzugsweise Eisen zu Herstellung ihrer
Werkzeuge, wie Löffelbohrer, Winkeleisen. Aus der gleichen Zeit stammen
auch die keltischen Erdarbeits-Werkzeuge in Abb.105. Im Bereich der Hilfsgeräte
leisteten römische Ingenieure Großartiges. Der Kran mit Tretrad
in Abb.511 z.B. ist ein durchaus mächtiges und flexibles Hebezeug.
Mittelalter :
Der romanische Baubetrieb knüpfte an den römischen an, wenn auch
nicht übergangslos. So fehlte natürlich die gut organisierte
Infrastruktur der Römer. Karl der Große holte nicht nur Fachleute
aus Italien, sondern teilweise ganze Bauteile für seine Kirchen (Beutekunst).
Der mittelalterliche
Baubetrieb unterschied sich hinsichtlich seiner Organisation und Technik
nach dem verwendeten Material, Stein oder Holz. Die Werkzeuge waren ähnlich
denen der Römer, teilweise leicht verbessert.
Die Steine wurden
grundsätzlich wie in der Antike bearbeitet. Man mauerte Schicht für
Schicht gut behauene Außensteine und füllte mit Bruchsteinen
und Mörtel. In Abb.518 , oben und rechts sieht man sehr gut die Bindersteine,
die zur Aussteifung in den Kern ragen. Dafür waren natürlich
riesige Mörtelmengen erforderlich. Abb.116 versucht einen Mörtelmischer
für 2 oder 4 Leute zu rekonstruieren (nach D.B. Gutscher/ Archäologie
und Kunstgeschichte 1981). Bei üblichen Durchmessern des Troges zwischen
2 und 4 Metern, konnten damit ca. 1000 - 4000 Liter Mörtel in einem
Gang erzeugt werden. Bei überschlägiger Berechnung konnte
auf diese Weise immerhin ca. 15 qm Wand an einem Tag "gegossen" werden
(Annahmen : 80 cm dick, 50 % Mörtel, 3,5 Mischungen pro Stunde).
Der Werksteinbau entwickelte
sich zum Gliederbau und brachte eine stärkere Arbeitsteilung mit sich.
Später wurden, wie in Freiburg, reine Quaderwände errichtet,
um mit schlanken Querschnitten große Drücke aufnehmen zu können.
Eine grobe Anschauung des "Baustellen-Lebens" zeigt die Abb.108 (umgezeichnete
Buchmalerei von ca. 1180). Man erkennt recht gut die Mörtelhacke links,
Senklot mit Abstandshalter und die Steinbearbeitung.
Die Stein-Quader wurden
häufig mit Steinmetzzeichen versehen (einige vom Freiburger
Münster Abb.209).
Diese dienten zur Zuordnung und sicher auch zur Kontrolle und Abrechnung.
Die gewaltigen gotischen
Kathedralen erforderten größere Lastkräne und Gerüste.
Ein Holzschnitt von 1493 (Abb.113) zeigt einen wahrscheinlich drehbaren
Laufkatzenkran. Verschiedene Formen solcher mittelalterlicher Greifzangen
zeigt Abb.011, da die Löcher in der Mörtelfuge sind, muß
der Stein abgesetzt und dann eingepaßt werden. Große Krane,
wie aus Abb.113 wurden meist mit einem Tretrad betrieben, Abb.207
zeigt selbiges im Dachstuhl des Freiburger Münsters.
An diesem Dachstuhl ist der zimmermannsmäßige Aufwand solch
einer Kirche zu ermessen. Um den Überblick zu behalten, wurden die
einzelnen Hölzer, wenn vorgefertigt, mit "Bundzeichen" versehen (Abb.123).
Die zweite große Herausforderung des Zimmermanns stellten die notwendigen
Gerüste dar. In einfachen Fällen wurden Stangengerüste wie
Abb.012 verwendet. Die Gerüste für Bögen wurden auf dem
Reißboden hergestellt.
Entwicklung bis
Heute : Die nächsten "Jahre" brachten nur
graduelle Verbesserungen, wie diesen Drehkran aus dem 17.Jh (Abb.114),
anders die Zeit der "industriellen Revolution". Mit neuen Materialien,
besserer Verarbeitung und vor allem der Nutzbarmachung von Dampfkraft (Abb.125
- Dampfwalze von 1859) und Strom hat sich das Bild auf den Baustellen grundlegend
gewandelt. Heutzutage gibt es kaum noch eine "Hand"arbeit, für die
keine Maschine gibt. Werkstoffe werden vollautomatisch bearbeitet, heutige
Baumaschinen haben nicht mehr viel mit den mittelalterlichen gemein. Eine
andere, vielleicht nur wiederentdeckte Form de "Baubetriebs" zeigt Abb.702.
(Freiburger Münster). Die Restaurierung unserer mittelalterlichen
Kirchen ist eine der wenigen Nischen, in denen auch außergewöhnliche
und alte (Hand-)Techniken noch gefragt sind.