Station 12 - Kirche
Taktik des Verhandelns
Solange die DDR existierte, mußte die Kirche auf dem Gebiet des
sozialistischen Staates mit vielen Problemen kämpfen, die es in
solcher Art für eine Institution von dieser Größe sonst kaum gab.
In jeglicher Hinsicht legte man ihr Steine in den Weg. So war
beispielsweise der Neubau von Kirchen bis zum Jahr 1976 nicht
gestattet.
Bedenkt man diese
Sachlage, wird es einem schnell klar, daß die Kirche sich in der DDR
nicht gerade in einer Machtposition befand. Offener und rigoroser
Protest gegen die unlauteren Aktivitäten des Staates hätte ihre Situation
nur noch verschlechtert. Aus diesem Grund versteht man auch, warum
sich die evangelische Kirche in der Zeit des Stadtabrisses in Bernau nicht
in eine Position des offenen Widerstandes begab, obwohl auch ihren
Grundstücken und Häusern Zwangsenteignung und Abriß drohte.
Als Institution hätte der Staat ihre Stimme nicht einfach überhören können,
Foto: privat
Die Sankt-Marien-Kirche
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so wie das bei Einzelprotesten oft der Fall war. Doch damit hätte sie sich die
Möglichkeit, durch relativ gute Zusammenarbeit mit dem Staat in Zukunft öfter
unbehelligt zu bleiben, selbst genommen. Also verfolgte die evangelische Kirche
Bernaus eine Taktik des Verhandelns: Man gab den Forderungen des Staates
an einigen Stellen schneller und bereitwilliger nach, um bei anderen Anlässen
härter auftreten zu können und um natürlich überhaupt verhandlungsfähig zu
bleiben.
Ein konkretes Objekt derartiger Verhandlungen stellte damals das Kantorhaus dar,
welches der Staat von der Kirche erwerben wollte. Hier war die Sachlage recht
einfach: Die Kirche konnte sich den Erhalt des Hauses finanziell kaum leisten, also
verkaufte sie es widerspruchslos. Zu dieser Zeit stand bereits fest, daß das Haus
unter Denkmalschutz gestellt werden sollte. Trotzdem drängt sich hier eine Frage
förmlich auf: Wie hätte die Kirche gehandelt, wenn dies nicht klar gewesen wäre
und die Gefahr des Abrisses bestanden hätte?
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