Zwischen Sein und Schein
Schon lange hatten Künstler in der Natur Skizzen angefertigt.
Die Ausführung eines Landschaftsbildes erfolgte jedoch im
Atelier. Als künstlerische Leistung galt das Durchkomponieren
und Idealisieren der einzelnen Landschaftselemente, nicht
jedoch der unmittelbare Natureindruck. Das änderte sich
erst, als die akademischen Regeln der Malerei zunehmend
als Einschränkung empfunden wurden. Im beginnenden Industriezeitalter
begann man den Blick auf eine vom Menschen unberührte Natur
zu schätzen. Realismus, auch in der Naturschilderung, war
gefragt.
Eng gekoppelt an diesen Realismus war der Beginn der Freilichtmalerei,
die stilistisch zum Impressionismus führen sollte, der in
Deutschland allerdings eine andere Ausprägung als in Frankreich
erfuhr. Gegen den Impressionismus und damit eine zu starke
Betonung des äußerlichen Erscheinungsbildes wandte sich
der Expressionismus, dem es mehr darum ging, Vorgänge im
Innern künstlerisch zum Ausdruck zu bringen. Kräftige, vom
Naturvorbild befreite Farben und Formen unterstrichen die
Aussagekraft der Kompositionen. In den 1920er Jahren wandte
man sich wieder gegen diese betont individuelle Sicht und
suchte sachlichere Wege der Gestaltung.
Nach dem II. Weltkrieg wandelte sich unter dem Einfluss
der Abstraktion das Landschaftsbild zum formelhaften Kürzel
bzw. lösten sich dessen lineare Umrisse ins Formlose auf.
Seit den 1960er Jahren traten an die Stelle des festen Ortes
und einer bestimmten Ansicht der kritische Blick des Menschen,
seine Vereinzelung und die Geschichtlichkeit seines Wirklichkeitsbezugs.
Das war u.a. folgenreich für den Begriff der Heimat, der
seitdem eher persönlich als vorgegeben definiert wird. Denn
heute liegt, das Internet machts möglich, alles gleich weit
voneinander entfernt. Daher ist nicht mehr die vordergründige,
abbildhafte Auseinandersetzung mit der Landschaft das Anliegen
der Künstler, sondern das Aufspüren und Darstellen ihrer
strukturellen, historischen und typisierenden Merkmale.
Joachim Schwitzlers Fotoarbeit "Lake of Constance", Markus
Brenners Video "Wasserzeichen" und Dieter Kriegs Triptychon
"Bod'n See Blues" stehen beispielhaft für diese neue, offene
Form des Landschaftsbildes.
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