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Die Fassade des Friedrichsbaus im Heidelberger Schloss: Überlegungen zu ihrer Herkunft (5)

Wenn nun Herzog Wilhelm in einem Bauwerk, das über die Grenzen Bayerns hinaus Zeichen setzen sollte, die katholische bayerische Tradition beschwor, lag es nahe, von pfälzischer Seite mit einem „Gegenentwurf“ zu antworten. Und dieser Gegenentwurf sollte die Macht der dynastischen Tradition für die calvinistische Sache mobilisieren.

Diesen Gegenentwurf realisierte Kurfürst Friedrich IV. in dem neuen Palast, den er ab 1601 an der Stelle der alten Schlosskapelle errichten ließ. In vier Rängen übereinander bietet er fast den kompletten Bestand der kurfürstlichen Vorfahren, gegliedert nach Ahnen (oberste Reihe), gekrönte Häupter (zweite Reihe), Mitglieder der älteren Kurlinie (dritte Reihe) und Mitglieder des Hauses Simmern (unterste Reihe). Am Ende steht folgerichtig ganz rechts unten der Bauherr, Kurfürst Friedrich IV.

Der Bau selbst geht auf den Renaissancebaumeister Johannes Schoch aus Königsbach bei Pforzheim zurück, der vorher in Straßburg als Stadtbaumeister arbeitete, um 1588 das Schloss Gottesaue in (bei) Karlsruhe erbaute und um 1615 am Bischofspalast in Speyer mitarbeitete. Nach Oechelhäuser beruht das Figurenprogramm vermutlich auf der „Mitwirkung“ des kurpfälzischen Hofhistoriografen Marquard Freher.

Interessanterweise werden teilweise dieselben Ahnen für beide Traditionen reklamiert: Da ist zunächst Karl der Große, der natürlich in keiner Stammtafel fehlen darf. Da ist auch Otto von Wittelsbach, der Begründer der herzoglichen Dynastie. Wenn aber die Skulpturenreihe an der Michaelskirche unter den gekrönten Häuptern nur Kaiser Ludwig den Bayern, König Ruprecht und König Christian von Dänemark aufführt, so setzt Friedrich IV. noch eins drauf und zieht König Otto von Ungarn (1312) aus den Akten hervor. Dass Ludwig der Bayer von Bayern aus die Pfalz regierte und seine pfälzischen Neffen hintansetzte, störte Friedrich IV. genauso wenig wie sich Albrecht V. daran gestört haben mochte, dass König Ruprecht eben ein Pfälzer war.

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