Der Königspalast, der um 1700 vor Christus erbaut
wurde, besitzt ca. 90 bis 100 Räume und umfasst eine
Fläche von rund 18.000 Quadratmetern. Er zählte
damit zu den größten Herrschersitzen im Alten
Orient. Auf Grund seiner enormen Ausmaße stellte
er den politischen und auch visuellen Mittelpunkt der Stadt
dar und bildete das Machtzentrum des Königreichs.
Der Palast fungierte als repräsentative Wohnstätte
des Königs, diente offiziellen Anlässen wie Zeremonien,
Audienzen und Empfängen, war Verwaltungsgebäude,
in dem die Schreiber des Staates ihren administrativen
Tätigkeiten nachgingen. Und schließlich beherbergte
der Palast auch die Grabstätten der früheren
Könige und war dadurch der Ort für die wichtigen
Rituale des königlichen Ahnenkultes. Der Palast war
also ein multifunktionaler Großbau.

Modellbau des Königspalastes von Qatna. ©
Landesmuseum Württemberg, Stuttgart; Foto: Modellbau
Milde Berlin
Der Königspalast stand auf einem Felsplateau innerhalb
des Stadtgebietes und erhob sich über die anderen
Gebäuden. Vermutlich wurde der Palast mit Millionen
von Ziegeln in Handarbeit aus Lehm, Wasser und Stroh produziert
und in weniger als 50 Jahren errichtet. Er hat eine ungefähre
Längenausdehnung von 150 Metern und eine Breite von
110 Metern.
Der Hauptzugang erfolgt über die Westseite des Palastes. Über
mehrere Durchgangsräume erreichten die Besucher die
Audienzhalle. Der quadratische Raum umfasste 36 Meter x
36 Meter Innenmaß. Damit war er der größte
und sicher auch eindruckvollste Raum der Königsresidenz.
In der Mitte stehen vier runde Säulenbasen aus Basalt,
die mächtige Holzsäulen von ca. sechs bis neun
Meter Höhe getragen haben müssen. Sicherlich
stützten sie das hölzerne Dach der 1300 Quadratmeter
großen Halle. Die Audienzhalle gilt als der größte
bisher aus der Bronzezeit in Vorderasien bekannte überdachte
Raum.
Eine sechs Meter breite Türöffnung führte
vom Audienz- in den Thronsaal. Leider sind nur wenige Reste
von diesem Raum erhalten. Am Südrand der Halle sind
Bruchstücke eines Podestes erhalten, auf dem der Thron
wohl gestanden haben muss.
Hinter dem Thronsaal befand sich ein weiterer, noch größerer
und prächtiger Raum. Bei dem ca. zwanzig Meter breiten
Raum handelt es sich um den Festsaal des Palastes. Hier
fanden wichtige Zeremonien statt, aber wohl auch die Feierlichkeiten
und öffentlichen Kulthandlungen für die verstorbenen
Könige, die Ahnen der Dynastie von Qatna.

Blick in die Audienzhalle des Königspalastes von
Qatna. 3D-Visualisierung. © FaberCourtial,
Darmstadt
Von der riesigen Festhalle aus führte ein vierzig
Meter langer Korridor in die unter den Palasträumen
liegenden Grabkammern. Hier wurden 73 mit Keilschrift beschriftete
Tontafeln und Tontafelfragmente, die wichtige Informationen über
die Vorgänge im Königspalast als auch über
die politischen Entwicklungen in Syrien im 14. Jahrhundert
vor Christus liefern, gefunden.
Die zahlreichen Nebenräume des Palastes sind teilweise überaus
repräsentativ ausgestattet. In einem Raum konnten
sogar noch Wandmalereien im ägäischen Stil ausgemacht
werden.
Bei Ausgrabungen 2008 entdeckte das Expertenteam um Professor
Pfälzner einen ehemaligen dreistöckigen Westflügel
des Palastes mit zwei erhaltenen und einem rekonstruierten
Stockwerk.
Damit ist erstmals ein mehrstöckig erhaltenes Ziegelgebäude
aus der Bronzezeit in Vorderasien gefunden worden, dessen
Mauern bis zu fünf Metern Höhe erreichen.

Der Grabungsbereich des Königspalastes von Qatna,
Zustand 2009. ©
Qatna-Projekt, Institut für die Kulturen des Alten
Orients (IANES), Universität Tübingen; Foto:
P. Pfälzner
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