6.8.12
"Zuo Lentzburg gerichtet" – Frauenschicksale
im bernischen Aargau
Ausstellung Schloss Lenzburg, 12. April - 31. Oktober
2012 (kag) Als Unzüchtige, Hexe und Kindsmörderin
waren Elsi Achermann anno 1595, Adelheid Härdi 1611 und
Sarah Wirz 1717 im Gefängnis auf Schloss Lenzburg eingekerkert.
Die Ausstellung "Zuo
Lentzburg gerichtet" gibt Einblicke in die Rolle von Frauen
als Opfer und Täterinnen in der Zeit der Berner Landvögte.
Ausserdem leiten Forschungsaufgaben das Publikum an, sich mit Skelettfunden
einer vor kurzem ausgegrabenen Richtstätte in Lenzburg auseinanderzusetzen.
Besucherinnen und Besucher lüften Geheimnisse um die Hinrichtungen
von zwei Men-schen. Ein Zeitstrahl zu den Themen Todesstrafe, Folter
und Delikte führt bis zur Rechtspraxis des 21. Jahrhunderts.
Die Ausstellung
dauert bis am 31. Oktober 2012.
Im Rahmen des Frauenjahres 2012 im Museum Aargau werden auf Schloss
Lenzburg in der Ausstellung Geschichten von Frauen erzählt,
die für frauenspezifische Delikte vor Gericht standen und
gemäss der herrschenden Gerichtsordnung bestraft wurden. Die
Hauptfigur Elsi Achermann ist eine Gestrandete, deren Schicksal
vor dem Landgericht anno 1595 mit der Todesstrafe besiegelt wurde.
Das Delikt: Sechs uneheliche Kinder aus dubiosen Beziehungen. Sie
kam am 13. Februar 1595 ins Gefängnis, wo sie unter Folter
auch blutschänderische Beziehungen gestand. Nach 24 Tagen
im Gefängnis wurde sie anfangs März vor das Landgericht
gestellt und zum Tode verurteilt. Der Schaftrichter ertränkte
sie am 8. März 1595 im Aabach in Lenzburg. Über das Schicksal
ihrer sechs Kinder weiss man nichts.

Schloss Lenzburg: Halsgeige und Mühlsteinkragen für Schandstrafen.
© Museum Aargau
Hexerei, unzüchtige Lebensweise und Kindsmord
Frauen wurden
für andere Verbrechen verurteilt und bestraft
als Männer. Vor allem Kindsmord, Abtreibung und Hexerei galten
als frauenspezifische Delikte. Oft standen Frauen auch wegen Prostitution
vor Gericht. Ein Geständnis der Angeklagten war Voraussetzung
für eine Verurteilung durch die Obrigkeit. Es wurde mittels
des peinlichen Verhörs d.h. durch Folter gewaltsam erzwungen.
Solche Strafverfahren endeten mit dem Tod der Angeklagten. Diese
Methoden wurden erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts vermehrt kritisiert
und allmählich abgeschafft. Drei Frauenschicksale als Ausgangspunkt
Im ersten Ausstellungsraum
werden die Gerichtsfälle von drei
Delinquentinnen aus dem Oberamt Lenzburg vorgestellt. Es handelt
sich um Elsi Achermann, Adelheid Härdi und Sarah Wirz. Der
Raum ist mit Gitterwänden ausgestattet und führt die
Besucherinnen und Besucher durch die damalige Rechtspraxis mit
dem Fokus auf frauenspezifische Aspekte. Themenbereiche wie Delikte
und Strafen, Gefangennahme, Verhör und Folter bis zu Verurteilungen
und Hinrichtungen vermitteln die Rechtsprechung im bernischen
Aargau.
Wiederentdeckte Richtstätte in Lenzburg
Im Herbst 2007 kamen
bei Gartenbauarbeiten an der Aarauerstrasse in Lenzburg mehrere
menschliche Skelette zum Vorschein. Es handelte
sich um die Gebeine von im 15. und 16. Jahrhundert Hingerichteten.
Die abgetrennten Schädel der Toten fanden sich auf und neben
den Skeletten. Ausserdem sind deutliche Hieb- oder Schnittspuren
an den Halswirbeln zu erkennen, verursacht durch das Richtschwert.
Im zweiten Ausstellungsraum ist im Zentrum eine „Forschungsstation“ mit
Skelettfunden der ehemaligen Richtstätte Lenzburg eingerichtet.
Mittels einer Forschungsaufgabe hat man die Möglichkeit, die
Skelettfunde zu analysieren und sich mit Methoden der Archäologie,
der Anthropologie und der Geschichtswissenschaften auseinander
zu setzen. |