Zwangsarbeit - Lager vor Ort - Brief...

...an Herrn Dr. Bernhard Lehmann von Herrn Wladimir Grigoriewitsch Dumanski

Sehr geehrter Herr Bernhard Lehmann und die Schüler der Klasse 11a des Paul-Klee-Gymnasiums,

Ich heiße Wladimir Grigoriewitsch Dumanski. Ich bin Ihnen sehr dankbar für ihre Bemühungen und ihr Engagement. Natürlich bin ich schon alt, 73 Jahre, aber gerne möchte ich noch einmal den Ort sehen, wo ich arbeitete. Als 16-jähriger musste ich in Deutschland schwer arbeiten.

Heute bekomme 50 Mark Rente im Monat, das Geld reicht nur zum Überleben.

Es ist sehr freundlich, dass Sie die Kosten für die Reise übernehmen und hoffe, dass alles gut klappt.

Nun möchte ich auf Ihre Fragen eingehen.

Ich bin in der Ukraine geboren im Gebiet Cherson im Bezirk Wesokopolsk. Im Jahre 1944, als die Deutschen sich auf dem Rückzug aus der Sowjetunion befanden und die Front sich 7 km von unserem Ort entfernt befand, wurde ich am 7. März 1944 von den Deutschen deportiert. Die Deutschen holten alle Menschen der Umgebung aus ihren Häusern, alle Männer und Kinder und brachten sie zum Bahnhof, wo ein Zug mit zwei Güterwaggons stand. Alle Menschen wurden in die Waggons verfrachtet. Ehe der Tag anbrach, brachten sie uns nach Nikolajew, da wurde noch ein Waggon angekoppelt, da erfuhren wir erst, dass sie uns nach Deutschland bringen wollten.

Die erste Haltestelle war in Polen in Przemysl, da blieben wir zwei Wochen in Quarantäne und wurden entlaust. Von dort kamen wir nach München, dort blieben wir wieder zwei Wochen in Quarantäne.

Dann kam ich nach Augsburg in ein Übergangslager und nach zwei Tagen brachten uns die Deutschen nach Langweid. Wir waren insgesamt 72 Personen. Dort wurden wir in einem Lager bei einem Bauern untergebracht. Dann begannen wir zu arbeiten.

Ich arbeitete bei der Reichsbahn auf der Strecke Augsburg - Donauwörth, wir waren für Reparaturen auf dieser Strecke eingeteilt. Wir arbeiteten bis Ende April 1945, als die Amerikaner einrückten.

Mit LKW brachten uns die Amerikaner nach Augsburg, von Augsburg wurden wir in die Stadt Zeldemelk in Ungarn gebracht. Dort verblieben wir einen Monat in Quarantäne, der KGB, der russische Geheimdienst überprüfte uns dort und stellte Fragen.

Von dort kamen wir in die Stadt Ungene in Moldawien, von dort mussten wir sehen, wie wir nach Hause kamen, jeder schlug einen eigenen Weg ein. In der Heimat kam ich wieder zum KGB und befragt, ich wurde behandelt wie ein Verräter. Das wiederholte sich einige Male. Aber dann ließen sie mich in Ruhe, als sie feststellten, dass ich kein Verräter war.

Als ich über die Entschädigung erfuhr, schrieb ich nach Deutschland an das Archiv, um Belege für meine Zwangsarbeit in Deutschland zu finden, aber vergeblich. Auch in Langweid ließen sich keine Belege finden.

Als ich 1945 zurückkam , sah ich nur zerstörte Häuser, es herrschte Hunger und es war kalt. Auch heute geht es uns schlecht, es ist keine gute Zeit.

Ich danke Ihnen sehr herzlich für alles

Wladimir Grigoriewitsch Dumanski


letzter
Fragebogen
zurück zur
Übersicht
nächster
Artikel
Impressum · Datenschutz