Zwangsarbeit - Lager vor Ort -
Interview mit Bauer Knöpfle

aus Gersthofen, Augsburgerstr. 16; 12.4.2001

Also, Kriegsgefangene gab es bei Hery, um die 100, auch bei Lindermayr, damals Rüstungsbetrieb, der hatte in der Nähe des Bahnhofs ein Lager für 12-15Personen. Der Kriegsversehrte Georg Hagen bewachte sowohl die Kriegsgefangenen bei Hery wie bei Lindenmeyer.
Das Lager bei Hery war hoch umzäunt, die Kriegsgefangenen hatten keinen Ausgang. Hagen hatte ein riesiges Gewehr und ein langes Bajonett, mit dem er die Arbeiter zum Dienst brachte.
Die Firma Lindenmeyer produzierte Ramme mit Diesel, das Patent wurde später von der Firma Demag abgekauft.
Dort wurde die ganze Nacht geschweißt, der Himmel war blau in der Nacht.
Die Kriegsgefangenen trugen alte, zerlumpte Kleider, meist alte Uniformen und Holzschuhe, die Russen produzierten Siegelringe aus alten Rubeln, ähnlich die Franzosen aus dem Besatzungsgeld, das hatte ohnehin ein Loch in der Mitte. Sie tauschten dann die Ringe oder was sie eben hergestellt hatten gegen Lebensmittel.

Auch in der Ziegelei von Frau Kranzfelder waren Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter untergebracht, die beschäftigte viele Italiener, in den Baracken in der Ziegelei waren auch Zwangsarbeiter der LEW (Lechwerke), ebenso in der Ostendstraße, da war auch ein Barackenlager, 21 von denen arbeiteten in der Schuhfabrik Georg Schraml, die Baracken standen noch lange nach dem Krieg. Wie die Kriegsgefangenen bzw. Zwangsarbeiter ernährt wurden, weiß ich nicht so genau.
Tatsache aber ist, dass viele der zivilen Zwangsarbeiter bei Familien wohnten, in ganz kleinen Behausungen, z.B. bei der Familie Möckl gleich nebenan in der Augsburgerstraße wohnte 6 bis 7 Zivilarbeiter. Andere wohnten unten bei Thosti, unten am Lech, wo heute das Baulager für die Firma Waltherbau ist. Da standen kleine Musterhäuser.
Ich kann mich noch entsinnen, dass viele Zwangsarbeiter in der Metzgerei der Straßerbrauerei gegessen haben, dort wurde für sie gekocht, oben im 1. Stock waren auch Kriegsgefangene untergebracht, die dann jeden Morgen an die jeweilige Arbeitsstelle durch einen bewaffneten Kriegsversehrten gebracht wurden.

Mit Sicherheit hatte auch der Helmhof, ein Versuchshof der IG Farben, zahlreiche Fremdarbeiterinnen, vermutlich wurde dort für die IG-Farben Kriegsgefangenen gekocht, jedenfalls war dort eine große Küche und viele Fremdarbeiterinnen.

Auch der Vater des jetzigen Bürgermeister Deffner hatte einen Zwangsarbeiter auf seinem Bauernhof. Er arbeitete dort als Schweitzer, d.h. er war Stallmeister und sehr tüchtig. Er heiratete später die Magd von Bauer Wagner in der Lechwehrstraße und blieb in Gersthofen. Ob er noch lebt, vermag ich leider nicht zu sagen.

Über die Kriegsgefangenen und Fremdarbeiter bei IG Farben und der Rüstungsfirma Transehe kann ich wenig sagen. Jeder wußte, dass dort der Treibstoff für die V1 und V2 Rakete hergestellt wurde, aber die Kriegsgefangenen bekam man nicht zu Gesicht, alles war eingezäunt.

Der Bauer Biber in der Augsburgerstraße vor der Kaiserkrone hatte auch einen Russen in der Landwirtschaft, und natürlich wohnten beim Schloßbauern in der Bauernstraße zwei Fremdarbeiter. Zuerst war da ein Franzose, aber als er genug Deutsch sprach, holte ihn der Fürst Fugger mit dem Argument, er brauche ihn für seine Güter. Eine Ukrainin bekam während der Kriegszeit ein Kind.
Eine der Scheggtöchter hat beim Holzsägewerk Schaflitzel in Batzenhofen eingeheiratet, das auch 17 Zwangsarbeiter beschäftigte.

Gersthofen, den 14.04.01


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