9.8.12
Aktionsplan Biologische Vielfalt des Landes Baden-Württemberg
- 111-Arten-Korb
Landkreise des Regierungsbezirks Tübingen übernehmen
Patenschaften für gefährdete Tiere und Pflanzen Teil 1: Die Patenschaft des Alb-Donau-Kreises für die Gefleckte
Heidelibelle
(rpt) Im Frühjahr 2008 wurde von der baden-württembergischen
Landesregierung die Aktion „111-Arten-Korb“ als Teil
des Aktionsplans Biologische Vielfalt gestartet. Die Aktion hat
das Ziel, die Lebensraumbedingungen und die Vielfalt unserer
heimischen Tier- und Pflanzenwelt zu verbessern. Mit Partnern
aus allen gesellschaftlichen Bereichen sollen entsprechende Projekte
unterstützt und durchgeführt werden. Auf Initiative
des Regierungspräsidiums Tübingen haben die Landkreise
des Regierungsbezirks Patenschaften für lokal besonders
typische Arten übernommen. Regierungspräsident Hermann
Strampfer zeigt sich darüber erfreut: „Mein Dank gilt
den Landkreisen für ihr außerordentlich großes
Engagement zugunsten der biologischen Vielfalt.“
Die Zahl 111 macht stutzig: Was hat es mit diesen Arten auf
sich? Warum gerade 111 Arten? Es sind doch tausende Arten von
Tieren und Pflanzen in Baden-Württemberg gefährdet
und schützenswert!
111 Arten wurden aus praktischen Überlegungen ausgewählt,
um die Liste der Arten überschaubar zu halten. In den 111-Arten-Korb
aufgenommen wurden die Arten, für die Baden-Württemberg
eine besondere Verantwortung trägt, weil sie gerade hier
effizient geschützt und erhalten werden können. Das
sind diejenigen Tiere und Pflanzen, die im Bestand gefährdet
sind und mit großen Teilen ihrer Gesamtpopulation in Baden-Württemberg
vorkommen. So sind sie hier typisch und je nach Region auch häufiger
anzutreffen. Der Fortbestand der Art ist nun entscheidend davon
abhängig, ob es gelingt, sie hier an ihrem Verbreitungsschwerpunkt
zu erhalten.
Ein anderes Auswahlkriterium war das Vorkommen von „Flaggschiff-Arten“.
Bei diesen Arten wirken sich die Fördermaßnahmen auch
für viele weitere Arten positiv aus, weil sie den gleichen
Lebensraum bewohnen.
Da die Artenvorkommen oft sehr regional begrenzt sind, hat jeder
der acht Landkreise des Regierungsbezirks Tübingen und der
Stadtkreis Ulm die Patenschaft für eine oder mehrere der
111 Arten übernommen, die gerade in seinem Kreis vorkommen
und dort besonders gezielt gefördert werden können.
Inzwischen führt jeder Kreis für sein spezielles „Patenkind“ gezielte
Maßnahmen durch, die die Lebensbedingungen dieser Art verbessern
sollen.
Die Aktionen der Landkreise sind so vielfältig wie ihre
Patenarten und deren Lebensräume. Zum Beispiel wirtschaften
die Landwirte im Zollernalbkreis auf blütenbunten Wiesen
ohne Düngung für das Überleben der Wanstschrecke.
Bei Sigmaringen entbuschen freiwillige Helfer Wacholderheiden
und fördern damit licht- und wärmeliebende Pflanzenarten
wie Frauenschuh und Elsbeere. Im Landkreis Ravensburg entstehen
in Moorwäldern Lichtungen für die Kreuzotter - um nur
einige der wichtigsten Aktionen zu nennen.
Auch die Öffentlichkeitsarbeit für die gefährdeten
Arten und die Information der Bevölkerung zählen zu
den Maßnahmen im Rahmen der Aktion „111-Arten-Korb“.
Aus diesem Grund informiert das Regierungspräsidium Tübingen
in den Sommermonaten August und September über die Patenschaften
der Kreise. In loser Reihenfolge sind die folgenden Themen geplant:
Alb-Donau-Kreis: Gefleckte Heidelibelle
Landkreis Reutlingen: Alpenbock
Landkreis Sigmaringen: Frauenschuh und Elsbeere
Zollernalbkreis: Wanstschrecke
Landkreis Ravensburg: Kreuzotter
Landkreis Tübingen: Laubfrosch
Bodenseekreis: Kleine Flussmuschel
Stadtkreis Ulm: Biber und Küchenschelle
Landkreis Biberach: Braunes Langohr und Großer Abendsegler - zwei Fledermausarten
Die Reihe beginnt mit dem Alb-Donau-Kreis. Dieser übernimmt
die Patenschaft für die Gefleckte Heidelibelle.
Die ehemals recht häufige Gefleckte Heidelibelle
ist heute in Baden-Württemberg vom Aussterben bedroht. Eine
der wenigen Stammpopulationen existiert am Schmiechener See bei
Schelklingen im Alb-Donau-Kreis. Der Bestand schwankt jedoch
stark und wird seit Jahren vom Landkreis mit Naturschutzmaßnahmen
unterstützt. Jetzt wurde die bis zu 3,5 cm große Libelle
auch im Donauried bei Langenau nachgewiesen.
Die Gefleckte Heidelibelle (wissenschaftlicher Name Sympetrum
flaveolum) ist auffällig gefärbt: das Männchen
zeigt im Tageslauf ein temperaturabhängiges Farb-Wechselspiel
von bräunlich bis leuchtendrot. Das „gefleckt“ im
deutschen Namen bezieht sich auf die typischen gelblichen Flecken
an der Basis der Flügel.

Bild: Gefleckte Heidelibelle - Bild von Franz-Josef Schiel
Die Tiere sind in ihrer Lebensweise ganz speziell an die Lebensräume
der wechselfeuchten, trocken fallenden Gewässer und Überschwemmungsflächen
angepasst. Der Wechsel von Trockenfallen der Flächen im
Sommer und Überschwemmung im Frühjahr ist für
diese Libellen überlebenswichtig. Die Eier werden im Sommer
nicht über dem offenen Wasser, sondern auf den trocken gefallenen
Bereichen abgelegt. Werden diese dann im Folgejahr wieder überschwemmt,
entwickeln sich die Larven. Sie haben es eilig mit der Entwicklung.
In maximal drei Monaten ist diese abgeschlossen. Dann kann man
die prachtvolle Libelle fliegen sehen.
Im Alb-Donau-Kreis bieten das Donauried bei Langenau und das
Naturschutzgebiet Schmiechener See gute Lebensbedingungen für
die selten gewordene Libellenart. Im Rahmen des Aktionsplans
Biologische Vielfalt und des 111-Arten-Korbes unterstützt
der Alb-Donau-Kreis deshalb die hier nachgewiesenen Vorkommen
mit konkreten Maßnahmen. Zunächst werden 2012 die
Grundlagen erhoben, um mehr über das Vorkommen zu erfahren
und das weitere Vorgehen mit den Fachleuten abzustimmen.
Ziel ist es, das Donauried zu einer sicheren Heimat für
die Gefleckte Heidelibelle werden zu lassen und ihr auch außerhalb
des Naturschutzgebiets Schmiechener See Entwicklungschancen zu
bieten. |