Bewegende mittelalterliche Grabskulpturen des burgundischen
Hofs in einer Ausstellung im Metropolitan Museum New York
Mehr als 25 Jahre arbeiteten im 15. Jahrhundert die berühmten
Bildhauer Jean de la Huerta und Antoine Le Moiturier an
einem großen und komplexen Auftrag zusammen: dem
Grabmal für Johann Ohnefurcht (Jean sans Peur, 1371–1419),
den zweiten Herzog von Burgund, und seine Frau Margarete
von Bayern, das, zusammen mit anderen Elementen, 41 trauernde
Figuren aus Alabaster zeigt. In der Nachfolge der „Pleurants“ genannten
Figuren, die für das Grabmal Philipps des Kühnen,
des ersten Herzogs von Burgund, geschaffen worden waren,
schufen die beiden Künstler erstaunlich realistische
und äußerst individualisierte Figuren für
eine immerwährende Erinnerung an ein verschwenderisches
Begräbnis, das einer der reichsten Männer des
mittelalterlichen Frankreich ausrichten ließ.

Der Ausdruck, den die Figuren wiedergeben, umfasst eine
große Spanne von Gefühlen – von Melancholie
bis Verzweiflung –, was durch Gesichtsausdruck, Gestik
und den beredten Faltenwurf der Gewänder erreicht
wird. Die Renovierung des Musée des Beaux-Arts in
Dijon, wo 37 der Statuetten aus dem Grabmal Johanns des
Furchtlosen zu Hause sind, gab den Anlass für eine
noch nicht dagewesene Ausleihe dieser Figuren für
die Ausstellung „Die Pleurants – Mittelalterliche
Grabskulptur vom burgundischen Hof“, die am 2. März
2010 ihre Pforten im Metropolitan Museum of Art, der ersten
Station in einer acht Stäte umfassenden Ausstellungsreihe, öffnet.

Außerdem werden drei weitere Figuren aus dem Grabmal
Johann Ohnefurchts gezeigt, die sich jetzt in den Sammlungen
des Louvre, des Musée National du Moyen Âge
(Musée Cluny) und des Cleveland Museum of Art befinden,
werden ebenso gezeigt wie drei Figuren aus dem Grabmal
Philipps des Kühnen. Dazu kommen Architekturelemente
aus dem Cleveland Museum of Art und der Memorial Art Gallery
der University of Rochester. Die Ausstellung zeigt ebenso
zum Umkreis der beiden Herzöge gehörende Werke
wie die monumentale thronende Madonna aus dem Konvent von
Poligny (gestiftet von Johann Ohnefurcht und seiner Frau
Margarete von Bayern), geschnitzt von Claus de Werve.
Die Ausstellung wurde vom Dallas Museum of Art und dem
Musée des Beaux Arts de Dijon organisiert und steht
unter der Schirmherrschaft der French Regional and American
Museum Exchange (FRAME).
„Obwohl machtvolle Demonstrationen der Trauer uns
aus der Grabkunst des späten 19. und frühen 20.
Jahrhunderts bekannt sind, ist doch die Ausdruckskraft,
die die Bildhauer des 15. Jahrhunderts diesen Statuetten
verliehen haben, eine große Offenbarung für
viele unserer Besucher“, kommentiert Thomas P. Campbell,
Direktor des Metropolitan Museum, die Schau. „Die
eindringliche Kraft der Beobachtung und der technischen
Meisterschaft dieser frühen Bildhauer sind wirklich
phänomenal. Diese kleinen Statuetten – keine
von ihnen ist größer als einen halben Meter – fangen
das gesamte Spektrum ein, das sich mit dem Hinscheiden
des Menschen verbindet. Wenn die Skulpturen beieinander
stehen, ist der Betrachter gebannt. Vor mehr als 500 Jahren
in Stein gehauen, sprechen diese Skulpturen immer noch
zu uns nd die fahren fort, auch heute noch Künstler
zu inspirieren.
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