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Die Fassade des Friedrichsbaus im Heidelberger Schloss: Überlegungen zu ihrer Herkunft (4)

Herzog Wilhelm geht in „seiner“ Fassade von St. Michael allerdings einen neuen Weg: Seine Herrschaft ist dadurch legitimiert, dass er als der Sproß einer alten, traditionsreichen Familie regiert - und diese Verhaftung in der dynastischen Tradition als Auftrag zur Regierung in der Gegenwart sieht.

Die Giebelzone enhält die drei legendären agilolfingischen Brüder Otto, Theodo und Theodovalda, umgestaltete antike Imperatorenstandbilder aus dem Antiquarium der Residenz. Von ihnen ist nur Theodo nachgewiesen; da aber Otto ins Zentrum der Giebelzone gestellt ist, ergibt sich ein klarer Hinweis auf die Rückführung des Wittelsbacher Namens Otto in die agilolfingische Frühzeit.

Die Zone des zweiten Obergeschosses enthält (von links) Herzog Tassilo I., der nach Aventinus um 600 das erste Kloster in Bayern und ganz Deutschland stiftete, dann den Stammvater der Wittelsbacher als Bayernherzöge, Otto I., der 1180 von Barbarossa das Herzogtum erhielt. Karl der Große folgt, dann König Christoph III. von Dänemark (1439 - 1448), schließlich Herzog Albrecht IV. (1465-1508) und König Ruprecht von der Pfalz (1398-1410).

Die untere Reihe enthält vier Kaiser - drei Habsburger und Ludwig den Bayern -zwischen denen der Kirchengründer Wilhelm V. und sein Vater Albrecht V. stehen. Ludwig der Bayer setzt dabei eher noch die Reihe der gekrönten Ahnherren fort, während mit der Reihe von Kaiser Maximilian über Karl V. bis zu Ferdinand eine klare Stellungnahme für das katholische Haus Habsburg verknüpft ist.

So erscheint die Fassade der Michaelskirche als ein Regierungsprogramm der katholischen Herzöge Bayerns, denen die Bewahrung des Glaubens und die Förderung der Kirche seit Jahrhunderten frommes Anliegen war. Gleichzeitig ist sie aber eine Absage an den weltlich-mythologischen Tugendkatalog eines Ottheinrich, des calvinistischen Zeitgenossen von Herzog Albrecht V.


München, St. Michael - Fassade

Damit nahm aber auch Herzog Wilhelm V. für sich in Anspruch, der wahre Hüter des Glaubens zu sein. Man geht wohl nicht zu weit, in der Zeit der beginnenden Verschärfung in der Konfessionsfrage hier auch eine deutliche Spitze gegen die „ketzerischen" Lutheraner und Calvinisten zu sehen - zumal im Verhältnis Bayerns zur Pfalzgrafschaft die Rivalitäten kulminierten: zum (Jahrhunderte alten) Streit um die Kurstimme trat nun die Machtfrage: hier die politische Vormacht der katholischen Seite, dort die politische Vormacht der Calvinisten. Und dass gerade die Pfalz recht fleißig in der Unterstützung der calvinistischen Sache die Trommel rührte, war nicht erst seit der Niederlage von Moncontour 1569 gegen den französischen König allbekannt.
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