Aquarelle, Zeichnungen und Fotografien
Sammlung Elsbeth Kasser
Aus Anlass des 70. Jahrestages der Deportation der Juden Badens
und der Pfalz ins südfranzösische Internierungslager
Gurs zeigt das Museum im Ritterhaus Aquarelle, Zeichnungen und
Fotografien aus der Sammlung Elsbeth Kasser. Die rund 150 Exponate
sind in den Kriegsjahren von Künstlern geschaffen worden,
die im französischen Internierungslager Gurs inhaftiert waren.
Sie geben Einblick in den Lageralltag und künden von den schwierigen
Bedingungen, unter denen sie entstanden sind.

Julius C. Turner, Warten auf die Abendsuppe, Aquarell, 27 x 36
cm, signiert: Gurs julius C. Turner 1941. Repro Museum Ritterhaus
Elsbeth Kasser (1910 - 1992) war von 1940 bis 1943 als Krankenschwester
im Lager Gurs tätig. Dort engagierte sie sich, neben ihrer
pflegerischen Tätigkeit, vor allem auch für Bildung und
Kultur. Wegen ihres humanitären Engagements wurde sie "der
Engel von Gurs" genannt. Ihre Sammlung wird heute durch die
1994 gegründete Elsbeth Kasser-Stiftung betreut und ist im
Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich öffentlich
zugänglich. Ausstellung, Katalog und Plakat wurden teilweise
von Studierenden der Hochschule Luzern – Design & Kunst
konzipiert und gestaltet. Die Deportation nach Gurs
Am 22. Oktober 1940 wurde die gesamte jüdische Bevölkerung
Badens und der Pfalz von den Nationalsozialisten ins südfranzösische
Internierungslager Gurs deportiert. Insgesamt 6 538 Menschen waren
betroffen, fast 100 aus Offenburg. Ohne Vorwarnung hatte man sie
aus ihrem Leben gerissen und ins Elend gestoßen.
Vorausgegangen war ein Beschluss des badischen Innenministers
vom 15. Oktober 1940, der bestimmte, "alle transportfähigen
Volljuden festzunehmen und abzutransportieren". Ausgenommen
waren lediglich ausländische "Nichtarier" und Juden,
die in Mischehen lebten. Über Belfort schob man die Deportierten
nach vielem Hin und Her ins unbesetzte Frankreich ab. Die französische
Regierung der freien Zone in Vichy wurde von den Vorgängen
völlig überrascht und forderte die Rückführung
der Deportierten nach Deutschland. Zunächst brachte man diese
provisorisch im Internierungslager Gurs unter. Doch aus dem Provisorium
wurde eine Dauereinrichtung und statt Rückführung nach
Deutschland wurden ab 1942 – als Folge der Wannseekonferenz – Deportationen
von Gurs in die Vernichtungslager im Osten, besonders nach Auschwitz,
durchgeführt.
Das Lager Gurs war zur Internierung von spanischen Bürgerkriegsflüchtlingen
errichtet worden und hatte von April 1939 bis Mai 1940 von zur
Unterbringung von insgesamt 27 350 Flüchtlingen gedient, die über
die Pyrenäen nach Frankreich geflohen waren.
Von Ende Mai bis Ende September 1940 hielt die französische
Regierung dort 14 795 deutsche und österreichische Frauen
und Kinder fest, die als Zivilpersonen in Frankreich gelebt hatten,
und durch den Kriegseintritt zu "unerwünschten Personen" geworden
waren. Unter diesen Frauen waren auch Jüdinnen, die zuvor
aus Deutschland oder Österreich geflohen waren, sowie Französinnen,
die mit einem Deutschen verheiratet waren. Als die deportierten
badischen und Pfälzer Juden im Lager ankamen, waren dort noch
etwa 700 spanische Bürgerkriegsflüchtlinge und mehrere
tausend "unerwünschte Ausländer" interniert.
Die Lebensbedingungen im Lager Gurs sind als katastrophal zu bezeichnen.
Eng zusammengepfercht in fensterlosen Baracken ohne Heizung, die
lediglich mit Strohsäcken ausgestattet waren, überlebten
viele der Internierten den ersten Winter nicht. Das Lager versank
in Regen und Schlamm, die Verpflegung war schlecht und knapp und
Krankheiten breiteten sich aus.
Die humanitären Hilfsorganisationen versuchten vor allem
die Kinder aus dem Lager herauszuschmuggeln. Die Offenburgerin
Eva Mendelsson (geb. Cohn) konnte zusammen mit ihrer Schwester
auf diese Weise aus dem Lager Gurs gerettet werden. Anlässlich
der Eröffnung der Ausstellung wird sie über die Deportation
und das Leben im Lager Gurs berichten.
Musik und Kunst gehörten zu den wenigen Dingen, die den grauen
Lageralltag aufhellen konnten und die halfen, die harten Lebensbedingungen
zu ertragen. Viele Künstler und Musiker waren im Lager interniert
und pflegten ihre Kunst, so gut es ging. Die Bilder der Ausstellung
geben eindrucksvoll Zeugnis davon.
24. Oktober 2010 bis 30. Januar 2011
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