Die Zeit der
Teilreiche und der Bruderfehden beendet auch die Konsolidierungsphase
des Frankenreiches. Nachdem in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts
der Umfang der spätantiken römischen Provinzen wiederhergestellt
war, stagniert die Entwicklung. Langobarden und Awaren bedrohen
das Reich, erstere beenden praktisch die vom Reimser Teilreich
ausgehende Italienpolitik.
Als Chlodwig
II, seit 584 König in Soissons und Paris, nach dem ruhmlosen
Ende der bitter verfeindeten Brüder Theuderich und Theudebert
in Orléans und Metz 613 die Herrschaft über das Gesamtreich
antreten konnte, mußte er sich dem Adel gegenüber für
dessen Unterstützung erkenntlich zeigen. Im Edikt von Paris
von 614 machte er ihm weitreichende Zugeständnisse, die seine
eigene Königsmacht einschränkten. Zum ersten Mal in
der europäischen Geschichte tritt die Sicherung von Eigentum,
Freiheits- und Persönlichkeitsrechten ausformuliert in das
Licht der Überlieferung.
Für
die wachsende Identität der Teilreiche und ihre Abgrenzung
gegeneinander wichtig ist jedoch die Bestimmung, daß keine
Landfremden als Beamte eingesetzt werden dürfen. Hier war
also das Bewußtsein einer übergreifenden Gemeinsamkeit
schon zuückgetreten.
9 Jahre später
beginnt mit der Errichtung eines Unterkönigtums in Metz unter
Chlothars Sohn Dagobert ein neues Element fränkischer "Staatsordnung":
Da das Unterkönigtum auf Druck des austrasischen Adels zustandegekommen
war, erhielt Dagobert auch Pippin den Älteren und den Bischof
Arnulf von Metz als Leiter des königlichen Haushalts bzw.
als wichtigen politischen Berater zur Seite gestellt. Die Hausmeier
werden in der Folgezeit zum wichtigsten politischen Amt, wobei
dieser Entwicklung der ausgeprägte politische Ehrgeiz Pippins
und seines Sohnes Grimoald zugute kam.
Grimoalds
Griff nach der Königsherrschaft scheiterte jedoch. 656 trat
zwar sein Sohn als Adoptivsohn Sigiberts von Metz das Königtum
in Austrasien an als dieser jedoch 662 starb, traf Grimoald
die Reaktion der neustrischen Merowingerfamilie: er wurde in einen
Hinterhalt gelockt und ermordet.
In den Wirren
der folgenden Jahre erwies sich das Hausmeieramt in der Hand des
Adels als der entscheidende Hebel, um die Macht des Königtums
politisch auszuhöhlen. Dieses war nur noch Legitimationshülle
für die politisch entscheidende Kraft, hatte aber ihr gegenüber
immer noch den traditionellen Vorteil des "Königsheils",
der Blutsbindung des Königtums, inne.
Nach der
Ermordung Grimoalds und dem Tod seines Sohnes Childebert führte
Pippin, der Sohn von Grimoalds Schwester Begga und Ansegisels,
des Sohns von Bischof Arnulf von Metz, die Familientradition weiter
und schlug 687 den gesamtfränkischen Hausmeier Berthar von
Paris bei Tertry an der Somme. Er behielt nach diesem Sieg das
gemeinsame Hausmeieramt bei und regierte das Reich als Fürst
der Franken (Princeps Francorum) von Metz aus. Innen- und Außenpolitik
waren nun Sache des Hausmeiers, der jetzt auch den Merowingerkönig
nur noch soweit akzeptierte, wie er ihn zu seiner eigenen Legitimation
benötigte.
Führender
Vertreter dieses Amtes ist zweifellos Karl Martell, Friedelsohn
Pippins des Mittleren. Auch er begann seine "Regierung" mit dem
Kampf um die Herrschaft im gesamten Reich, stellte also zunächst
die Einheit des Frankenreiches wieder her.
Mit ihm geht
die fränkische Geschichte endgültig in die Geschichte
der Karolinger über.
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