Die Mumienporträts aus der Sammlung Sieglin
Die Mehrzahl der griechischrömischen Antiken aus Ägypten,
einige koptische Textilien und altägyptische Exponate im
Landesmuseum Württemberg stammen aus der Sammlung des
Stuttgarter Seifenfabrikanten Ernst von Sieglin (geb. 21.
April 1848, gest. 3. Oktober 1927). Der gelernte Kaufmann
Sieglin, durch die Produktion von Seifenpulver zu Ansehen
und Reichtum gelangt, finanzierte u.a. zahlreiche
Ausgrabungen in Ägypten. Seine im Laufe der Zeit sehr
umfangreich gewordene Privatsammlung übermachte Sieglin 1906
in Teilen der Sammlung König Wilhelms II. von Württemberg,
der sie ein Jahr später der „Königlichen Staatssammlung
Vaterländischer Altertümer“, dem heutigen Landesmuseum
Württemberg, überließ. Die sich darin befindlichen sechs
Mumienporträts bilden einen Höhepunkt der
hellenistischrömischen Kunst aus Ägypten im Landesmuseum
Württemberg.
Bei den Mumienporträts, wie dem so genannten „Safranmädchen“
aus der Zeit um 40 nach Christus oder dem „Mumienporträt
eines Jungen“, 2. Jahrhundert nach Christus, handelt es sich
um Bildnisse von Personen, die auf dünnen Holztafeln gemalt
wurden und in den Kopfteil von Mumien eingebunden waren. Die
klimatischen Verhältnisse Ägyptens trugen dazu bei, dass
sich eine Vielzahl dieser auf Holz gemalten Mumienporträts
samt ihrer Farbigkeit optimal erhalten haben.
Selten liefern die Mumienporträts nähere Informationen über
die Verstorbenen. Eine Ausnahme bildet das Mumienporträt der
„Eirene“ aus der Zeit um 40/ 50 nach Christus. Auf der
Halspartie der Dargestellten ist in demotischer Schrift
sowohl der Name der Verstorbenen, also „Eirene“ festgehalten
als auch der Name ihrer Eltern. Konkret bezeichnet die
Inschrift sie als Tochter des Silvanos und der Senpnoutis.
In der Regel sind solche Mumienporträts anonymisiert. Es
scheint sich bei den Porträtierten jedoch um Angehörige
einer ethnisch gemischten, finanziell starken Mittelund
Oberschicht gehandelt zu haben. Die Frisuren der Frauen und
Männer entsprechen dem damaligen Modegeschmack und
orientieren sich an den Vorbildern des römischen
Kaiserhauses. Ebenso verhält es sich mit der Kleidung und
dem Schmuck.
Obwohl einige Unklarheiten noch bestehen und es keinesfalls
geklärt ist, ob die Porträts schon zu Lebzeiten der
Dargestellten gemalt und bis zu ihrem Tod in Haus aufgehängt
wurden, bleibt die Tatsache, dass es sich bei den
Mumienporträts um bedeutende künstlerische
Hinterlassenschaften des römischen Ägypten handelt. Sie
geben dem Besucher einen Eindruck von der ansonsten
verlorenen Tafelmalerei der Antike.
Die Mumien zu den Porträts existieren nicht mehr. Bei der
Entdeckung einer Mumie mit Porträt wurde das Bildnis in der
Regel aus der Befestigung gelöst oder grob der Mumie
entrissen.
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