Iphigenie auf Tauris
Schauspiel
Zum Einstieg und zur Vorbereitung
- WHO IS WHO? Wer oder was oder wo ist
- Tantalos - Pelops - Atreus - Aigisthos - Agamemnon - Klytaimnestra - Kassandra
- Iphigenie - Elektra - Orest - Moiren/Parzen - Erinnyen/Eumeniden - Artemis/Diana - Apollo
- Mykene/Aulis/Tauris - Mythos/Mythologie (Tipp: Kärtchen verteilen!)
I. Akt
1. Iphigenie, in den Schatten des Haines vor Dianas Tempel tretend, beklagt ihre Lage: Die Göttin Diana habe sie zwar hierher auf die Insel Tauris gerettet, aber nun sei sie heimatlos. Auch sei sie dem Thoas unterworfen, dieser jedoch sei ein edler Mann. Iphigenie reflektiert in diesem Zusammenhang auch die Stellung der Frau:
Frau | Mann |
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passive Dulderin enge Lebenswelt Abhängigkeit | aktiver Gestalter Freiheit weites Handlungsfeld |
Sowohl Diana als auch Thoas dient sie nur widerwillig und hofft, dass die Göttin sie vor dem "zweiten Tod", dem Leben in der Fremde, verschonen möge.
2. Arkas erscheint, um ihr die Ankunft Thoas anzukündigen. Ein Sieg über die Feinde ist erfochten worden, der Göttin soll dafür gedankt werden. Arkas spricht die Priesterin auf ihre immerwährende Traurigkeit an, sie klagt ihm ihr Leid. Durch einen "fremden Fluch" ist sie schon in jungen Jahren "vertrieben und verwaist" worden. Arkas weist darauf hin, dass sie auch Gründe habe, dankbar zu sein, denn schließlich habe Thoas selbst sie gastlich aufgenommen, wo doch sonst jeder Fremdling der Diana geopfert wird. Er führt ihr auch ihre Leistungen vor Augen, denn ihr stetes Wirken hat der Insel nur Segen gebracht: Sie hat den König zu sanfter Milde geführt und die Abschaffung der barbarischen Menschenopfer erwirkt. Nun will der König um ihre Hand anhalten, denn sein Sohn ist in der Schlacht gefallen.
Iphigenie empfindet diese Werbung als "Bedrohung".
3. Thoas kommt und wirbt um sie. Iphigenie verweist auf den Fluch, der über ihrem Geschlechte laste und lüftet das bisher gehütete Geheimnis:
Es ist das Geschlecht des Tantalus. Sie berichtet von deren grausigen Taten, von Brudermord und Ehebruch. Dies bringt Thoas nicht von seiner Werbung ab. Doch Iphigenie hofft weiterhin auf Rückkehr, was den König so sehr erzürnt, dass er sie ein triebhaft-unvernüftiges Weib schilt und anordnet, dass die Menschenopfer wieder aufzunehmen seien. Denn:
Gerade habe man zwei Fremdlinge gefangen genommen, die ihr vorgeführt werden sollen.
4. I. bittet die Göttin, sie vor dieser blutigen Tat zu verschonen und nicht zum Mord zu zwingen.
Iphigenie auf Tauris (1786): Exposition |
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II.Akt
1. OREST bereitet sich auf den Tod vor; mit ihm würde dann das Atriden-Geschlecht blutig enden. Sein Begleiter und Jugendfreund PYLADES sinnt auf Auswege, vertrauend auf Apollos Weissagung, dass im Tempel der Schwester (Diana oder Iphigenie?) Trost, Hilfe und Rückkehr bereitet sei. Er versucht, Orest durch die Erinnerung an die gemeinsame Kindheit wieder aufzurichten. Der aufgeklärt-prakische Pylades glaubt nicht an die Ungerechtigkeit göttlicher Rache, an Vererbung von Schuld (755). Sein Plan ist, den Barbaren den Tempelschatz der Diana zu rauben und dem Apollo zu bringen. Auch rechnet er auf den "steten" Sinn jener Priesterin, von der sie viel Gutes vernommen haben.
Orest | Pylades |
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Müdigkeit u. Todessehnsucht seinem traurig. Schicksal ergeben von Gewissensbissen gepeinigt (Furien, Eumeniden, Parzen) |
praktisch denkend respektlos vor den Göttern listig wie Ulysses zum Widerstand bereit |
2. Iphigenie nimmt Pylades die Fesseln ab: Beide verbindet sogleich die gemeinsame Herkunft und Sprache. Er berichtet vom Ende Trojas und der Ermordung Agamemnons durch seine Frau aus Rache für die Opferung der Tochter. Diese ist tief erschüttert.
III.Akt
1. Weiteres erfährt Iphigenie von Orest, als sie auch diesem die Fesseln abnimmt und ihn auf sein Schicksal vorbereitet. Orest, von seiner Schwester Elektra angestachelt, hatte die Mutter getötet und wird seitdem von den Rachegöttinen verfolgt. Er nennt seinen Namen und seinen Wunsch zu sterben. Iphigenie aber dankt den Göttern für das lang ersehnte Glück (1115) und versucht, dem von irren Todesvisionen besessenen Bruder Hoffnung zu geben. Sie gibt sich zu erkennen (1173), Orest aber traut dem vorerst nicht, verführerische Trugbilder fürchtend, akzeptiert schließlich die Wahrheit, in seinem Wahn jedoch sieht er in seinem bevorstehenden Tod nur die Vollendung des Atriden-Fluches durch den "Brudermord" nach "hergebrachter Sitte". Iphigenie hält das nicht mehr aus und sucht den verständigeren Pylades.
2. Der aus seiner Betäubung erwachende Orest wähnt sich schon im Reich der Toten, wo die Ahnherren seines Geschlechtes ihn in Schattengestalt erwarten. Aber seine Hoffnung, dass dort jede Schuld dank "Lethes Fluten" (1258) vergessen und vergeben sei, wird enttäuscht: die Götter haben dem Tantalus nicht verziehen und ihn zu ewigen Qualen verdammt.
3. Pylades und Iphigenie kehren zurück und fordern Orest auf, sich zur Tat zusammenzuraffen. Und tatsächlich keimt Hoffnung auf: "Es löst sich der Fluch, mir sagt's das Herz." (1358)
Tafelanschrieb |
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+----------------------------------------------------------------------+ | Akt I bis III dienen zur Rekonstruktion der Vorgeschichte, in | | in Akt IV und V vollzieht sich die eigentliche Dramen-Handlung. | | In III,2 befindet sich Orest auf dem persönlichen Tiefpunkt, von | | da an beginnt seine Rückkehr ins praktische Leben. | | Ausgangspunkt am Anfang von Akt IV: | | - Bruder und Schwester sind wieder vereint | | - Orests Wahnsinn wird besänftigt | | - Der Weg zur Flucht ist offen | | - Die Götter scheinen auf ihrer Seite | | Fragen: Wird die Flucht gelingen? Findet der Tempelraub statt? | | Wie verhält sich Thoas? Ist das Orakel richtig gedeutet? | | Kann Iphigenie dieses Vorhaben mit ihrem Amt, ihrem | | Gewissen und (möglicherweise) ihrem Frau-Sein vereinbaren? | +----------------------------------------------------------------------+ |
IV. Akt
1. Iphigenie preist den wie vom Himmel gesandten, praktischen Pylades, der jetzt gerade mit dem zu Taten erwachten Orest seinen "Anschlag" vorbereitet. Aber dieser wiederum zwingt sie zu "List" und "Lüge", wofür sie nicht geschaffen ist: Sie soll den König belügen.
2. Arkas kommt und drängt zum Vollzug des Opfers. Iphigenie lügt: Die Anwesenheit des Fluchbeladenen habe die heilige Stätte entweiht, es müsse zuerst die Statue der Göttin im Meer gereinigt werden. Arkas erinnert noch einmal an die Werbung Thoas' und beschwört sie, diese anzunehmen und dadurch ihr Werk der Vermenschlichung / Humanisierung des Barbaren-Volkes fortzusetzen. Die Chancen stünden gut hierfür. Iphigenie verweigert sich erneut.
3. Aber - wieder allein - muss sie sich eingestehen, dass sie bisher zu einseitig auf Flucht gesonnen habe (Pylades), und ihr doch auch an denen gelegen ist, vor denen sie flieht (Thoas):
"Dass ich auch MENSCHEN hier verlasse...
Doppelt wird mir der Betrug verhaßt."(1524/5)
4. Unterdessen hat Pylades alles zur Flucht vorbereitet, Orest ist frei von Visionen und das Schiff der Gefährten wartet in einer verborgenen Bucht. Jetzt will er nur noch die Diana mitnehmen. Er bemerkt aber das Zögern Iphigeniens, dringt weiter auf sie ein, den König hinzuhalten um Zeit zu gewinnen, sie solle auf ihr Recht als Priesterin pochen; aber Iphigenie will ihr heiliges Amt nicht missbrauchen (1582). Auch scheinen die Götter auf Seite der Flüchtenden zu sein und der Tempelraub rechtfertigt sich aus den barbarischen Bräuchen des Landes. DENNOCH: Iphigenie "fühlt", dass dies nicht recht sei. Sie folgt der Stimme ihres Herzens, während Pylades aus dem Zwang der Situation handelt.
Stimme des Herzens | Gebot der praktischen Vernunft |
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weibliches Gefühl: ohne (Hinter-)List aufs Ganze bedacht bedächtig | männlicher Verstand: ohne Skrupel, eigennützig draufgängerisch |
Aber, so überlegt sie, ist wirklich nur "ein Weg" zur Rettung, nämlich der mittels List und Lüge und Raub? Ein weiteres Mal bedauert sie, kein "männlich Herz'" in ihrem Busen zu tragen, das sich durch nichts in seinem einmal gefassten Entschluss beirren lässt.
5. Wieder allein bedenkt sie die Lage: So kann der Fluch nicht beseitigt werden, durch Tempelraub und Lüge! Sie bittet die Götter um"Rettung", aber: Wie sind die Götter wirklich? Sind sie ungerecht und rachsüchtig, handeln sie willkürlich, wie das alte "Lied der Parzen" behauptet? Iphigenie, die Priesterin, kämpft gegen ihre Zweifel an den Göttern: Kennen sie nichts Menschliches wie Gerechtigkeit, Gnade und Vergebung? Muss deshalb der sittlich handelnde Mensch sich dem von den Göttern "Geschickten" (=Schicksal) entgegenstemmen? Iphigenie steht vor die Frage, ob sie sich den Göttern anvertrauen kann oder selbst handeln muss.
V. Akt
Haupt-Motive und ihre Entwicklung |
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Als Hausaufgabe oder in Gruppenarbeit zu erarbeiten |
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ANALYSE einer Szene - Arbeitsschritte:
- Ausgangssituation: Wo? Wann? Was ging voraus?
- Wer? Welche Personen treffen aufeinander?
- Wie?
- Handlungsverlauf
- Gesprächsverlauf
- Gedankengang (insbesondere bei Monologen) - Sprachliche Besonderheiten
- Sprache: gehoben, in Versen, Reimen, Prosa, Bildern
- Sprechweise: lange Ausführungen, schnelle Dialog-Wechsel - Was folgt für die weitere Handlung?
Funktion/Stellenwert der Szene im DramengefügeVgl. mein Interpretationsschema zur Analyse von Dramenszenen
Siehe auch das Beispiel einer Dialoganalyse zu "Iphigenie" Akt II, Szene 1 auf den Seiten von Volker Jansen
Klausur
GRUNDKURS DEUTSCH 12 Klausur Nr. x - J.W.GOETHE: IPHIGENIE AUF TAURIS
- Erläutern Sie:
a) den Begriff des Klassischen (allgemein) (2)
b) den historischen Hintergrund der "Weimarer Klassik" (2)
c) die Grundgedanken (das "Programm") der "Weimarer Klassik" (4) - Erklären Sie, warum die "Iphigenie" ein klassisches Drama genannt werden darf. (3)
- Geben Sie kurz den mythologischen Stoff wieder, welcher der
"Iphigenie" zugrunde liegt. Beschränken Sie sich dabei auf die Namen
Tantalus, Agamemnon, Klytämnestra, Orest und Iphigenie. (3) - Analysieren Sie Szene IV,3. Beginnen Sie so: "In der dritten Szene des vierten Aktes ist Iphigenie wieder allein und überdenkt nach dem Vorgefallenen ihre neue Lage. ... " (4)