Schlafes Bruder - als Beispiel postmoderner Literatur
Übersicht über Anlage und Verlauf der Unterrichtseinheit
- Die Anregung zu dieser Unterrichtseinheit verdanke ich der Lektüre von Angelika Steets Aufsatz in "DER Deutschunterricht" 4/99 (S.82 ff), worin ein 'dekonstruktivistischer' Interpretationsansatz vorgeschlagen wird. Dieser bedeutet in Kurzform: Versuche nicht mehr, ein literarisches Werk als eine in sich geschlossene Sinn-Einheit zu begreifen, welche vom Autor bewusst intendiert ist, sondern als ein buntes Geflecht von Bedeutungen, Sprechweisen, Zitaten, Genres und Perspektiven, deren innerer Zusammenhang sich in der Lektüre und weitgehend unabhängig vom Autor herstellt. Gelernt werden muss folglich, dieses Spiel zu durchschauen und zu genießen.
- dass mehrere Interpretationen gleichberechtigt nebeneinander stehen können,
- dass moderne Autoren diese Bedeutungsvielfalt bewusst inszenieren und sich dabei als oberste Sinn-Autorität überflüssig machen,
- dass dazu auch ein respektloses Spiel mit literarischen Traditionen, sprachlichen Stilmitteln und Genres gehört,
- dass dafür der Begriff "postmodern" eingeführt wurde,
- dass Robert Schneiders Roman dafür ein gutes Beispiel ist und
- dass darin vielleicht auch das Geheimnis seines unerwarteten Verkaufserfolges besteht (Was ist ein "Bestseller"?).
Nachdem ich selbst in meiner ersten Behandlung von Schneiders Roman vergeblich versucht hatte, mit den Schülern eine in sich stimmige Interpretation zu erabeiten und dabei ein etwas unbefriedigtes Gefühl zurückblieb, beschloss ich, bei einer weiteren Behandlung des Romanes erst gar nicht mehr sinnhafte Stimmigkeit der Interpretation anzustreben, sondern umgekehrt die Vielzahl der Verstehensmöglichkeiten selbst zum Erkenntnisziel der Romanbehandlung zu machen. Die Schüler sollen also lernen
Dementsprechend sind im Aufbau der Unterrichtseinheit die Phasen der Sprachanalyse und Inhaltsicherung relativ kurz gehalten - zugunsten einer längeren Gruppenarbeits- und Präsentationsphase, in denen der Roman auf die Elemente jeweils eines Genres (Heimat-, Liebes-, Künstlerroman, Dorfchronik, Heiligenlegende) hin untersucht wurde. Diese Gruppenarbeiten und Präsentationen waren so ergiebig (bestehend aus Folien, Poster, Tafelanschrieben und Vorträgen), dass sie hier nicht wiedergegeben werden können. Lassen Sie sich also von Ihren Schülern einfach überraschen, falls Sie auch so vorgehen wollen.
Der Motivation zugute kam übrigens, dass die Schüler meines Leistungskurses den Roman aus einer Reihe von Buchvorstellungen selbst ausgewählt hatten.
(Klaus Dautel)
Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz themengerecht sein sollte.