Christliche Ethik

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GK Ev.RU 12.1 "Christliche Ethik"

Exzerpt: "Grundlegende Aspekte christlichen Welt- und Menschenverständnisses", in Karl Friedrich Haug, Nachdenklich handeln Bausteine für eine christliche Ethik Göttingen 1996 S. 127ff

Anfragen zum Text an Heinz-Hermann Haar


2.2. Grundlegende Aspekte christlichen Welt- und Menschenverständnisses

2.2.1 Der Mensch ist Geschöpf Gottes

Der Mensch ist Ebenbild und zum Stellvertreter berufen

Damit wird allen Menschen Würde und Wert zugesprochen.

a) Der Mensch ist nicht selber Gott, sondern er verdankt sich einem Grund außerhalb seiner selbst.

b) Er ist von Gott gewollt und Gott spricht ihn an und beauftragt ihn.

2.2.2. Der Mensch ist abhängig von der Natur und von den Mitmenschen, da er Geschöpf unter Mitgeschöpfen ist.

Er ist angewiesen auf ihm Gegebenes und Vorgegebenes.

2.2.3. Er ist endlich, es sind ihm in verschiedener Hinsicht Grenzen gesetzt.

2.2. Der Mensch ist Sünder

Menschliches Handeln kann mißlingen und Menschen werden schuldig.

Damit wird die Wirklichkeit des Bösen, die Erfahrung des Scheiterns und des Zerstörerischen menschlichen Handelns ernst genommen.

Letztlich kann Gott allein das Böse überwinden.

Christliches Handeln zielt nicht auf eine reine Weste, sondern der Christ weiß, daß Gott allein Erlösung vom Bösen schaffen kann.

2.3. Dem Menschen gilt die Frohe Botschaft (Zusage der Vergebung)

Dem erlösungsbedürftigen Menschen wird im Evangelium die unendliche Liebe Gottes (Vergebung) zugesprochen (Indikativ), daher wird er auch zu einem ethisch verantwortlichen Handeln (Imperativ) - gegen das Böse in ihm - befähigt und ermahnt.

Der Mensch ist befreit von seiner Sorge um sich selber er kann und soll sich dem Nächsten zuwenden.

2.4. Dem Menschen wird Zukunft eröffnet

Der christliche Glaube erwartet die Verwirklichung des Vollkommenen (die Verwandlung der Schöpfung in den einmal gedachten Zustand) von Gott und nicht vom Menschen.

Es gibt ein Leben nach dem Tode.

Es wird unterschieden, zwischen dem "schon jetzt" (dem Wissen, was sich im Rahmen der menschlichen Geschichte ethisch und an Sinnerfüllung verwirklichen läßt) und dem "noch nicht" (dem Wissen, was als Vollendung von Gott am Ende der Tage durchgesetzt werden wird)

Ethisch ist dies wichtig, weil menschliches Handeln sich nur auf das "menschlich Mögliche beziehen kann. Die Vollendung kann dem Menschen nicht abverlangt werden.

Keine Vertröstung auf das Jenseits oder Entschuldigung für Passivität in der Welt, sondern die Ermöglichung:

  • mit dieser "nicht endgültigen Wirklichkeit" umzugehen

  • nicht zu verzweifeln angesichts des Scheiterns und der scheinbaren Sinnlosigkeit menschlichen Handelns.

2.3. Die christliche "Grundnorm" und "ethische Leitlinien"

Das christliche Liebesgebot ( "Liebe Deinen Nächsten wie dich selber" ) ist die Zusammenfassung des ethischen Willens (christliche Grundnorm).

Handlungen, die diesem Liebesgebot widersprechen, sind keine ethischen Handlungen

Das Liebesgebot knüpft an bei der Angewiesenheit des Menschen (s. 2.2.2.) auf seinen Mitmenschen und fordert auf, dieser Bedürftigkeit zu entsprechen. Dabei hat die Bedürftigkeit des Nächsten Vorrang vor den eigenen Bedürfnissen

Das Gebot der Feindesliebe zeigt, daß dem anderen ein Recht zusteht, anders zu sein als ich selber.

Im Bereich von Wirtschaft und Gesellschaft korrespondiert diese Forderung dem Streben nach Gerechtigkeit.

Diese Grundnormen müssen umgesetzt werden in konkreten Situationen mit Hilfe ethischer Leitlinien

2.4. Christlich-ethische Leitlinien mittlerer Konkretion

2.4.1. Beachte, daß der Mensch immer Gottes Geschöpf ist!

  • Jeder Mensch hat Würde und Wert

  • er ist zur Stellvertretung, Verwirklichung des Willens Gottes befähigt und berufen.

Würde und Wert des Menschen sind unantastbar.

  • Der Mensch ist begrenzt und endlich.

Er darf ethisch nicht überfordert werden. Es darf nichts Unmögliches von ihm erwartet werden

2.4.2. Beachte, daß der Mensch immer Mit-Geschöpf ist!

Menschliches Tun hat sich daran zu orientieren, daß der Mensch Teil der gesamten Schöpfung ist.

Er soll Kultur schaffen, aber dabei die Natur nicht zum "verwertbaren Material" degradieren.

Einstellung zur Technik (Beherrschung der Natur) in Ablehnung der beiden Extreme:

a) Technikfeindlichkeit in Form von Naturromantizismus

b) Vertrauen in den technischen Allmachtstraum

Erhaltung der Schöpfung bleibt Aufgabe und Zusage Gottes. Gott macht diese Zusage nicht von der Wahrnehmung der Verantwortung durch den Menschen abhängig.

Treue Gottes zu seiner Schöpfung

2.4.3. Beachte, daß der Mensch immer Mitmensch ist!

Alle sind Geschöpfe Gottes.

Es gibt keine Form einer "natürlichen" Überlegenheit

Es gibt keine Form der Bevormundung

Ansprüche und Interessen sind dialogisch auszufechten.

Wie weit gehen dabei die Grenzen, z.B. wenn sich die Freiheit eines anderen gegen die Gemeinschaft kehrt?

2.4.4. Achte auf möglichst umfassende und gerechte Teilhabe aller!

Das damit begründete Prinzip der Partizipation ist relativ. Es geht um ein vergleichendes "Mehr" und eine gerechtere Teilhabe.

2.4.5. Beachte die Unterscheidung von Vorläufigem und Vollendetem!

Christliches Denken weiß um das Schuldigwerden und daher alle Vorläufigkeit menschlicher Ordnung.

Christliches Handeln steht in der Spannung in der unvollkommenen Welt zu leben und auf das Kommen des Reiches Gottes zu warten.

Diese Spannung schafft kritische Distanz

In einer ethischen Entscheidung ist nicht das absolut Gute zu erreichen, sondern das konkret Bessere anzustreben.

Dies Wissen um die Relativität und Korrekturbedürftigkeit menschlichen Handelns schafft Freiheit aus der Distanz.

2.4.5. Verachte nicht das Recht des Relativen!

Keine Forderung oder Zielsetzung kann für sich Absolutheitsanspruch einfordern.

Diese Einsicht in die Relativität allen Denkens hebt nicht die Bedeutung menschlichen Handelns auf, sondern es läßt ihm seine vorläufige Bedeutung.

Sie läßt aber auch erkennen, daß geschichtlich gebundene Einsichten korrigierbar sind und bleiben müssen.

2.4.6. Beachte, daß es verschieden berechtigte Ansprüche (Werte und Normen) gibt.

Verschiedene Ansprüche sind in Beziehungen zueinander wahrzunehmen. Keiner hat absoluten Rang. (z.B. Kann nicht Freiheit gegen Frieden ausgespielt werden.)

3. Christliche Ethik als Güter-, Tugend-, Pflicht-, Verantwortungs- und Situationsethik

3.1. Güterethik

In der Güterethik geht es um den Schutz von "Gütern"

z.B. das Gut "Recht auf ein menschenwürdiges Leben" oder "Schutz der Umwelt"

Das ethische Problem entsteht dadurch, daß solche Güter

a) im Grundsatz unumstritten

b) in der Konkretion häufig in Konkurrenz stehen

Streit um das "höchste Gut"

Weil die Welt noch nicht vollendet ist, kann kein Gut für sich den Anspruch des "höchsten Gutes" erheben.

Es muß eine Güterreihenfolge aufgestellt werden mit den entscheidenden Leitlinien:

a) Achtung des Menschen als Geschöpf

b) Achtung der Welt und Natur als Schöpfung Gottes

3.2. Tugendethik

In der Tugendethik geht es um persönliche Haltungen, wobei unter Tugend verstanden wird:

Tugend ist eine gesinnungsmäßige Haltung, die sittliches Handeln steuert

Solche Tugenden sind für sittliches Verhalten unabdingbar, sie sind zeitlich und persönlich relativ, sie stellen sich durch Nachahmung von Vorbildern ein.

Spezifisch christliche Tugenden berufen sich auf das Vorbild "Jesus".

3.3. Pflichtethik

Beurteilt Handlungen danach, ob sie dem "Gesollten" (im religiösen Bereich = dem Willen Gottes) entsprechen.

3.3.1. Gesinnungsethik

Als entscheidend gilt die "gute Absicht" meiner Handlungen.

Setzt ein relativ stabiles Rollen- und Pflichtensystem voraus.

3.3.2. Verantwortungsethik

Wenn

a) Rollen und Institutionen, die das Gesollte vorgeben, nicht mehr fraglos funktionieren

b) die künftigen Folgen einer Handlung immer mehr an Bedeutung und Gewicht für die ethische Einschätzung einer Tat gewinnen

dann gewinnt die Berücksichtigung der möglichen Folgen das ethische Hauptgewicht.

Es geht dann nicht mehr um die Einhaltung des vorgegebenen Gesollten, sondern um die Beachtung der konkreten Situation und der Folgen der Handlung für die Zukunft.

Der Mensch übernimmt Verantwortung nicht nur für die Gesinnung, sondern für die Folgen seines Handelns.


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Letztes Update dieser Seite: Samstag, 14. Oktober 2000


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