Marx

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Texte zu Karl Marx

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Der religionskritische Ansatz von Karl Marx

(Erstellt von Frank Willenberg)

  1. (...)

  2. Der Mensch, der in der phantastischen Wirklichkeit des Himmels, wo er einen Übermenschen suchte, nur den Widerschein seiner selbst gefunden hat, wird nicht mehr geneigt sein, nur den Schein seiner selbst, nur den Unmenschen zu finden, wo er seine wahre Wirklichkeit sucht und suchen muß.

  3. Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen.

  4. Und zwar ist die Religion das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben und schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät (Gesellschaft). Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewußtsein, weil sie eine verkehrte Welt sind.

  5. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, (...), ihre Logik in populärer Form, (...), ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.

  6. (...) Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.

  7. Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist. Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt.

  8. Es ist also die Aufgabe der Geschichte, nach dem das Jenseits der Wahrheit verschwunden ist, die Wahrheit des Diesseits zu etablieren... Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik. (Quelle: Karl Marx, Frühschriften)

Aufgaben:

1.)Fasse zusammen, wie Marx das Wesen der Religion - und das Wesen Gottes - beschreibt!
2.) Welche Übereinstimmungen mit dem Feuerbachschen Ansatz sind festzustellen?
3.) Welche Aspekte sind neu?
4.) Welche Aufgaben sieht Marx als notwendig an, nachdem der Mensch von der Religion "befreit" wurde?


Kritik an K. Marx

(Erstellt von Frank Willenberg)

  1. Die Religionskritik von Marx traf zwar Religionen, aber nicht Gott. Sie erkennt religiöse Vorstellungen als sich in der umweltbedingten Psyche des Menschen ereignend, kann daraus aber nicht die Nichtexistenz der hierin geglaubten bzw. gedachten Inhalte wie Gott, ewiges Leben u. a. beweisen, die unabhängig von religiösen Vorstellungen der Menschen eine eigenständige Existenz haben können. Marx' Religionskritik war nicht der krönende Abschluß, vielmehr nur eine Durchgangsphase in der Geschichte der Religionskritik.

  2. Marx' Hypothese, das Jenseits als metaphysische Größe sei nur Nebelbildung im Gehirn des Menschen, trifft die christliche Botschaft von Gott bzw. Himmel nicht, vielmehr nur eine philosophische Metaphysik mit ihren Gottesbegriffen innerhalb und außerhalb des Christentums.

  3. Wenn es auch in allen Religionen viel Menschengemachtes gibt, so ist es ein Trugschluß, mit Hilfe der Psychologie etwas über Existenz oder Nichtexistenz Gottes aussagen zu können bzw. aus Vorstellungen von Gott in der Psyche des Menschen auf die Existenz oder Nichtexistenz Gottes und des ewigen Lebens schließen zu wollen. Auch "menschengemachte" Vorstellungen und Glaubensinhalte können gottgewirkt und als solche Wahrheiten sein.

  4. Indem Marx den wirklichen Menschen als ein nur von den gesellschaftlichen Verhältnissen bestimmtes Wesen erklärt, verkürzt er den Menschen zu einem auf das Ökonomische begrenzten Torso. Seine Behauptung, die gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmten durch den (nur) gesellschaftlichen Menschen die ihnen gemäße Religion, ist ein verallgemeinerndes Dogma, das ohne jeden Beweis die gesellschaftliche Bedingtheit einiger Erscheinungsformen der Religion auf deren Inhalte, auf die ganze Größe Religion und auf die Offenbarung überträgt.

  5. Karl Marx' Theorie, alle Religion sei Produkt der ungerechten gesellschaftlichen Verhältnisse zu deren moralischer Sanktionierung, trifft sein zeitgenössisches Kirchentum als eine mißbrauchte Religion weithin zu Recht, trifft aber nicht den christlichen Glauben, der seinem Wesen nach in kritischer Distanz zu bestehenden Gesellschaftsordnungen steht (Man beachte hier nur die Botschaft Jesu!)

  6. Die Tatsache, daß Religion Trost spendet, bedeutet nicht, daß sie damit nur ein Betäubungsmittel (Opium) sei. Religion kann auch Wahrheit sein und durch Trostspenden helfende Wahrheit vermitteln. Der Christenglaube gibt bei rechter Erfüllung seiner Aufgaben dem einzelnen wie der Gesellschaft im Vollzug echter Humanität durch Vermittlung der Wahrheit heilende Hilfe, auch in den durch keine Gesellschaftsordnung zu behebenden Existenznöten. Er ist daher nicht Opium, sondern Heilskraft. Nur im Mißbrauch ist er ein religiöses Betäuben über die gesellschaftsbedingten Nöte hinweg. (...)Die Bindung an Gott ist nicht eine gottlose Kette, sondern die einzige Ermöglichung der Freiheit des Christenmenschen in Entideologisierung aller anderen Größen. Dagegen wäre eine Aufhebung der Religion oder des Glaubens nur eine Verkürzung des möglichen Glücks und eine illusionäre Befreiung, in Wirklichkeit aber eine Fesselung des Menschen an ideologische, menschengemachte Mächte.

  7. Eine Veränderung der Gesellschaft in Richtung auf das wirkliche Glück der Menschen setzt nicht die Aufhebung der Religion, sondern deren not-wendendes Mitwirken voraus. Der Marxsche Versuch einer philosophischen Aufhebung der Religion ist als Theorie aus dem Geist des 19. Jahrhunderts praktisch gescheitert und theoretisch überholt.

(aus: W. Bienert, Der überholte Marx)

Aufgaben:
1.) Welche positiven Aspekte können der Marxschen Religionskritik abgewonnen werden?
2.) Welche Argumente "stechen" nicht - und warum?


Die Religionskritik von Karl Marx

(Übermittelt von Frank Willenberg)

Karl Marx lebte in einer Zeit, die gekennzeichnet war durch ökonomische, soziale, politische und geistesgeschichtliche Umwälzungen. Von besonderer Bedeutung und nachhaltiger Wirkung auf das Leben und Bewußtsein der Menschen damals war der in dieser Zeit beginnende wirtschaftliche und soziale Umschichtungsprozeß. Der Gegensatz zwischen der besitzenden Klasse und einer breiten Masse von besitzlosen Arbeitern steigerte sich ins Unerträgliche, denn die Arbeiter waren einer zunehmenden Ausbeutung und Verelendung ausgesetzt. Schwerpunkt des Marxschen Werkes ist die Kritik der Ökonomie; mit der Religionskritik hat er sich besonders in seinen sogenannten "Frühschriften" beschäftigt, die aber sowohl inhaltlich wie umfangmäßig demgegenüber zurückstehen.

Marx faßt auf knapp zwei Seiten seine Religionskritik in einer geradezu klassisch-prägnanten Diktion in der "Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" zusammen und formuliert damit ihren Höhepunkt und zugleich ihr Ende. Allen bekannt ist wohl das Marxsche Wort vom "Opium des Volkes", das oft auch in der Leninschen Umprägung vom "Opium für das Volk" zitiert wird. Der Text ist an der Jahreswende 1843/1844 von Marx verfaßt worden. Marx' Religionskritik ist besonders von Feuerbach beeinflußt worden. Marx schließt sich der Feuerbachschen Kritik an, geht aber über sie hinaus.

Der Unterschied zwischen Feuerbach und Marx besteht darin, daß Marx die Entfremdung nicht einfach erklärt (wie Feuerbach), sondern sie beseitigt. Religion ist nicht die Ursache der Entfremdungen, sie ist vielmehr Begleitphänomen einer selbst entfremdeten, profanen Welt. "Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks. Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist."

Wenn die Religion den Menschen nicht begründet, so muß umgekehrt der Mensch die Religion produzieren: "Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen." - Dieser These würde Feuerbach auch zustimmen, und doch geht Marx einen Schritt über Feuerbach hinaus. Nach Feuerbach genügt es, dem individuellen Menschen durch die Kritik an der Religion seine Vollkommenheit wieder zurückzugeben. Aber er sieht den Menschen abstrakt, nicht so, wie er in Wirklichkeit ist. Das kritisiert Marx folgendermaßen: "Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewußtsein, weil sie eine verkehrte Welt sind."

In der Aufhebung der Religion hat man dem Menschen also keineswegs seine Vollkommenheit zurückerstattet. Denn die Ursachen für die Entstehung der Religion liegen in der realen Welt. Wer also den Menschen von der religiösen Entfremdung befreien will, muß gegen jene Welt kämpfen, "deren geistiges Aroma die Religion ist"

Marx predigt also keinen Kampf gegen die Religion, keine Christenverfolgung, wie gemeinhin angenommen wird. Die religiöse Entfremdung verweist über sich hinaus auf andere Entfremdungen, die erst den Boden für die erstere bilden. Mit Beseitigung der Entfremdung, die sich im konkreten Leben eingestellt hat, verschwindet auch die religiöse Entfremdung, so daß der Kampf gegen die profanen Entfremdungen geführt werden muß. Der mit sich selbst ausgesöhnte Mensch verkörpert die Aufhebung jeder Entfremdung, die religiöse Entfremdung inbegriffen. "die Kritik der Religion nötigt den Menschen nicht nur, seine wahre Grundlage zu suchen, sondern der von ihr aufgedeckte Widerspruch zwischen seinem illusorischen Wesen (Gott, ewige Wahrheit, christlicher Mensch) und seinem realen Wesen belehrt ihn andeutungsweise schon über die Lösung. Widerspricht die Religion dem Menschen, ist der Mensch in der Religion entfremdet, dann ist umgekehrt der Mensch selbst die Wahrheit und der Sinn der Welt. Angesichts der Theozentrik der Flucht kann man nur die Anthropozentrik des Realismus verkünden: ,Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei."

Die Fremdbestimmung kennzeichnet nach Marx die Religion, daher folgert er etwas später in seiner "Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie": "Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes , ein verächtliches Wesen ist.."

 


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Letztes Update dieser Seite: Samstag, 14. Oktober 2000


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