E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann (1815)

Der Sandmann     Arbeitsaufträge  
Der Goldene Topf  
Das Fräulein von Scuderi  
Aus dem Leben des E.T.A.  


Unterrichtsvorschläge


I. Claras Brief an Nathanael als Exposition

  • Was ist Claras Lösungsstrategie, wie argumentiert sie?
    Stichworte
    • sie überschläft die Sache und gewinnt Abstand
    • Sie geht auf N.s Kindheitstrauma ein
    • Sie nimmt N.s Gegenargumente vorweg
    • Sie versucht eine psychologische/ logische Erklärung
    • Sie gibt gute Ratschläge: Sei heiter, heiter!

  • In welchen Bildern, welchen Gegensätzen denkt Clara?
    Stichworte
    • Das Innere vs. wirklicher Außenwelt
    • die bunte Oberfläche vs. das Geheimnisvolle der Tiefe
    • das heitere Gemüt vs. die dunklen Mächte
    • das Frfemde und das Eigene

  • Beschreibe Claras Charakter? Was ist ihre Lebenskonzept?
    Stichworte
    • Nomen est omen: CLARA → die Aufgeklärte und Aufklärende ...

  • Versuche, Claras psychologische Erklärung in eigenen Worten wiederzugeben: Wie kommt es zu jenen „Phantomen unseres eigenen Ich”?
    Stichworte
    • Es gibt eine dunkle, psychische Macht, ein ”fremdes, feindliches Prinzip", das in uns einzudringen versucht, sich zu unserem Selbst gestalten will.
    • Aber: Dem kann sich ein heiterer Sinn erfolgreich widersetzen, indem er „es” erkennt und seinen Weg ruhigen Schrittes weitergeht (sich nicht ver-rücken lässt).
    • Unterliegt man jedoch dem Fremden, so wird dadurch der eigene, dunkle, trübe Geist entzündet („Feuer”) und produziert Wahnvorstellungen (”Phantome unseres eigenen Ich”, die dann als Realität zurückgespiegelt werden (der klare und der trübe Spiegel useres Verstandes).

II. Themen für Gruppenarbeit

  1. Findet die dramatische Grundstruktur in dieser Novelle:
    Stichworte
    • Exposition - Entwicklung - Krise - Verzögerung Katastrophe

  2. Arbeitet die Formen und Stadien von Nathanliels Wahnsinn (→ Ver-rückung) heraus.
    Stichworte
    • Kindheits-Trauma - Verdichtung düsterer Ahnungen - Zornausbrüche - Liebesschwärmerei - Belebung Olimpias toter Augen - Selbstmord

  3. Arbeitet Elemente von Satire und Gesellschaftskritik heraus.
    Stichworte
    • Schilderung von N.s Liebeszuständen
    • Schilderung von Olimpias Verhalten in Gesellschaften
    • Die Darstellung der besseren Kreise und ihrer Teezirkel
    • Der Schluss: Happy End als Spießerkritik

  4. Erscheinungsformen von Dualismus
    Stichworte
    • Außenwelt (Realität) - Innenwelt (Seele und Phantasie)
    • Helligkeit (Claras Augen) - Dunkelheit
    • wirre Schwärmerei - Claras Logik
    • dunkle Ahnungen - Heiterkeit
    • Regel- und Ebenmäßigkeit des Automaten - Unregelmäßigkeit als Lebensbeweis

  5. Das Augen-Motiv: Wo und in welchen Formen taucht es auf?
    Stichworte
    • Märchen vom Sandmann - alchemistischer 'schwarzer' Zauber - Die Verzauberung durch Brillen und Ferngläser - Olimpias Augen - Claras Augen (Spiegel/See-Metapher)

  6. Erörtert am Beispiel von E.T.A. Hoffmanns Novelle die Frage: Ist Technik Teufelswerk - etwas, das den Menschen bedroht?


III. Der Erzähler: Was veranlasst ihn zum Schreiben? Wie charakterisiert er sich und seine Absichten? Seine Schwierigkeiten und seine Lösung?

  Das gebrochene Verhältnis von Kunst und Wirklichkeit

Schreibanlass

    Das Wunderliche und Ungereimte des „wirklichen Lebens" bewirkt den inneren Drang und Bedürfnis zur Mitteilung

Problem

    Die Unfassbarkeit der disparaten Wirklichkeit durch die verfügbare Sprache: → „Stammeln", Unfähigkeit, den „Farbglanz des inneren Bildes" angemessen zu spiegeln.

Definition

  • Kunst ist dunkler, unvollkommener Widerschein des Lebens in einem matt geschliffenen Spiegel.

Lösungsversuch

  • Die Protagonisten werden in ihren Selbstäußerungen zu Wort gebracht → Briefe. Dadurch: Höchstmaß an Authentizät und größtmögliche Annäherung an Wirklichkeit.
  • Innenschau statt Außenansicht: Nacherleben des Geschehens aus der subjektiven Sicht der handelnden Personen, keine Objektivität des allwissenden Erzählers, keine Vor-Beurteilung der Ereignisse durch den Erzähler.
  • ABER: Hält der Erzähler dies durch?


IV. Für Interessenten und Spezialisten: Sigmund Freud über „Das Unheimliche” (1919)

Der Psychoanalytiker Sigmund Freud beschäftigt sich in einem Aufsatz mit dem "Unheimlichen" und geht dabei beispielhaft auf E.T.A. Hoffmanns Novelle ein. Was ist seine Interpretation der Ereignisse und welche These stellt er auf?

Stichworte
  • Fragestellung: Wie kommt die Wirkung des Unheimlichen in Hoffmanns Sandmann zustande?
  • Hypothese: Durch die Ungewissheit beim Leser über die Identität Olimpias als Mensch oder Maschine.
  • Freuds Gegenthese: Das Unheimliche kommt aus dem Motiv des Sandmanns, denn die Verunsicherung durch Olimpia wird vom Erzähler ja selbst schon aufgehoben. Dennoch bleibt der Eindruck des Unheimlichen.
  • Lösungsvorschlag aus Sicht der Psychoanalyse und ihrer Erkenntnisse über Kinderängste: Es ist die Angst vor dem Verlust der Augen. Und diese Augenangst ist wiederum eine verschobene „Kastrationsangst"!
  • In Hoffmanns Novelle tritt der Sandmann immer zwischen Nathanael und die von ihm geliebten Personen: Der Vater, Olimpia, Clara. Er (zer-)stört diese (libidinösen) Beziehungen.


Der Aufsatz ist HIER (pdf) oder in den Beständen der Uni-Bibliothek Heidelberg (S. 303ff)) zu finden. Sigmund Freud geht in diesem Aufsatz auch auf die Figur des „Doppelgängers" ein, welche in dem Roman „Die Elixiere des Teufels” von E.T.A. Hoffmann eine wichtige Rolle spielt.

Mit dem "Unheimlichen" in der „schwarzen” Romantik und speziell bei E.T.A. Hoffmann beschäftigt auch dieser Beitrag zur Unterrichtsreihe „Der Sandmann“ im E.T.A. Hoffmann-Portal (Staatsbilbiohtek zu Berlin).


(cc) Klaus Dautel

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