Georg Büchner  LENZ

J.W.v.Goethe über J.M.R Lenz:

"Klein, aber nett von Gestalt, ein allerliebstes Köpfchen, dessen zierlicher Form niedliche etwas abgestumpfte Züge vollkommen entsprachen; blaue Augen, blonde Haare, kurz, ein Persönchen, wie mir unter nordischen Jünglingen von Zeit zu Zeit eins begegnet ist; einen sanften, gleichsam vorsichtigen Schritt, eine angenehme, nicht ganz fließende Sprache und ein Betragen, das zwischen Zurückhaltung und Schüchternheit sich bewegend einem jungen Manne wohl anstand. Kleinere Gedichte, besonders seine eigenen, las er sehr gut vor und schrieb eine fließende Hand. Für seine Sinnesart wüßte ich nur das englische Wort whimsical, welches, wie das Wörterbuch ausweist, gar manche Seltsamkeiten in einem Begriff zusammenfaßt."

aus: Dichtung und Wahrheit, Dritter Teil, 11. Buch, siehe auch Dritter Teil, 14. Buch

Georg Büchner: LENZ (1835)

"Den [20. Januar] ging Lenz durch's Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Thäler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen. Es war naßkalt, das Wasser rieselte die Felsen hinunter und sprang über den Weg. Die Äste der Tannen hingen schwer herab in die feuchte Luft. Am Himmel zogen graue Wolken, aber Alles so dicht, und dann dampfte der Nebel herauf und strich schwer und feucht durch das Gesträuch, so träg, so plump. Er ging gleichgültig weiter, es lag ihm nichts am Weg, bald auf- bald abwärts. Müdigkeit spürte er keine, nur war es ihm manchmal unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehn konnte."

3-6 Lenz' Wanderung und Ankunft bei Oberlin. Empfindungsfülle: äußere (Gewitter) und innere Unruhe, Leere, Angst, Nichts, Wahnsinn

6-8 Lenz begleitet seinen Gastgeber, Pfarrer Oberlin, auf dessen Ausritt durch die Gemeinde, Oberlins tätige Art gibt Lenz Halt, doch am Abend überfällt ihn die Angst und er muss wieder im kalten Brunnen baden.

8-l0 Lenz möchte am Sonntag predigen, Oberlin lässt es zu. Lenz' Art zu predigen rührt die Menschen. In seinem Zimmer dann bricht er in Tränen aus.

10/11 Anregende Gespräche mit Oberlin über die Zusammenhänge von Natur, Gemüt und Intellekt

11-15 Freund Kaufmann kommt zu Besuch. Lenz legt seine Ansichten über Kunst und Literatur dar und findet Aufmerksamkeit. Kaufmann richtet den Wunsch von Lenzens Vaters aus, er möge zurückkommen. Lenz reagiert heftig und ablehnend.

15-18 Oberlin begleitet Kaufmann in die Schweiz. Lenz ist allein und wandert ziellos durch das Gebirge. Er übernachtet in einer Hütte, in der ein krankes Mädchen von einem als heilig geltenden Manne besprochen wird.

18 Bei Lenz hat dieses Erlebnis die innere Unruhe wieder verstärkt. In Gesprächen mit Frau Oberlin erzählt er von einem "Frauenzimmer" (Friederike Brion), das ihm sehr viel bedeute, dessen Bild ihm jedoch immer mehr entschwindet.

20 "Religiöse Quälereien": Lenz hüllt sich in Sack und Asche und geht zu dem Mädchen, das nun tot in der Hütte liegt. Er will es zum Leben erwecken, läuft rastlos durchs Gebirge, lacht ein lautes, atheistisches Höllenlachen.

21/22 Oberlin kehr zurück, erneute Ermahnung, zum Vater zurückzukehren. Lenz weigert sich, phantasiert von dem geliebten Frauenzimmer, das nun tot sei. Lenz irrt durch die Nacht, ruft den Namen "Friederike" und badet wieder im Brunnen

23-25 Lenz steht nicht vom Bette auf, klagt über 'Langeweile', stürzt sich aus dem Fenster, verenkt sich dabei den Arm. Oberlin lässt ihn bewachen, Lenz entkommt , wird aufgefunden und wieder zurückgebracht.

26-28 Lenz behauptet erneut, das Frauenzimmer sei gestorben. Sein Zustand verschlechtert sich weiter, die "Zufälle des Nachts" steigern sich, auch bei Tage kommen sie nun. Er klammert sich an Oberlin, dieser empfindet tiefes Mitleid mit ihn, man betet für ihn.

29/30 Lenz hört "entsetzliche Stimmen", stürzt sich wieder aus dem Fenster. Er wird abtransportiert.

" Lenz starrte ruhig hinaus, keine Ahnung, kein Drang; nur wuchs eine dumpfe Angst in ihm, je mehr die Gegenstände sich in der Finsterniß verloren. Sie mußten einkehren; da machte er wieder mehre Versuche, Hand an sich zu legen, war aber zu scharf bewacht. Am folgenden Morgen bei trübem regnerischem Wetter traf er in Straßburg ein. Er schien ganz vernünftig, sprach mit den Leuten; er that Alles wie es die Andern thaten, es war aber eine entsetzliche Leere in ihm, er fühlte keine Angst mehr, kein Verlangen; sein Dasein war ihm eine nothwendige Last. - - So lebte er hin."

(Seitenangaben nach Klett Leseheft: Georg Büchner, Lenz mit J.F. Oberlins Tagebuch)


(cc) Klaus Dautel

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