19.12.07
Hortus Palatinus:
12 Thesen wider den schönen Schein
Der Landesverein Badische Heimat e.V. sieht mit höchsten Bedenken,
mit welcher Eile das Projekt um den Hortus Palatinus auf den Weg
gebracht wurde. Er nimmt in "12 Thesen wider den schönen Schein"
zu diesen Umbauplänen des Heidelberger Schlossgartens Stellung
und begründet die hier aufgestellten Thesen.
1. Die einzige Legitimation zur Rekonstruktion verlorenen historischen
Erbes ist die ungebrochene und lebendige Liebe im Herzen der Menschen.
Alles andere ist ein Griff in die Mottenkiste. 2. Schönheit allein
ist nur ein subjektives Empfinden, aber keine Legitimation für
Rekonstruktion oder Restaurierung - ebenso wie der Mangel daran
eine Legitimation für Abbruch oder Zerstörung ist. 3. Eine - auch
in einem begrenzten Areal vorgenommene - flächig dichte "Rekonstruktion"
hebt den einen geschichtlichen Aspekt heraus und gibt ihm allein
den Anschein historischer Gültigkeit. Auf der einen Seite müssen
dann einzelne Elemente wegen deren Fragwürdigkeit ausgeblendet
werden, auf der anderen Seite betritt man mit der Herstellung
von Farbigkeit in den Beeten das weite Feld der haltlosen Spekulation.
So entsteht keine Rekonstruktion, sondern ein Bastard der gegenwärtigen
Willkür. 4. Der geplante Nachbau des Gartens reduziert die Geschichte
ganz im obrigkeitlichen Sinn auf die glanzvollen Höhepunkte, während
die Tiefpunkte der Geschichte ausradiert und überbaut werden. 5.
Der Nachbau einer reduzierten Bilderkulisse im Stil des Manierismus
stellt im 21. Jahrhundert keine Herausforderung dar, die Heidelberg
angemessen wäre. Die Plangestalter erweisen damit nur ihre Angst,
sich neuen Innovationen zu stellen. 6. Der Nachbau einer Anlage,
die wesentliche Elemente ihrer eigentlichen Bedeutung ausblendet,
verweist das kulturelle Erbe in den Bereich der Beliebigkeit,
degradiert es auf den schönen Schein einer Allen gefälligen Gartenschau.
Das widerspricht eklatant dem Streben der Stadt, als Weltkulturerbe
anerkannt zu werden. 7. Wer an einem Objekt von solcher Bedeutung
die Forderungen der Denkmalpflege außer Acht lässt, versündigt
sich am historischen und kulturellen Erbe. 8. Auch wenn die Hoffnungen
auf archäologische Funde nicht groß ist, muss vor dem Beginn aller
Bauarbeiten eine detaillierte und umfassende archäologische Dokumentation
stehen, da der Bau selbst diese Spuren beseitigen oder für die
nächsten hundert Jahre zudecken wird. Vor dem Beginn der Planungsarbeiten
muss außerdem eine - offene! - breite wissenschaftliche Diskussion
stehen. 9. Archäologische Dokumentation und wissenschaftliche
Diskussion sind unabdingbare Voraussetzungen dafür, um an dieser
Stelle überhaupt etwas verändern zu dürfen. 10. Die Tatsache,
dass Spendengelder zur Verfügung stehen, darf kein Grund dafür
sein, in unangemessen überstürzter Weise eine Planung anzugehen.
Der Initiator der Stiftung "Hortus Palatinus" hat sich durch seinen
völlig abstrusen Rekonstruktionsvorschlag am Beginn seiner Kampagne
selbst disqualifiziert. 11. Buchsbaumanlagen, begrünte Laubengänge
und seelenlose Kies-Broderien bieten keine Aufenthaltsqualität,
die den Verlust der offenen Anlage ausgleichen könnte. Moderne
Kultur soll zum Mitmachen und zum aktiven Erleben einladen, nicht
nur zum geistlosen Anstarren einer nachgebauten Kulisse. 12. Mit
der Vergabe von Planungsaufträgen nur an ausgewählte Gartenbauarchitekten
und der Formulierung von Vorgaben werden Fakten geschaffen, die
der Grundforderung nach offener Diskussion widersprechen.
Wir fordern:
Ausschreibung eines offenen Ideenwettbewerbs zur Neugestaltung
des Schlossgartens unter vollständiger Berücksichtigung der von
den oberen Ebenen der Denkmalpflege erhobenen Forderungen und
unter Verzicht auf den Gedanken, "rekonstruieren" zu wollen.
Wir fordern weiterhin ein Moratorium aller bereits eingeleiteten
Schritte, um gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege zu
einer konstruktiven Lösung zu kommen.
mehr: Der Kommentar zu
den 12 Thesen
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