Blinkist ist eine App, die Sachbücher so auf ihre Kernaussagen verdichtet, dass sie in 15 – 20 Minuten Lese- oder Hörzeit zur Kenntnis genommen werden können. Das dahinter stehende Startup ist in Berlin angesiedelt, existiert seit 2012 und ist sehr erfolgreich.

Das Jahresabonnement kostet knapp 80 Euro, die ersten sieben Tage sind als Probeabo kostenlos.

Die „großen Ideen der besten Sachbücher werden in einprägsame Kurztexte verpackt“, Blinks genannt, (blinkist.com/about), die mittlerweile 3000 Bücher sind in 27 Kategorien gruppiert, wie z.B. Bildung & Wissen.

Die Präsentation jedes Buches erfolgt nach einem Muster, das DeutschlehrerInnen so auch für die Inhalts- und Textwiedergabe vorschlagen: Worum geht’s – Für wen – Von wem – Was steht drin – Was bleibt.

So gesehen eine gut gemachte App und ein attraktives Konzept, hinter dem viel Arbeit steckt.

Als Lehrer interessieren mich natürlich Bücher über Bildung & Wissen, wie z.B. das von Jürgen Kaube mit dem Titel: „Ist die Schule zu blöd für unsere Kinder?“ Jürgen Kaube ist Journalist und leitete das Ressort Geisteswissenschaften bei der FAZ. Sein Buch sollten nach Ansicht der Blinkist-Autoren alle lesen, „die wissen wollen, wie es aktuell in deutschen Schulen aussieht”. Die „Blinks“ sollen zeigen, „wie Schulen unter unsinnigen Reformen leiden“.

Als interessierter Leser und Lehrer fällt mir der äußerst spärliche Einsatz der indirekten Redewiedergabe sowohl in dieser und als auch in anderen Buchdarstellungen auf. Es klingt, als machten die Blinkist-Redakteure sich die Autoren-Meinungen zu eigen und stellen diese als Tatsachen dar.

Das beunruhigt mich. Da man sich aber freue „zu hören, wie wir unsere Inhalte rüberbringen“, bin ich der Aufforderung mit folgender Mail an die angegebene Adresse gefolgt:

Liebes Blinkist-Team,

ich befinde mich noch in der Kennenlern- und Entscheidungsphase im Hinblick auf das Premium-Abonnement. […] Was mich sofort für die App eingenommen hat, ist der ziel- und leserorientierte Aufbau der Blinks von „Worum geht’s“ bis zur „Zusammenfassung“. Nachdem ich einige Buchdarstellungen gelesen habe […], bin ich auf eine für mich entscheidende Sache gestoßen: der fehlende Konjunktiv!

Ich will das am Beispiel des obigen Titels verdeutlichen. In der „Zusammenfassung“ heißt es: „Diese Blinks haben gezeigt … Es herrscht ein allgemeines Desinteresse an Inhalten, stattdessen lernen Schüler nutzlose Techniken wie korrektes Markieren.“

Aber: Ist das eine Tatsache? Höchstens eine Tatsachenbehauptung oder auch nur ein Ressentiment. Eigentlich sollte mir gezeigt werden, dass nach Ansicht eines älteren Herrn, der einmal für eine konservative Zeitung geschrieben hat, Schüler heute nur noch markieren lernen würden. Das ist eine Meinung, möglicherweise gut begründet – aber mehr nicht.

Sie merken schon, ich bin Deutschlehrer. Wir versuchen unseren Schülern den Unterschied zwischen Meinungen und Tatsachen beizubringen, das ist so wichtig wie nie zuvor, seit unsere Schüler – nicht nur die – ihr Wissen auch aus dem Internet beziehen. Ein Umstand, von dem Sie ja profitieren und wofür Sie auch eine nicht allzu geringe Verantwortung haben. Viele Schüler glauben das, was „im Internet steht“ sofort und manche schreiben das auch ab.

Vermutlich haben Sie im Team nach längeren internen Diskussionen die Entscheidung getroffen, auf die „indirekte Redewiedergabe“ weitgehend zu verzichten. Meine Bitte dennoch: Überdenken Sie diese Entscheidung bzw. Praxis. Unterstützen Sie Lehrerinnen und Lehrer, es reicht ja schon der Konjunktiv I und vermehrt die „würde“-Form. Oder auch Formulierungen wie „nach Ansicht des Autors“ oder „der Autor kommt zu dem Schluss, … “.

Ich würde dies für einen wichtigen Beitrag zur Bildung von Medien-Kompetenz halten, auch wenn Jürgen Kaube von Lernkompetenzen (vgl. Blink 4) nichts zu halten scheint.

Ich verbleibe mit besten Wünschen

und der leisen Hoffnung auf eine Reaktion

Klaus Dautel

 

P.S.: Meine „leise Hoffnung“ wurde erfüllt!

30. Jan., 16:21 CET

„Hallo Klaus,

vielen Dank für Deine Nachricht. Es ist tatsächlich so, dass wir in der Vergangenheit das Feedback bekommen haben, dass Formulierungen wie „nach Ansicht des Autors“ entfremdend klingen und suggerieren würden, dass wir mit der entsprechenden Ansicht nicht einverstanden wären, weshalb wir uns dadurch davon distanzieren wollen würden. Ich verstehe aber Dein Bedenken und finde, dass Deine Nachricht ein wertvoller Beitrag zu der Diskussion in unserem Redaktionsteam leistet, also werde ich sie entsprechend weiterleiten.
[…]
Freundliche Grüße aus Berlin
Plamena“

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