Ab der 6. Klasse werden die Inhalte des Mathematikunterrichts komplexer und abstrakter. Kognitive Fähigkeiten wie das Abstraktionsvermögen entwickeln sich bei Schüler:innen jedoch in unterschiedlichem Tempo. Das führt dazu, dass manche Schüler:innen durch Misserfolgserlebnisse die Lust an Mathematik und Naturwissenschaften verlieren. Das zweijährige Programm „Mkid – Mathe kann ich doch!“ will diesen Interessensverlust stoppen: Es richtet sich an Schüler:innen der 6. Klasse, die Potenzial für Mathematik haben, dieses aber nicht nutzen. Das Programm wird aktuell an 50 Schulen in Baden-Württemberg von der Vector Stiftung in Kooperation mit dem Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Stuttgart durchgeführt. Künftig sollen es noch deutlich mehr Schulen werden. Damit möglichst viele Schulen, auch außerhalb von Baden-Württemberg, von Mkid profitieren können, sind die Kursleitermaterialien bei ZUM eingestellt.

„Das brauchen Sie mir gar nicht zu erklären, ich verstehe das sowieso nicht.“ Wie oft hören Mathematik-Lehrkräfte diesen Satz in ihrem Unterricht! Eltern verzweifeln, weil ihre Kinder jegliche Art von Hilfe ablehnen. Was steckt dahinter?

Fragt man Schüler:innen, in welchen Fächern es die gerechtesten Noten gibt, dann liegt Mathematik neben Chemie und Physik auf den vorderen Plätzen. Das ist nicht weiter verwunderlich, weil die Ergebnisse von Mathematikaufgaben besonders objektiv bewertet werden können. Im Unterrichtsgespräch zeigt sich in diesen Fächern auch sehr schnell, ob man den Inhalt verstanden hat.

In der Pubertät geht das Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften bei vielen verloren

In der Pubertät hinterfragen junge Menschen ihre Fähigkeiten, ihr Aussehen, sich selbst. Hinzu kommt, dass die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten unterschiedlich schnell verläuft. Im Unterricht der Klasse 6, die gewöhnlich mit dem Beginn der Pubertät zusammenfällt, wird wenig Rücksicht darauf genommen, wie weit das Abstraktionsvermögen der Schüler:innen entwickelt ist. Deshalb haben diejenigen Misserfolgserlebnisse, für die manche Aufgaben zu früh im Hinblick auf ihre kognitive Entwicklung gestellt werden. In Kombination mit der Einsicht, dass die Bewertung ihrer Leistung gerecht ist, kann nur logisch gefolgert werden, dass es an der eigenen Begabung liegt: Mathe kann ich nicht!

Aufgrund der vermeintlich fehlenden Begabung wenden sich Schüler:innen deshalb lieber anderen Fächern zu. Das hat fatale Folgen, weil die Mathematik ein Gedankengebäude ist, bei dem fehlende Bausteine das Gesamtwerk zum Einsturz bringen. Es genügen wenige Misserfolge, um eine Abwärtsspirale in Gang zu setzen, die kaum noch aufzuhalten ist. Auf diese Weise verlieren wir potenziell mathematisch-naturwissenschaftlich erfolgreiche Schüler:innen für immer!

Mit den richtigen Strategien komplexe Sachverhalte lösen – Das Programm „Mkid – Mathe kann ich doch!“

Deshalb hat die Vector Stiftung in Kooperation mit dem Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Stuttgart 2017 das Programm „Mkid – Mathe kann ich doch!“ aufgelegt. Mkid richtet sich an Schüler:innen der 6. und 7. Klasse, die Potenzial für Mathematik und Naturwissenschaften haben, dieses aber nicht nutzen. Sie sollen sich als kompetent in diesen Fächern erleben und ihr Selbstbild soll sich so verändern, dass sie erkennen: Mathe kann ich doch!

Wie stärkt man nun das Selbstkonzept in Mathematik?

Ausgehend von der Motivationstheorie von Deci und Ryan legen wir Wert auf Kompetenzerleben, soziale Eingebundenheit und Selbstbestimmtheit. Letztere erfordert einen Impuls der Eltern. Im Laufe der Zeit sollen die Schüler:innen aber aus eigenem Antrieb die Mkid-AG besuchen.

Das Kompetenzerleben verlangt schwierige Aufgaben sowie Strategien, mit denen man diese selbstständig lösen kann. Schwierig müssen die Aufgaben sein, weil man nur dann ein echtes Erfolgserlebnis hat. Die Leitlinie zum Kompetenzerleben lautet: „Wer die richtigen Strategien kennt, kann schwierige Probleme lösen. Mathe kann ich doch!“

Die Implementierung und Durchführung von Mkid-AGs an Schulen

In einer mehrtägigen Fortbildung lernen die Kursleiter:innen anhand der Kursmaterialien, wie sie das Selbstkonzept der Schüler:innen nachhaltig stärken. Das Erlernte setzen sie in Mkid-AGs an Schulen in Baden-Württemberg um. Den Schulen bleibt die schwierige Aufgabe, die richtigen Schüler:innen auszuwählen. Dies kann nur über die Eltern gelingen, weil niemand, der Mathematik ablehnend gegenübersteht, freiwillig eine Mathe-AG besucht.

Soziale Eingebundenheit

Durch Ausflüge soll ein Wir-Gefühl in der Gruppe entstehen. Die Mkids erleben gemeinsam, dass Mathematik und Naturwissenschaften Spaß machen können. Die Erfahrungen zeigen, dass die Schüler:innen auch deshalb gerne in die AG gehen, weil sie sich als Teil der Gruppe wohl fühlen.

Mehr Informationen zum Programm und zur nächsten Anmeldephase für das Schuljahr 2022/23, die im März 2022 für Schulen in Baden-Württemberg startet:  https://vector-stiftung.de/foerderbereiche/#mkid

Hier geht es zu den Mkid-Materialien: https://mkid.zum.de

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