Die Grundidee des „Flipped Classrooms“ ist es, die Inhaltsvermittlung, die traditionell gemeinsam vor Ort mit dem Lehrer stattfindet, und das Üben und Vertiefen, das zu Hause allein erledigt wird, zu vertauschen. Das Ziel dabei ist es, Zeit für das gemeinsame Lernen und das Anwenden des neu Gelernten zur Verfügung zu haben.

Die Wissen- bzw. Inhaltsvermittlung wird nach Hause verlagert und erfolgt unabhängig von Zeit und Ort. Aufgabe des Lehrers ist es, diese Vermittlung durch die Bereitstellung von Lernmaterialien zu gewährleisten. Besonders geeignet sind hierfür Videos. Diese können entweder selbst erstellte Screencasts sein, oder bereits vorhandene. Die Schülerinnen und Schüler können den Vortrag an ihre eigene Lerngeschwindigkeit anpassen. Das Video kann zwischendurch angehalten werden, um sich selbst Zeit zu geben, neue Informationen zu verarbeiten, als auch können Teile des Inhalts, die unklar waren, wiederholt angesehen werden. Gerade der gewohnte und vertraute Umgang der Schülerinnen und Schüler mit digitalen Medien führt zu einem hohen motivationalen Anreiz, sich mit den neuen Inhalten auseinander zu setzen.

Die Übungsphasen im Unterricht profitieren durch die Anwesenheit des Lehrers und der Mitschüler. Die Schülerinnen und Schüler werden gezielt bei ihrer Lösungsfindung unterstützt und individuell gefördert. Durch die Auslagerung der Wissensvermittlung bleibt im Unterricht mehr Zeit für das Wesentliche.

Durch das „Flipped Classroom-Modell“ lernen die Schülerinnen und Schüler sich selbständig Inhalte zu erarbeiten, ihr Wissen auf Aufgabenstellungen anzuwenden, variabel damit umzugehen und Verantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen. Es erfüllt die Ansprüche eines kompetenzorientierten Unterrichts in besonderer Weise.

Auf das „Flipped Classroom-Modell“ bin ich im Rahmen meiner Hausarbeit zum 2. Staatsexamen gestoßen. Ich wollte eigentlich den Nutzen und die Umsetzungsmöglichkeiten digitaler Medien im Mathematikunterricht untersuchen, bin bei der Literaturrecherche zufällig auf die Methode des „Flipped Classrooms“ gestoßen und war sofort neugierig und daran interessiert, es auszuprobieren. Ich entwickelte eine Sequenz zum Satz des Thales und eine weitere zur Satzgruppe des Pythagoras.

Beide können auf meiner Seite im Projektwiki abgerufen werden: https://projektwiki.zum.de/wiki/Benutzer:Matthias_Mohr

Grundsätzlich muss gesagt werden, dass das „Flipped Classroom-Modell“ als eine von vielen Methoden im Repertoire eines Lehrers oder Lehrerin gesehen werden muss und nicht als eigenständige Pädagogik. Es sollte stets didaktisch begründet werden können, ob der „Flipped Classroom“ den Lernprozess in der entsprechenden Phase wirklich unterstützt und welchen Vorteil es gegenüber herkömmlichen Methoden bietet. Durch die gezielte Berücksichtigung des mehrkanaligen Lernens gelingt es diesem Modell, für jeden Schüler und jeder Schülerin eigene Lernbedingungen zu schaffen, vorausgesetzt sie bringen die nötige Eigeninitiative mit. Dieser individuelle Charakter bietet den Schülerinnen und Schülern daher vielfältige Möglichkeiten.

Ich konnte in meinen Klassen beobachten, dass leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler viel aktiver am Unterricht teilnahmen und auch qualitativ hochwertigere Unterrichtsbeiträge lieferten. Jedoch fällt es gerade ihnen schwerer, die neuen Inhalte zu durchdringen und aufzubereiten, wodurch sich für sie ein höherer Zeitaufwand als für die herkömmlichen Hausaufgaben ergab. Die Schülerinnen und Schüler empfanden den „Flipped Classroom“ als eine nette Abwechslung zum alltäglichen Unterricht, mit dem sie gerne häufiger unterrichtet werden würden, jedoch mit dem großen Kritikpunkt des gestiegenen Zeitaufwands. Bei leistungsstarken Schülerinnen und Schülern kam die Methode sehr gut an, da sie in einem besonderen Maß gefördert und gefordert wurden und sie das neu erworbene Wissen kreativer als im „normalen“ Unterricht anwenden konnten.

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