Zu LPE 11.10: Projekt "Gott und die Welt im
Internet"
Im RZ der Universität Freiburg: 13 Schüler des
Wentzinger-Gymnasiums Freiburg 18. bis 23.07.96 im Rahmen der
Projekttage "Miteinander leben"
© Rainer Vorrath, Pfr. - Freiburg, den 30. Juli 1996
Einführung
Kleines Plädoyer für einen ethisch verantworteten
Umgang mit neuen Kommunikationsmedien in unseren Schulen.
Es tut sich was in deutschen Schulen - Gott sei
Dank! Von der rasanten weltweiten Entwicklung der elektronischen
Kommunikationsmedien kann und wird auch unser Bildungswesen in
Deutschland nicht unberührt bleiben. "Schulen
ans Netz e.V." ( Bundesbildungsministerium/Telekom) und
andere Initiativen unterstützen die Anbindung unserer Schulen an
das Internet in einem noch ausbaufähigen Umfang. Über 1000
Internet-Projekte sind bei "SaN e.V.", bei den
Kultusministerien und Oberschulämtern beantragt. Mehrere hundert
deutsche schulrelevante Seiten (z.B. die ZUM),
Lehrer- und Schüler-Home Pages (sehr unterschiedlicher Qualität)
schmücken inzwischen das Netz.
Für unser Wentzinger-Gymnasium sind vier
Projektanträge gestellt - u.a. zum Weltethos der Religionen -, um
die nötigen Mittel für den Anschluß ans Netz über die Universität
Freiburg zu erhalten. Die Fragen bezüglich des Anschlusses
(ISDN), der Hard- und Software, des Zugangs im Schulalltag müssen
also noch beantwortet werden. Ein Internet-Raum im Schulgebäude
ist bereits ausgeguckt.
Unser Projekt "Gott und die Welt im
Internet" war eines von über 120 Projekten, die immer am
Schuljahrsende - nach den Notenkonferenzen - von Lehrerinnen und
Lehrern, Schülerinnen und Schülern und von Eltern angeboten
werden. Dieses Jahr lautete das Motto "Miteinander
leben". Die Resonanz auf die diesjährigen Projekttage war
insgesamt sehr positiv.
Trotz aller Sparzwänge muß in die Ausbildung und
Bildung unserer Kinder investiert werden, damit sie Lebens- und
berufliche Zukunftsperspektiven haben. Es geht dabei ja nicht in
erster Linie um die Sicherung der Pensionen und Renten der Eltern-
und Großelterngeneration. Es geht zunächst einmal nur um die
Kinder und Jugendlichen selbst, um ihre Entfaltungsmöglichkeiten
heute und in 5, 10, 20 oder 30 Jahren. Wer sich als Lehrer oder
Lehrerin, als Vater oder Mutter dieser Aufgabe gegenüber gleichgültig
verhält oder sich ihr gar bewußt verschließt, handelt m. E. grob
fahrlässig.
Ein bekannter Finanzmakler wurden von
amerikanischen Studenten im Rahmen eines Symposiums einer
wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät gefragt, welche Investition
denn die erfolgversprechendste sei. Er gab zur Antwort: Die beste
Investition in die Zukunft, die er kenne, sei die in die Ausbildung
unserer Kinder.Die Studenten hatten sicher eine andere Antwort
erwartet, etwa welche gewinnträchtige Aktie, welcher Fond, ob
Immobilien, Edelmetalle, etc. zu bevorzugen seien.
Dem Makler kann ich nur zustimmen. Er hat recht,
und zwar in vielfältiger Weise, denn die Sicherung der
Zukunftsperspektiven unserer eigenen und der uns anvertrauten
Kinder ist zunächst eine Aufgabe aller im Bereich Erziehung,
Bildung und Ausbildung Tätigen. Darüber hinaus haben der Staat,
die Wirtschaft, alle gesellschaftlich relevanten Institutionen und
Gruppen- u.a. auch die Kirchen
- die Herausforderung, die sich mit der Entwicklung neuer
Kommunikationsmedien ergibt, aufmerksam zu beobachten, den
sinnvollen und kompetenten Einsatz in unseren Schulen und anderen
Bildungseinrichtungen zu fördern, und nicht zuletzt den Gebrauch
kritisch zu begleiten, damit ein ethisch verantworteter Umgang
unserer Kinder und aller nachwachsenden Generationen mit den neuen
Medien möglich wird.
Unsere Wachheit, unser Problembewußtsein in Fragen
der Ökologie, der Menschenrechte, der sozialen und ökonomischen
Fragen - innergesellschaftlich und interkulturell - ist in den
vergangenen Jahren gewachsen. Die Erfolge sind zwar bescheiden
geblieben und es gibt immer wieder auch Rückschläge zu beklagen.
Wir sollten aber diese Wachheit bei der Einführung innovativer
Unterrichtsmedien in unseren Schulen neu erlernen und zwar mit den
Schülerinnen und Schülern, mit den Eltern und mit den Kolleginnen
und Kollegen zusammen, da sonst die Qualität unseres
Bildungswesens schweren Schaden nimmt, und sich unsere Kinder im späteren
gesellschaftlichen und beruflichen Leben bei uns, im europäischen
und internationalen Vergleich mit einem niedrigen Bildungsniveau
abfinden müssen. Wer aber möchte das ?...
Mein Fazit
(richtet sich zuerst an unsere Politiker und
Beamten im Bildungswesen):
-
Es führt kein Weg vorbei an einer innovativen
und ethisch verantworteten Medienpädagogik.
-
Die Investitionen (Zeit, Arbeitskraft,
Phantasie und Geld) darf unser Staat nicht allein den hoch
motivierten Menschen in unseren Schulen überlassen. Bei der
Deputatsgestaltung sollte das Engagement in diesem Bereich berücksichtigt
werden.
-
Juristische Hürden müßten abgebaut und
Regeln gefunden werden, damit Ressourcen erschlossen werden können
- z.B. "educational sponsoring".
Von einem, der auszog, das Wandern auf neuen Pfaden
zu lernen.
Interesse am und Erwartungen der Schüler an das
Medium aufgreifen, die Netiquette (Verkehrsregeln der
"Datenautobahn") kennenlernen, sie einüben.
Bedeutung des Mediums für die Zukunft in Studium
und Beruf erkennen (Gegen verbreitete Auffassung des Netzes als
Tummelplatz für Spielwut, Sexismus, Nazismus, etc.).
Kenntnisse über verbreitete Software (Netscape,
Internet-Explorer, Web-Explorer, etc.) und Hardware (Prozessoren,
Peripherien, etc.) vertiefen und erweitern.
Hintergründe der Entstehung des WWW und seine
theoretischen und praktischen Grundlagen in Ansätzen
kennenlernen und einordnen können.
Beachten, daß gezieltes Suchen eigene und fremde
Ressourcen spart und andere Surfer nicht behindert.
Kompetenz fördern durch Hilfe beim Umgang mit
Suchroutinen und Datenbanken.
Verschiedene Dienste im Netz (Usenet, Email, ftp,
gopher) wahrnehmen.
Interessante Anbieter (URL) im Internet
kennenlern (Kirchen, FBI, White House, Schulseiten und Schülerzeitungen,
Talklines, etc.).
Freies Surfen einüben.
Einen eigenen Text für Homepage erstellen.
Vereinbarung treffen über Internet-HTML-AG nach
den Sommerferien als Ünterstützungsgruppe bei der Erstellung
einer eigenen Homepage des Wentzinger-Gymnasiums (Natürlich
unter Mitwirkung des verantwortlichen Lehrers für EDV an unserer
Schule.).
Soweit meine Zielvorstellungen in ihrer ganzen
Tiefe und Weite. Ob sie schüler- und situationsgemäß sein würden,
das war abzuwarten.
Methoden und Medien:
Die Inhalte sind bereits im vorhergehenden
Abschnitt "Ziele" aufgeführt. Bei den Methoden waren wir
an die Rahmenbedingungen des Rechenzentrums gebunden. Wir hatten
einen etwa 40 qm großen Kellerraum (R108) mit 12 Rechnerplätzen
(PC-Pentium 90 MHz, 17'' Monitore) an jedem Abend 3 Stunden für
uns allein zur Verfügung. Am Dienstag nachmittag belegten wir zum
Abschluß mit 2 Gästen den Raum für eine Stunde. Die Software:
OS2 und Web-Explorer.
An 2 Tafeln konnte ich für alle Teilnehmer
wichtige Hinweise und Begriffe anschreiben. Die Bewegungsfreiheit
war relativ gut. Nur die Luft war schlecht. So mußten wir die Tür
zum Flur ständig geöffnet halten, um nicht zu ersticken Deshalb
mußte ich ab und zu Studenten auf später vertrösten, die an
ihrem "Lieblingsrechner" arbeiten wollten.
Nach 1 ½ Stunden am Rechner war eine Pause
angezeigt. Entweder konnten wir uns am Cola- oder Kaffeautomaten im
großen Kellervorraum oder in der nahegelegenen Mensa versorgen
oder bei einem kleinen Spaziergang das schöne Sommerwetter genießen.
Im gesamten Souterrain waren noch drei weitere
Rechnerräume mit ähnlicher Größe, außerdem ein Druckerraum
(Postscript- und Nadeldrucker) und der Raum für die Aufsicht
(studentische Hilfskraft) vorhanden. Frau Patricia Jung stellte uns
nicht nicht nur ein selbst angefertigtes New-User-Script in
mehreren Exemplaren zur Verfügung, sie half uns auch bei allen
Software-problemen.
Papier, Stifte und Disketten - vor allem das
Letztere - mußten ausreichend vorhanden sein (Wichtig fürs
Downloaden!).
Einzel-, Partnerarbeit, Einzelgespräche und Gespräche
im Plenum sollten für Abwechslung und Kommunikation unter den Schülern
sorgen.
Der Uni-Betrieb ging also um uns herum weiter.
Trotz Semesterferien herrschte hier ein reges Kommen und Gehen.
Struktureller Ablauf:
-
Begrüßung, Eintrag in Teilnehmerliste und
Kurzeinführung (Anknüpfen an Erfahrungen und Gelerntes von
der vorherigen Sitzung) ca. 10 Min.
-
Geführtes Surfen zu 4-5 verschiedenen URLs ca.
30 Min.
-
Freies Surfen einzeln oder zu zweit mit
individueller Hilfestellung durch den Lehrer ca. 20 Min.
-
Fragen erörtern und Erfahrungsaustausch im
Rundgespräch ca. 10 Min.
-
Pause ca. 20 Min.
-
Aufgaben : Bestimmte Ziele (URLs oder Material
zu einem Thema finden, Suchkriterien eingrenzen) Einzel- oder
Partnerarbeit ca. 30. Min.
-
Freies Surfen ca. 30 Min.
-
Im Plenum Fragen und Erfahrungen besprechen,
Aufgaben, Themen der nächsten Sitzung bekannt geben. ca. 15
Min.
-
Freies Surfen und Verabschiedung ca. 15 Min.
Zur Planungs- und Durchführungsphase gehörte die
detaillierte organisatorische Vorbereitung:
Ende April wurde ich von einer erfahrenen Kollegin,
die der Initiativgruppe für die Projekttage unserer Schule angehörte,
darauf angesprochen, ob ich nicht auch ein eigenes Projekt anbieten
wolle: "Taize´ oder so...", was sich ja bei einem jungen
(46jährigen) Theologen, der zudem noch neu in der Schule sei, anböte.
Nun war ich, das muß ich zu meiner Schande
gestehen, noch nie bei Bruder Roger, was ich in diesem Sommer sehr
gern für mich allein nachholen möchte; aber es gab, wie ich dann
feststellen konnte, bereits eine Gruppe, die im Rahmen der
Projekttage nach Taize´ fahren wollte.
In jenen Tagen ging in Freiburg und in unserer
Schule eine Art "Internet-Fieber" um, das sich in heißen
Diskussionen über Sinn, Unsinn oder Gefahr dieses neuen,
unbekannten, und vielleicht gerade deshalb so bedrohlich, zumindest
verunsichernd wirkenden Mediums, entlud. Die Freiburger Schulen
wurden vom Oberschulamt aufgefordert, Bedarf für einen
Internet-Anschluß anzumelden, und zwar mit möglichst konkreten
Projektvorschlägen aus verschiedenen Fachbereichen. Bis Anfang Mai
sollten die Anträge fristgerecht eingereicht werden, um Berücksichtigung
im Auswahlgremium zu finden.
Bis Mitte Mai hatte die Initiative "Schulen
ans Netz e.V." bundesweit - unter Zusage umfangreicher Mittel
- eine Ausschreibung für Schulprojekte im Internet terminiert. In
wenigen Tagen mußten also die Schulen - gemeint sind vor allem die
Lehrer und Lehrerinnen - , die "den Zug nicht verpassen
wollten", Projektideen sammeln, bedenken, planen, sie auf
ihren Realitätsbezug überprüfen und schließlich schriftlich
fixieren.
Dieses Engagement wurde von einigen interessierten
Kolleginnen und Kollegen in einer Zeit aufgebracht, da sich das
Schuljahr dem Ende neigte und das Abitur im vollen Gang war. In
dieser Situation dachte ich mir: "Wenn schon Internet, dann
ganz Internet. Möglichst an der Uni Freiburg - u.U. ein zukünftiger
Ausbildungsplatz unserer Schüler."
Die interessierten Schüler sollten in diesen
Projekttagen also schon jetzt einen Vorgeschmack auf eine optionale
Internet-Praxis in unserer Schule im neuen Schuljahr 1996/97
bekommen.
Dank der sehr informativen Hilfe meiner Kollegin
vom Freiburger Theodor-Heuss-Gymnasium, Frau Margit Fischbach, und
der ZUM, konnte ich mit den richtigen Stellen und Personen
(Rektorat der Universität und seinem Rechenzentrum) Kontakt
aufnehmen. Ich fand überall offene Türen, wobei mir die Tatsache,
das Semesterferien waren, entgegenkam. Mit dem Leiter Herrn
Dr.Degenhardt traf ich mich vor Ort, wo er mich in die Handhabung
der Hard- und Software einführte, und auch sonst für allerlei
Fragen meinerseits zur Verfügung stand.
Die Kosten blieben erfreulich gering: Die
Uni-Verwaltung verlangte nur 50,- DM Raummiete für alle
Projekttage zusammen (insgesamt 10 Stunden am Netz, mit zunächst
16, nach zwei Tagen noch mit 13 Teilnehmern). Es wurde von mir
einiges Material besorgt: Disketten, Papier, Stifte, ein
Polaroid-Film (für Aufnahmen unserer Schüler am PC) u.v.a.m. Als
Teilnehmerbeitrag blieben dann nur noch 10,- DM - auch für
finanzschwache Familien erschwinglich.
Zweimal war ich vor Projektbeginn im RZ, um mich
selbst mit der ungewohnten Software vertraut zu machen, denn statt
OS/2 und Web-Explorer benutze ich am heimischen PC Windows 95,
Netscape 2.01, WfW 7.0 und den Internet Assistant 2.0z als Editor.
Den Internet-Explorer 2.0 habe ich auf meiner Festplatte nur
installiert, um eine zusätzliche Kontrolle über meine Web-Seiten
zu haben, denn es ist immer gut zu wissen, wie die Seiten auf
anderen Browsern aussehen. Das entspricht m.E. auch der Netiquette,
wenn ich mir jeweils die Frage stelle: Welches Leid oder welche
Freude füge ich dem geneigten Betrachter meiner Web-Seiten durch
deren Aufmachung zu ?!
Nun zu den Schülern: Sie kamen etwas unsicher in
das RZ und mußten behutsam mit den örtlichen Gegebenheiten
vertraut gemacht werden. Im Foyer stehen zwei Terminals: Einer mit
direktem Netzanschluß und einer mit einer Einführungssoftware,
die alle verfügbaren Dienste im Netz in deutscher Sprache erläutert.
Hier machte ich eine praktische Einführung. Jeder Schüler durfte
dann vor dem Eintritt in den Rechnerraum im Keller eine Frage zum
Internet beantworten. Die richtige Antwort galt als Eintrittskarte.
Bei einer falschen Antwort mußte der Schüler noch einmal an den
Eingangsterminal, um die richtige Antwort zu finden. Letztendlich
waren alle erfolgreich, wenn auch nicht gleich beim ersten Versuch.
Neben anfänglicher Unsicherheit machte sich auch
eine gewisse Aufgeregtheit bemerkbar, so daß ich die 12 bis 16jährigen
Teilnehmer (Zwei Mädchen hatten unser Projekt - allerdings nur als
2. oder 3. Priorität - gewählt, und sich schließlich doch für
ein anderes Projekt entschlossen.) öfter darauf hinweisen mußte,
den Lautstärkepegel zu senken.
Aus diesem Grund ging ich mit den Schülern zu den
anderen Rechnerräumen, damit sie die ruhige und konzentrierte
Athmosphäre dort wahrnehmen und für sich auch übernehmen
sollten. Es sollte ja nicht so sein, daß die Studentinnen und
Studenten an den anderen Arbeitsplätzen gestört würden. Mein
Ziel habe ich, ehrlich gesagt, nicht ganz erreicht, aber von der
zweiten Sitzung an wurde unsere Arbeitsathmosphäre entspannter,
vertrauter und damit auch ruhiger.
Einige Teilnehmer hatten bereits URLs gesammelt,
und versuchten nun beim freien Surfen diese anzuspringen. Eine
Zensur übte ich nicht aus, da zuvor ausführlich über die
Netiquette informiert wurde und bei einem zufällig entdeckten
Verstoß der Aussschluß aus dem Projekt drohte.
Die beliebtesten Themenbereiche beim freien Surfen
waren:
-
Sport - Basketball (NBA), Talkline des SC
Freiburg und des SV Werder Bremen, Motorsport und Tennis
-
Musik - Pop-Gruppen und deren Home Pages
-
Astronomie - NASA, einige deutsche Institute
-
Kriminalistik - FBI, CIA
-
Technik - Alles rund um Eisenbahnen
-
Geographie und Reisen
-
Kommerz
Spannend wurde es noch einmal als die Teilnehmer
einzeln oder in Partnerarbeit ihre ersten Erfahrungen mit dem Netz
in einem Textdokument umsetzen sollten. Sie taten es gern mit der
Aussicht, daß ihr Text - um ein Foto von ihnen angereichert - von
mir ins Netz gestellt werde. Alle bewältigten dies Aufgabe und das
Ergebnis (Erste Schüler-Home-Pages) liegt nun vor. Meine ursprüngliche
Absicht, von den Schülern entsprechende HTML-Seiten entwerfen zu
lassen, scheiterte an den fehlenden Möglichkeiten und vor allem an
der Zeit.
Zwei Mütter, ein Vater, ein Kollege und zwei
Freunde zweier Teilnehmer besuchten uns auf meine allgemeine
Einladung hin, daß jeder, bedingt durch die Raumsituation, am
letzten Abend einen Besucher mitbringen könne. Die Konzentration
war an diesem Abend besonders groß.
Die Geduld wurde natürlich auch auf die Probe
gestellt, denn das WWW zeigte sich seiner angemessenen Übertragung
in die neudeutsche Sprache wirklich als das "WeltWeiteWarten".
Die Schüler hatten Spaß beim Lernen, sie konnten
Neues entdecken, vielleicht ist in ihrem Bewußtsein etwas von dem
Mythos "Internet" und den damit verbundenen Phantasien
geschwunden und eine realistischere Betrachtungsweise des Netzes
als Kommunikations- und Informationswerkzeug für Schule, Beruf und
Freizeit hat sich eingestellt.
Die Hälfte der Teilnehmer (6 Schüler) will im
kommenden Schuljahr in einer AG: "Internet-HTML-Club" auf
neue Spurensuche mit mir ins Netz gehen - evtl. bereits in unserer
Schule ?!... Ich bin gespannt und freue mich darauf.
"Prüfet alles, das Gute aber behaltet."
-
Thessalonicher 5,21
Das Projekt war spannend und hat viel Arbeit
gemacht - in allen Phasen (oder Fasen?!). Von der Vorbereitung
(Ende April) bis zum Abschluß der Aufbereitung (Anfang August) war
es ein faszinierendes Erlebnis - für die Schüler und für mich
(Mit Langzeitwirkung?!). Als Ergebnis können zunächst die neun
Schüler-Home-Pages und die neue Internet-AG unserer Schule gelten
(Innovativ ist auf alle Fälle die Anrechnung der Internet-AG auf
das Deputat der Lehrkraft durch die Schulleitung!).
Die teilnehmenden Schüler sind aber nun auch ent -
täuscht (im Sinne von: "Einen klaren Durchblick
bekommen") , und zwar insofern, als sie ihr Bild vom Internet,
das ihnen bisher durch die Werbung, die AV- und der Print-Medien
vermittelt wurde, infrage stellen müssen. Und das aus mehreren Gründen:
1. Technische, ökonomische und gesellschaftliche
Standards
-
Die Meinungsmacher und Geschmacksbildner (opinion
leaders) rufen bei ihren Adressaten oft (Allmachts- ?)
Phantasien hervor, die sie software- und hardwaremäßig nicht
erfüllen können - Gott sei Dank! Noch nicht?...
-
An den Universitäten - und erst recht an
unseren Schulen - liegen die Standards gegenüber denen der
realen Kommunikationswelt unserer Gesellschaft um Längen zurück
(Aus ethischen oder ökonomischen Gründen?...Ich vermute, aus
finanziellen Gründen ist das so, wie es ist!).
-
Die Investitionen in die
kommunikationstechnischen Entwicklungspotenzen unserer
Bildungseinrichtungen sind enorm unterentwickelt. (Welche
Auswirkungen hat hier eigentlich das aktuelle Sparprogramm
unseres Staates?).
-
Die Wirtschaft hat ein zu sehr auf kurzfristige
Markt- und Finanzerfolge gerichtetes Interesse (Wer beherzigt
eigentlich noch die grundgesetzlich verankerte,
gesellschaftliche Verpflichtung des Privateigentums? Sind die
Schulen vom Wohlwollen unserer Wirtschaft abhängig? Oder: Ist
die Potenz unserer Wirtschaft überhaupt noch in irgendeiner
Weise von der Qualität unseres Ausbildungssystems geprägt?).
-
Je mehr der ungezügelte und doch unvermeidbare
Kommerz Einzug ins Internet hält, desto mehr müssen ethisch
begründete und inhaltlich kompetente Inhalte im Internet präsentiert
werden, denn mit den wachsenden technischen Möglichkeiten wird
auch die Beeinflußung unserer Schülerinnen und Schüler, und
damit schließlich auch unseres Gemeinwesens durch die Dienste
des Internets zunehmen (Ich schätze, daß in drei bis fünf
Jahren die unsichtbare, aber sehr wirksame Grenzlinie unserer
Gesellschaft zwischen den Informationszugängern/Kommunikationsanwendern
und den davon Ausgeschlossenen markiert wird!).
2. Konkrete Erfahrungen
-
Die Teilnehmer (Schüler zwischen 12 und 16
Jahren) haben nach unserem Projekt ein größeres Problembewußtsein
(bezüglich technischer, ökonomischer, gesellschaftlicher und
ethischer Probleme= Sensibilisierung) entwickelt.
-
Sie sind kompetenter geworden im Umgang mit dem
neuen Medium "Internet".
-
Sie haben den Konflikt der "ethisch/religiös
begründeten Bindungen des eigenen Verhaltens gegenüber einem
bindungslosen Egoismus" im Bereich der neuem Medienkultur
erlebt, und durch die Netiquette eine ethisch/religiös tief
begründete Alternative erfahren.
-
Die Entdeckungen, der Spaß, die Freude beim
Surfen (schließlich gehört auch ein gewisses Entdecker-,
Spieler- oder Abenteurernaturell dazu) werden nicht über die
Geburtswehen des Internets hinwegtäuschen; sie werden jedoch
eine ernsthafte Beschäftigung und Auseinandersetzung mit
diesem Medium als Kommunikations- und Informations-, als
Forschungs- und Studienmedium durch unsere Kinder und
Jugendlichen in die Wege leiten (Die Projektteilnehmer kamen
teilweise eine Stunde früher zum Surfen ins RZ!).
-
Damit das gelingt ist es nötig, daß sich
Lehrerinnen und Lehrer allerFachbereiche dieser Herausforderung
stellen (klingt sehr pathetisch, ist jedoch m.E. wahr).
-
Eine Frage bleibt: "Warum fühlen sich Mädchen
nicht angesprochen, bzw. sich weitgehend ausgeschlossen aus der
Internet-Gemeinde?" (Für eine AG besser bedenken!)
-
Ich habe sicherlich noch einiges vergessen,
aber eines bestimmt nicht:
Ich lebe inmitten von Leben, das leben will.
Ehrfurcht vor dem Leben - auch und gerade im
Internet -
(frei nach Albert Schweitzer)
Wer selbst einmal ein vergleichbares Projekt durchführen
möchte, wende sich bitte an das Rektorat und das Rechenzentrum der
nächsten Universität. Nach meiner Erfahrung sind die Leute sehr
kooperativ.
Bitte bei der Zeitplanung beachten:Die
Semesterferien eignen sich für ein solches Internet-Projekt am
besten!
|