Heinrich Heines „Wintermärchen“

Klausur-Vorschlag: Caput XIII

  1. Stellen Sie Heinrich Heines “Wintermärchen” kurz vor.

  2. Nun zu Caput XIII:
    a) In welchem gedanklichen Zusammenhang stehen die einleitenden drei Strophen zur nachfolgenden Ansprache an den “armen Vetter”?
    b) Welche (Um-)Deutung erfährt die Jesus-Gestalt und wie ist des Dichters Haltung zu ihr?

  3. In dem Buch “Der Tod des Sokrates” von Romano Guardini finden sich folgende Bemerkungen zur ironischen Haltung:
    “Was tut ein Mensch, wenn er gegen den anderen ironisch wird? Er bringt ihn in ein fragwürdiges Licht. Das könnte er auch ohne Ironie tun. Er könnte auch direkt etwas sagen, was den Angegriffenen sonderbar oder komisch erscheinen ließe. Doch würde das verraten, daß er plump ist und ihm nichts Gutes einfällt; die Ironie hingegen ist geistreich. Im direkten Angriff wäre noch ein anderer Nachteil. Wer ihn führte, wäre in die Situation verfangen; der Ironiker hingegen steht in ihr und zugleich über ihr. Sein Angriff zeigt ihn frei und überlegen. So sagt er Anerkennendes, aber in einer Weise, daß dabei Ungünstiges zum Vorschein kommt; er stimmt zu und unterstreicht dadurch den Widerspruch nur umso stärker; er tut harmlos und verwundet umso sicherer.” (Hamburg 1959 S.16/17)
    Fassen Sie Guardinis Gedanken in wenigen Worten zusammen und wenden Sie sie auf Caput XIII an. Worauf zielt Heines Ironie?


CAPUT XIV-XVII: Der Kyffhäuser-Komplex

Zuerst ein Exkurs über das HEILIGE RÖMISCHE REICH DEUTSCHER NATION

Reichsidee: Ein immer wiederkehrendes Wunschbild deutscher Machtpolitik
- im Mittelalter die Verbindung der deutschen, italienischen und burgundischen Königreiche unter einer deutschen Kaiserkrone vereinigt
- durch die Jahrhunderte hinweg eine Idee, die den Machtanspruch der deutschen Krone auf Alleinherrschaft (Hegemonialanspruch) in Europa ideell rechtfertigen sollte.

Heines Behandlung der Barbarossa-Sage: Ein Mini-Drama
XIV Die Einführung      XV/XVI Der Traum           XVII Der Nachruf
Exposition              Begegnung und Krise        Epilog mit Pointe

Volkslied und Märchen   Satirische Verzeichnung    Bitte um Wiederkehr und  
(Wunderhorn/Grimm)      der Sagengestalt als       Erlösung (Ironische Ver-
  ->Ammenmärchen         -> unbelehrbares, unzeit-           kehrung)
                            gemäßes Fabelwesen 
        ||	
        \/

Liebe zum      Ambivalenz von   satirische   offener       Gegenwartskritik
Volksgut als   Aberglaube und   Distanz zum  Widerspruch   getarnt als Kaiserlob:
lebendigem     Aufgeklärtheit   Mythos       zur           Das Mittelalter als
Volksbewusstsein                             B.-Ideologie        kleineres Übel!

Das Kyffhäuser-Nationaldenkmal in Nordthüringen, 81 Meter hoch, eingeweiht im Jahre 1896
(Fotoquelle: Südwestpresse Ulm 18.6.1996)


Zwei Patriotische Gedichte

Emanuel Geibel: Friedrich Rothbart (um 1837)
Tief im Schooße des Kyffhäusers
Bei der Ampel rothem Schein
Sitzt der alte Kaiser Friedrich
An dem Tisch von Marmorstein.

Ihn umwallt der Purpurmantel,
Ihn umfängt der Rüstung Pracht,
Doch auf seinen Augenwimpern
Liegt des Schlafes tiefe Nacht.

Vorgesunken ruht das Antlitz,
Drin sich Ernst und Milde paart;
Durch den Marmortisch gewachsen
Ist sein langer, goldner Bart.

Rings wie eh'rne Bilder
stehen Seine Ritter um ihn her,
Harnischglänzend, schwertumgürtet,
Aber tief im Schlaf, wie er.

Heinrich auch, der Ofterdinger,
Ist in ihrer stummen Schaar,
Mit den liederreichen Lippen,
Mit dem blondgelockten Haar.

Seine Harfe ruht dem Sänger
In der Linken ohne Klang;
Doch auf seiner hohen Stirne
Schläft ein künftiger Gesang.

Alles schweigt, nur hin und wieder
Fällt ein Tropfen vom Gestein,
Bis der große Morgen plötzlich
Bricht mit Feuersglut herein;

Bis der Adler stolzen Fluges
Um des Berges Gipfel zieht,
Daß vor seines Fittichs Rauschen
Dort der Rabenschwarm entflieht.

Aber dann wie ferner Donner
Rollt es durch den Berg herauf,
Und der Kaiser greift zum Schwerte,
Und die Ritter wachen auf.

Laut in seinen Angeln dröhnend
Thut sich auf das eh'rne Tor;
Barbarossa mit den Seinen
Steigt im Waffenschmuck empor.

Auf dem Helm trägt er die Krone
Und den Sieg in seiner Hand;
Schwerter blitzen, Harfen klingen,
Wo er schreitet durch das Land.

Und dem alten Kaiser beugen
Sich die Völker allzugleich
Und aufs Neu zu Aachen gründet
Er das heil'ge deutsche Reich.

Quelle: K.-H.Fingerhut (Hg.), H.Heine: Deutschland - Ein Wintermärchen, Diesterweg 1980 S.101/2


Niklas Becker: Der deutsche Rhein (1840)
Sie sollen ihn nicht haben,
Den freien deutschen Rhein,
Ob sie wie gierge Raben
Sich heiser darnach schrein,

So lang er ruhig wallend
Sein grünes Kleid noch trägt,
So lang ein Ruder schallend
In seine Woge schlägt!

Sie sollen ihn nicht haben,
Den freien deutschen Rhein,
So lang sich Herzen laben
An seinem Feuerwein,

So lang in seinem Strome
Noch fest die Felsen stehn,
So lang sich hohe Dome
In seinem Spiegel sehn!

Sie sollen ihn nicht haben,
Den freien deutschen Rhein,
So lang dort kühne Knaben
Um schlanke Dirnen frein,

So lang die Flosse hebet
Ein Fisch auf seinem Grund,
So lang ein Lied noch lebet
In seiner Sänger Mund!

Sie sollen ihn nicht haben,
Den freien deutschen Rhein,
Bis seine Flut begraben
Des letzten Manns Gebein!

Quelle: K.-H.Fingerhut (Hg.),
H.Heine: Deutschland - Ein Wintermärchen,
Diesterweg 1980 S.94/5


Klaus Dautel, 2001

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Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz Themen-gerecht sein sollte.
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