Hermann Hesse: „Unterm Rad“

Hermann Hesse: Unterm Rad (1903)

Seitenangaben nach Suhrkamp Taschenbuch Frankfurt/Main 1970 und ff

I. Joseph Giebenrath, Zwischenhändler von Beruf, Bürger von Status, Philister von Gesinnung, lebt in einem 'kleinen Schwarzwaldnest' und hat einen überaus begabten Sohn: HANS. Als einziger des Städtleins ist er zum 'Landexamen' entsandt, eine große Ehre, aber auch harte Arbeit (9/10). Den Tag vor dem Examen verbringt er noch einmal herumstreunend und empfängt dabei die letzten guten Ratschläge (11-17).
Dann ist ein Tag in Stuttgart herumzubringen (17-21), endlich geht es los: Latein zuerst, Griechisch und Aufsatz am nächsten Tag, dann noch Rechnen und Religion.
Heimfahrt und warten auf das Ergebnis, dann endlich kommt es: als Zweiter bestanden, die Ferien beginnen für ihn, er kann jetzt nach Herzenslust wieder angeln gehen.

Tafelanschrieb (TA): Das Wo-Wann-Wer-usw (Die Exposition)
  • Wo spielt die Handlung? ...
  • Wann? ...
  • Wer sind die Protagonisten? ...
  • Was könnte das Thema dieses Romanes sein? ...
  • Wie wird erzählt?
    • Erzählperspektive: Auktorialer Erzähler, kommentierend
    • Erzählweise: mit Ironie (d.h. es besteht ein erkennbarer Widerspruch zwischen Gemeintem und Gesagtem)
    • mit Übertreibungen und paradoxen Formulierungen, (exemplarisch zu untersuchen auf S.10)

II. Sieben Wochen Ferien beginnen, schöne Tage zum Baden und Angeln. Ein Besuch beim Pfarrer - Exkurs über neue und alte Theologie (39) - bringt ihm tägliche Neugriechisch-Stunden ein, die ihn aber sehr interessieren, denn sie lesen das Neue Testament zusammen.
Lesenswerter Exkurs über die Aufgaben der Schule (46)
Dann kommt der Rektor und drängt ihm Griechisch auf, schließlich noch Privatstunden in Mathematik. Jeder will sein Bestes, aber die Ferien sind verdorben, der Knabe hat wieder Kopfweh und die Fische wollen auch nicht mehr anbeißen. Einzig der pietistische Schuhmacher findet das alles falsch:"Zu was gibt man euch denn Ferien!"(51)

TA: Hans Giebenrath und seine "Mitmenschen"(= Mit-Erzieher)
       der Vater, ein "Philister" (7)             
                                         der Stadtpfarrer (14/40) 

                    HANS GIEBENRATH          der Rektor (46/7) 
 Die                mutterlos, begabt,  
 Mit-               fein, abgesondert,
  schüler           etwas Besonderes          der Mathematik-Lehrer 
    (37/8)                (8/9)                     (49/50)
  
                                           der Dekan (10)
                       Schuster Faig 
                       (43/4, 51/2) 
               \_____________  ________________/ 
                             \/
    Was zeichnet ihn aus?
        persönlicher Ehrgeiz,  
        hohe Anpassungsbereitschaft, Lernwilligkeit 
        Bedürfnis nach Anerkennung durch die Erzieher 

    Konsequenz: 
        Überbelastung, peinliche Unsicherheit 
        Angstgefühle, Schweißausbrüche, Kopfweh, Herzklopfen 
        gelegentliche Lustlosigkeit (S.50)

III. Maulbronn! Ankunft der Seminaristen, Auspacken, gute Ratschläge (53-8). Die erste Nacht zusammen mit neun Kameraden in der Stube Hellas, am anderen Morgen der Aufnahmeakt und Abschied der Eltern...

TA: Hans G. und Heilner
(Psychogramm einer Freundschaft/Beziehung) 

Das Genie und der Musterknabe rebellisch und anpassungsbereit Der Dichter und der Streber phantasiebegabt fleißig und unordentlich ordentlich früherer Mutterliebling mutterlose Knabenjahre || || \/ \/ Der Selbstdarsteller und sein Bewunderer Der Spieler und sein Spielzeug

IV. Opfer: Eines Tages im Januar bricht ein Stubenkamerad ('Hindu') durchs Eis und ertrinkt.Die Entdeckung und das Begräbnis lasten auf den Knaben (83-7)...

TA: Schule und Genie - Unverträglichkeiten? (90/1)
 Was wollen die Lehrer?     Was braucht der (geniale) Schüler? 
 
      Ordnung               Anerkennung seines Freiheitsdrang 
      Regeln und Disziplin  Phantasie 
      Einheitlichkeit       Einzigartigkeit 
      Unterordnung          Widerstand 
      Strenge               Zuwendung 
 Der Widerspruch: 
      Die Institution  <----> Das INDIVIDUUM 

V. Der Abstieg beginnt: Wenige Wochen vor den Sommerferien erleidet Hans mehrere Zusammenbrüche und wird als nervenkrank nach Hause geschickt (110)...

TA: Entfremdungen
         Von den Lehrern: Ironie
         Vom Vater: Sprach- und Ratlosigkeit angesichts der 
                    "Geistesgestörtheit"
         Von den ehemaligen Mitschülern: 
              keine Bindungen von früher her erhalten
         Von den ehemaligen Förderern: 
              Keine tröstenden Worte vom Stadtpfarrer
         Vom Lernstoff: Kopfweh
         Von der Wirklichkeit: Träumerei
                                 ||
                                 \/
        Realitätsverlust, Vereinsamung, Regression
                                 ||
                                 \/ 
                        Was gibt es da für 
                               AUSWEGE? 
                             /    |     \
                            /     |      \
                     Freitod      Ver-     Liebe eines Menschen 
                                 rücktsein 

VI. Herbst kommt und H. versinkt immer tiefer in Melancholie. - Dann wird gemoschtet, ein buntes Treiben (127ff), bei dem er wieder auflebt. Er verliebt sich ...

VII. ... und dann ist sie plötzlich weg. Wieder ist Hans auf sich zurückgeworfen...

Arbeitsaufträge

Dokumente aus Hermann Hesses Leben:
  1. Vergleicht Hans Giebenraths Lebensumstände mit denen Hesses. Recherchiert dazu das Wichtigste aus Hesses Jugend.
  2. Welche Person aus dem Roman trägt Hesses Züge am ehesten?
  3. Warum lässt Hesse Hans G. sterben?
TA: Biographie und literarische Verarbeitung:
             Der junge Hesse               Hans Giebenrath 
 
Familie     Vater und Mutter                 mutterlose Kindheit 
            Zugereiste / Außenseiter        alteingesessene Familie 
            strenggläubig / pietistisch 
             (Schuldgefühle) 

                   gebildet                  durchschnittlich 
 
Charakter       aufrührerisch             anpassungswillig 
                ungebändigt               fleißig 
                phantasiebegabt 

                  Das Genie  und  der Musterknabe 

 Wie ist Heilner hier einzuordnen?
  
 Warum musste Hans sterben? 
 
      Wichtig: Hans ist nicht identisch mit Hermann Hesse, 
      sondern die literarische Konstruktion eines Opfer-Typs 

      Seine Rettung hätte den Fall verharmlost 
      und Hesses Intentionen verwässert: 
 
      Sein Tod aber intensiviert die Wirkung des Romans: 
      • die Kritik der Institution und Gesellschaft wird schärfer 
      • die emotionale Erschütterung des Lesers tiefer 


Arbeits- und Schreibaufträge für Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit

Schreibanlässe:

Grafische Gestaltungen und Präsentationen: Motivbetrachtung:

Klassenarbeit 9 - Hermann Hesse: Unterm Rad

1. Stelle den Roman kurz vor (Verfasser, Titel usw., Thema, Schauplätze und Hauptpersonen)
2. Vergleiche Hans G. und Heilner.
3. Charakterisiere die Erzählperspektive, die Sprache und die Wirkungsabsichten des Autors am Beispiel von Seite 7, Zeile 1-19 (kurze Zitat-Belege erwünscht).
4. Gib dein persönliches und begründetes Urteil über Hesses Roman kund.


(cc) Klaus Dautel

Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht ganz Themen-gerecht sein sollte.
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