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Europas Mitte um 1000 |
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Einleitung: |
Die Zeit | Die Ausstellung | ||||
Schwerpunkte: |
Antikes Erbe und christliche Tradition | Slawen und Ungarn zwischen Abendland und Byzanz | Staatsbildung der Slawen | Staatsbildung der Ungarn | Das Reich und der Osten | Die Kaiseridee Ottos III. | ||||
Einleitung - Die Zeit |
Um die erste Jahrtausendwende bildeten sich im Osten
Mitteleuropas, im kulturellen Schatten des römisch-deutschen Kaiserreiches,
nicht nur drei junge Nationalstaaten heraus, sondern es festigte sich auch
zum Osten, zur byzantinisch-orthodoxen Welt hin, eine Kulturgrenze, die die
nächsten tausend Jahre Bestand haben sollte. Die ungarische, tschechische
und polnische Frühgeschichte ist geprägt vom Bekenntnis zum
lateinischen Christentum und der Orientierung am christlich-abendländischen
Kulturkreis, in den sie nach kurzer Zeit voll integriert waren.
Diese Frühgeschichte zeigt die Europarats-Ausstellung Europas Mitte um 1000", ein deutsch-polnisch-slowakisch-tschechisch-ungarisches Gemeinschaftsprojekt, anhand anschaulicher archäologischer und kulturhistorischer Zeugnisse. Sie wird jetzt - nach den Stationen in Budapest und Berlin - in Mannheim gezeigt und reist anschließend weiter nach Bratislava, Prag, und schließlich nach Krakau. Europas Mitte - das gilt vor allem topografisch, als der Schnittpunkt der Diagonalen zwischen den damals immer noch mehrheitlich muslimisch beherrschten Spanien und der bereits orthodoxen Rus, zwischen dem Skandinavien der Wikinger und dem Sizilien der Araber. Europas Mitte ist damit eine selbstverständliche Formulierung angesichts des Falls des Eisernen Vorhangs von 11 Jahren, als unser" Europa in vielen Köpfen noch am Schlagbaum zur östlichen Welt endete. Europas Schwerpunkt lag um 1000 in einem Bündnis zwischen dem Nachfolger sowohl der großen Römischen Kaiser als auch des Karolingerkaisers Karl dem Großen und dem Nachfolger des Heiligen Petrus in Rom, dem Papst. Politisches Ziel dieser Allianz, in der der Kaiser noch eindeutig die Oberhand hatte, war die Renovatio Imperii, die Erneuerung des Römischen Reiches. Denn in der Lehre des Mittelalters, die auf den Vorstellungen des Alten Testaments (und ihren Interpreten) beruhte, konnte es nach dem Reich der Römer nur noch die Wiederkunft Christi geben - vier Reiche waren untergegangen, und ein fünftes wird es nicht geben. Also musste eine Theorie geschaffen werden, in der das Römische Weltreich niemals untergegangen war, sondern eine würdige Fortsetzung im mittelalterlichen Reich der Deutschen gefunden hatte. Und dieses Reich hieß ebensowenig Deutsches Reich wie sein Kaiser jemals ein Deutscher Kaiser war; bis 1806 trug das Oberhaupt des Reiches den Titel Römischer Kaiser, war das Reich ein Heiliges Römisches Reich. Diese Erneuerung des Reiches war Grundlage für die Ansprüche des Frankenkönigs Chlodwig in Tournai, war Ziel des Karolingers Ludwig des Frommen und bestimmte die Vorstellungen des jugendlichen Schwärmers auf der Kaiserthron, des Ottonen Otto III. Nachdem sein Großvater Otto I. 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld die Ungarn zur Seßhaftigkeit und zum Verzicht auf ihre Raubzüge ins Reich gezwungen hatte, legte er im Jahr 1000, dem selben Jahr, in dem Ungarnkönig Stephan vom Papst die Stephanskrone als König des Landes empfing und sich damit zur Aufnahme in die christliche Gemeinschaft qualifiziert hatte, dem Polenherzog Boleslaw Chrobry das Geschenk der heiligen Lanze in den Schoß und nahm ihn als patricius romanorum in die abendländische Familie auf. Denn noch gab es keine Gemeinschaft außerhalb der christlichen Gemeinde, noch gab es keine abendländische Familie außer der, die sich um Rom als den Mittelpunkt der Welt scharte. Dass Otto III. zwei Jahre später, vor den aufständischen Römern auf der Flucht, in Italien an der Malaria starb, ist mehr als nur ein Zeichen des tiefen Widerspruchs zwischen Kaiser-Anspruch und Kaiser-Wirklichkeit. Das Kaisertum gab einen Glanz, indem man sich sonnte, solange es nützlich war. Boleslaw Chrobry trieb eigene Machtpolitik, ebenso wie Stephan von Ungarn oder der Heilige König Wenzel in Prag. Dennoch blieb die Idee von einer verbindenden Gemeinschaft in Europa, und Polen, Tschechien und Ungarn waren Größen in der europäischen Politik, mit denen gerechnet wurde wie mit England oder Frankreich. Das wiederum wird selten so deutlich wie im Spätmittelalter, wo angiovinische Fürsten in Ungarn regieren, Luxemburger Fürsten in Böhmen, und schließlich Ungarn erwerben, zu einem kurzlebigen Reich zusammenfügen zwischen Serbien und Mecklenburg. Polen geht eigene Wege, schließt sich 1386 mit dem Großfürstentum Litauen zusammen, gerät in den Sog des von Moskau ausgehenden Sammelns der russischen Länder", wird schließlich zum Spielball der europäischen Mächte, bis es 1795 von der Landkarte verschwindet. |
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