Jurek Becker

Sally Perel: Ich war Hitlerjunge Salomon

(Nicolaische Verlagsbuchhandlung Beuermann GmbH, Berlin 1992)

Das Buch erzählt die wahre Geschichte des jüdischen Jungen Sally Perel, der als Jupp/Joseph Perjel drei Jahre in der Elite-Schule des Führers in Braunschweig alles mitmachte ohne als Jude entdeckt zu werden.



Sally wurde 1925 in Peine, nahe Braunschweig geboren, seine Eltern waren 1918 aus Russland zugezogen und betrieben nun ein Schuhgeschäft.

1935 wurde er in Anwendung der Nürnberger Rassengesetze der Schule verwiesen, die Familie musste das Geschäft verkaufenund emigrierte nach Lodz in Polen, wo sie zunächst bei der Schwester der Mutter unterkamen. Dort geht Sally in die Schule, lernt polnisch.

1939 sollte er in das hebräische Gymnasium überwechseln, doch im September marschieren deutsche Truppen nach Polen, die Schule wird geschlossen, Nachrichten erreichen die Familie, dass alle Juden in ein geschlossenes Ghetto verbracht werden sollen.

Sallys Bruder David befindet sich als polnischer Soldat in deutscher Kriegsgefangenschaft, die Familie beschließt, dass Sally und sein älterer Bruder Isaak sich nach Russland durchschlagen sollen, während Vater, Mutter und Schwester in Lodz bleiben wollen.

Im Dezember überqueren die beiden den Fluss Bug und damit die Grenze nach Russland. Sally kam in ein russisches Waisenhaus in Grodno, während Isaak weiterreiste nach Wilna im Baltikum. Im Waisenhaus besucht ihn dann überraschend seine Schwester Bertha, der es noch gelungen war, aus dem Ghetto zu flüchten. Bertha zieht ebenfalls weiter nach Wilna.

Sally wird wegen hervorragender Leistungen in der Schule in den Konsomol, den sowjetischen Jugendverband aufgenommen.

Im Juni 1941 beginnt der deutsche Angriff, im Waisenhaus wird allen jüdischen Kindern befohlen, sich auf den Weg nach Minsk zu machen, auf dieser Flucht - mitten durch Schlachtfelder und Zestörungen - löst sich die Gruppe auf und Sally ist allein.

In einem Dorf vor Minsk hält sich Sally auf, bis dieses von der Wehrmacht überrollt wird: Die Bevölkerung muss sich in langen Reihen aufstellen und wird sortiert, vor allem nach Jude und Nichtjude. Sally behauptet geistesgegenwärtig, ein "Volksdeutscher" zu sein - und ihm wird geglaubt.

Er wird nun von der 12. Panzerdivision auf ihrem Feldzug nach Osten mitgenommen, als Maskottchen und als Übersetzer bei Verhören, vor allem von russischen Offizieren. Er erwirbt sich das Vertrauen der Mannschaft und wird sogar vom kinderlosen Kompanie-Chef, Hauptmann von Münchow, adoptiert; "Du wirst Joseph von Münchow heißen."(44)

In vielen Details und Episoden schildert Sally Perel seine Erlebnisse an der Ostfront, unter anderem auch mit dem homosexuellen Arzt Heinz, der beim Baden hinter Sallys Geheimnis kommt (Beschneidung), aber zu ihm hält.

Der Feldzug kommt ins Stocken, Rückzüge und Ausweichmanöver müssen vorgenommen werden, auf diese Weise kommt Sally auch nach Reval. Dort besucht ihn sein Adoptivvater und schickt ihn mit allen wichtigen Ausweisen heim ins Reich. Von der Ostfront mit dem Zug direkt nach Berlin und dort in die Oper, Wagner natürlich, dann weiter nach Braunschweig und direkt in die HJ-Schule, eine Art Berufsschule und Elite-Anstalt, in welcher der Führungsnachwuchs für die verschiedenen Parteiorganisationen herangebildet wurde. (66)

Die nächsten drei Jahre verbringt Sally als Joseph Perjel in dieser Schule, von den Mitschülern geachtet vor allem wegen seiner Fronterfahrung, er ist fleißig und passt sich an und vermag es, diesen enormen Zwiespalt auszuhalten, vor allem wenn es wie z.B. im Fach Rassenlehre darum ging, warum die Juden eine minderwertige Rasse und deshalb auszumerzen seien. Die größte Angst Jupps bestand immer darin, dass seine Beschneidung hätte entdeckt werden können, z.B. bei ärztlichen Untersuchungen, beim gemeinsamen Duschen, beim Umziehen in der Stube usw. In vielen Einzelheiten wird der Alltag in diesen Jahren geschildert.

Weihnachten 1943 gelingt es Jupp die Erlaubnis zu erhalten nach Lodz reisen zu dürfen. (S.131ff) Er fährt mit dem Zug nach Polen und hat die feste Absicht, nach seinen Eltern im Ghetto zu suchen. Darum geht er in kein Hotel sondern übernachtet auf Bahnhöfen. Tagsüber fährt er mit der Straßenbahn durch das geschlossene Ghetto (Abteil: "Nur für Deutsche"), schaut sehnsüchtig aus dem Fenster und schildert das Grässliche, das er zu sehen bekommt. Aber seine Eltern sieht er nicht.

Frühjahr 1945: Der Krieg geht verloren, die Hitlerjugend muss noch ins Feld, nun aber rund um Braunschweig zum letzten Gefecht mit der Panzerfaust (171). Dort wird er dann von den Amerikanern gefangen genommen, nach zwei Tagen wieder frei gelassen, von nun an reiht er sich in den Flüchtlingsstrom ein und schlägt sich nach Braunschweig durch, wo er in den Baracken der ehemaligen Zwangsarbeiter übenachtet, wähernd die Zwangsarbeiter die HJ-Schule übernommen hatten.

Von einem zurückgekehrten Juden erfährt er zum ersten Mal von dem Ausmaß des Vernichtungsapparates, er hört aus den verschiedenen Lagern und KZs.

Sally wird wieder einmal Dolmetscher, diesmal bei den Russen und sie bieten ihm schließlich an, in eine kommunistische Parteischule einzutreten und sich dort für eine aktive Rolle im Dienste der sowjetischen Besatzungsbehörde ausbilden zu lassen. Stattdessen beschließt er 1948 nach Israel zu gehen, wo er in der Armee unter Mosche Dayan am Kampf um Jerusalem teilnimmt.



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