Naturlyrik Überlegungen und Arbeitsvorschläge

Natur & Lyrik: Von Bäumen und Wäldern

Aufgabe: Der Topos 'Baum' wird zu den universellen Symbolen bzw. Zeichen gezählt, die in jeder Kultur, wenn auch mit unterschiedlichen Konnotationen, vorkommen.

Friedrich Hölderlin (1770-1843)

Die Eichbäume: Noch nicht der enge deutsche Wald, sondern das Zusammenstehen souveräner Individuen außerhalb der von liebebedürftigen Menschen bewohnten Kulturlandschaft:

Biografische Notiz: Friedrich Hölderlin war nach seinem Theologie-Studium in Tübingen ab Januar 1796 als Hofmeister im Hause des wohlhabenden Bankiers Gontard in Frankfurt angestellt. Er war für die Erziehung des Sohnes zuständig. Hölderlin war gut bezahlt und musste auf Gesellschaften anwesend sein, zählte als Hauslehrer jedoch zum "Küchenpersonal". Er verliebte sich in die Hausherrin Susette Gontard, die Liebe war gegenseitig, nahm aber kein glückliches Ende. Hölderlin wurde Ende 1798 entlassen, musste Frankfurt dann verlassen und sich anderweitig verdingen. Z.B. versuchte er - vergeblich - eine literarische Zeitschrift herauszugeben. Seine Hoffnung auf die Mitarbeit von Goethe und Schiller wurde jedoch nicht erfüllt.

     Und wieder: Wilhelm Müller (1794 - 1827):
    
    Der Lindenbaum
    
    Am Brunnen vor dem Tore
     Da steht ein Lindenbaum:
     Ich träumt in seinem Schatten
     So manchen süßen Traum.
    
     Ich schnitt in seine Rinde
     So manches liebe Wort;
     Es zog in Freud und Leide
     Zu ihm mich immer fort.
    
     Ich mußt' auch heute wandern
     Vorbei in tiefer Nacht,
     Da hab ich noch im Dunkel
     Die Augen zugemacht.
    
    Und seine Zweige rauschten, Als riefen sie mir zu: Komm her zu mir, Geselle, Hier find'st du deine Ruh'! Die kalten Winde bliesen Mir grad ins Angesicht, Der Hut flog mir vom Kopfe, Ich wendete mich nicht. Nun bin ich manche Stunde Entfernt von jenem Ort, Und immer hör' ich's rauschen Du fändest Ruhe dort!

Aufgabe: Der Baum als Ursymbol des Lebens -
suche dazu in der Wikipedia die folgenden Artikel und gebe sie gekürzt wieder:

Mit Bertolt Brechts Gedicht „An die Nachgeborenen" (1938) und den ersten Zeilen darin bekommt das Symbol „Baum" eine ganz andere Bedeutung. Nicht eigentlich der Baum selbst, sondern das Sprechen über Bäume gerät in den Verdacht des Ausweichens vor der politischen Realität. Im Gespräch über Bäume verschweigen die Sprechenden ihre wirkliche Meinung, der Sinn des Miteinander-Sprechens geht verloren und damit das vertrauensvolle Verhältnis der Sprecher zueinander. Die Kommunikation ist in ihr Gegenteil verkehrt, in leeres Gerede und ein affirmativer Akt gegenüber der Macht. Doch Brecht hat sich (bzw. uns) - man nennt das Dialektik! - ein Türchen offen gelassen, nämlich mit dem Wörtchen "fast". Zum Glück.

Aus der Fülle von „Antwortgedichten" (Erich Fried, Wolf Biermann) greife ich das von Paul Celan, „Ein Blatt, baumlos", entstanden 1968 (Erstdruck 1970) heraus. Es ist kurz und bündig:

Interessantes dazu in Fremdheit und Exil im lyrischen Sprechen Zhang Zao, Celan und Brecht von Susanne Göße.
Jürgen Peter Wallmann (Hrsg.): Von den Nachgeborenen. Dichtungen auf Bertolt Brecht. Die Arche, Zürich 1970

Aufgabe: Der Begriff Wald weckt eine Vielfalt von Assoziationen:

Friedrich Schlegel (1772-1829)

Der deutsche Wald der Nationalromantik: Ort der Erinnerung und dunkler Ahnungen urdeutscher Kraft und Freiheit

IM SPESSART

  Gegrüßt sei du, viellieber Wald!
  es rührt mit wilder Lust,
  Wenn abends fern das Alphorn schallt,
  Erinnrung mir die Brust.

  Jahrtausende standst du schon,
  O Wald, so dunkel kühn,
  Sprachst allen Menschenkünsten Hohn
  Und webtest fort dein Grün.

  Wie mächtig dieser äste Bug
  Und das Gebüsch wie dicht,
  Was golden spielend kaum durchschlug
  Der Sonne funkelnd Licht.

  Nach oben strecken sie den Lauf,
  Die Stämme grad und stark;
  Es strebt zur blauen Luft hinauf
  Der Erde Trieb und Mark.
  Durch des Gebildes Adern quillt
  Geheimes Lebensblut,
  Der Blätterschmuck der Krone schwillt
  In grüner Frühlingsglut.

  Natur, hier fühl ich deine Hand
  Und atme deinen Hauch,
  Beklemmend dringt und doch bekannt
  Dein Herz in meines auch.

  Dann denk ich wie vor alter Zeit,
  Du dunkle Waldesnacht!
  Der Freiheit Sohn sich dein gefreut
  Und was er hier gedacht.

  Du warst der Alten Haus und Burg;
  Zu diesem grünen Zelt
  Drang keines Feindes Ruf hindurch,
  Frei war noch da die Welt.
    (1806)

J. F. v. Eichendorff (1788-1857)

Der Wald der Eichendorff-Romantik, geheimnisvoller Ort wohlig-grausigen Schauderns - oder Heimat und Gegenwelt zur Geschäftigkeit der "Draußen"-Welt

Im Walde

  Es zog eine Hochzeit den Berg entlang,
  ich hörte die Vögel schlagen,
  da blitzten viel Reiter, das Waldhorn klang,
  das war ein lustiges Jagen!

  Und eh ichs gedacht, war alles verhallt,
  die Nacht bedecket die Runde,
  nur von den Bergen noch rauschet der Wald
  und mich schauert im Herzensgrunde.

               (1836)
Abschied

  O Täler weit, o Höhen,
  O schöner, grüner Wald,
  Du meiner Lust und Wehen
  Andächt'ger Aufenthalt.
  Da draußen, stets betrogen,
  Saust die geschäft'ge Welt,
  Schlag noch einmal die Bogen
  Um mich, du grünes Zelt.

Quelle: Projekt Gutenberg

Ludwig Ganghofer (1855-1920)

Der Wald als Metapher für mannhafte Stärke:

Aufgabe: Vergleiche die Darstellung und Bedeutung der Bäume in diesem Text mit den "Eichbäumen" in Friedrich Höderlins Gedicht.

Elias Canetti (1905-94)

Der Wald, gedeutet und entzaubert als "Massensymbol": Verkörperung deutscher Sekundärtugenden

Aufgabe: Überlegt und diskutiert die Frage:

(cc) Klaus Dautel

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