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99 Tipps: Kompetenzorientiert unterrichten

Praxis-Ratgeber Schule

Christa Schröder / Ingo Wirth, Cornelsen (2012), 149 Seiten

99 Tipps: Kompetenzorientiert unterrichten - Cover
Seit bald zehn Jahren gibt es in Deutschland Bildungsstandards und kompetenzorientierte Bildungspläne, z.B. in Baden-Württemberg seit 2004. Und immer noch besteht die Notwendigkeit, die Begrifflichkeit und die Denkweise dieser Wende einer breiteren Lehrerschaft zu erklären und als Leitlinie des Unterrichtens anzuempfehlen. Dies hat sich die „Praxis-Ratgeberreihe Schule“ des Cornelsen-Verlags zum Anliegen gemacht und der vorliegende Ratgeber ist einer von vielen 99-Tipps-Publikationen des Verlages. Aber ein grundlegender, wie mir scheint.
Der vorliegende Band ist zunächst einmal klug gemacht: Die 99 Tipps untergliedern die Thematik in überschaubare kleine (manchmal zu kleine) Häppchen, größere Zusammenhänge werden durch Hinweise auf nachfolgende oder schon vorgestellte Tipps hergestellt. Dazwischen gibt es blau unterlegte „Achtung“-Kästen (zusätzlichen Literaturtipps und Internet-Links) und immer wieder praktische Konkretisierungsangebote mit der Überschrift: „Gleich mal ausprobieren“. Eine eher merkwürdige Einfügung sind die „Um die Ecke gedacht“-Kästen, bei denen man nicht immer weiß, ob sie ernst zu nehmen sind oder zum Weiterdenken anregen sollen (Beispiel folgt). Und schließlich gibt es noch die „Webcodes“, mittels derer sich weitere Materialien von der Cornelsen-Webseite herunterladen lassen.

Erstes Fazit: Man muss sich in die Materie hineinarbeiten, mit einem einfachen Durchlesen ist es nicht getan!

Inhaltlich beschäftigt sich der Ratgeber mit allem, was seit der Kompetenz-Wende angesagt ist: Kompetenzmodelle, K.-Niveaus, K.-Raster, Domänen, Indikatoren, Diagnostizieren, Differenzieren, Fördern, Heterogenität, Lernertypen, Lernaufgaben, Evaluieren… Das Vokabular zeigt: Die Autoren haben die PISA-Ergebnisse im Hintergrund, die Klieme-Expertisen im Kopf und die KMK-Papiere zur Hand. Das ist gut dargestellt - es kann einem aber auch Hören und Sehen vergehen. Z.B. wenn dann dieses allgegenwärtige K-Wort mit weiteren Differenzierungen versehen wird wie: kompetenzorientiert, kompetenzerweitert, kompetenzerweiternd, kompetenzangereichert oder kompetenzfördernd. Insbesondere zwischen kompetenzorientiertem und kompetenzangereichertem Unterricht wird eine feine Linie gezogen (Tipp 53).
Wenn ich mein Verständnis der hier vorgestellten Unterrichtsphilosophie auf einen einfachen Begriff bringen wollte, dann würde ich sagen: Kompetenzorientierter/angereicherter Unterricht ist zuallererst Problem- und Aufgaben-orientierter Unterricht. Darum wird dem Bereich „Aufgabenkultur“ auch viel Platz eingeräumt (Tipp 58 ff), erfreulich auch immer wieder die Verweise auf Lerntagebücher und Portfolios als den geeigneten Instrumenten für individualisiertes und prozessorientiertes Lernen (Tipp 33).
Ganz in meinem Sinne ist das Transparenz-Gebot, hier „advance organizer“ genannt: Gemeint ist die Praxis, seinen Schülern von Anfang an Einblicke in die Anlage der Lernprozesse und die Kriterien der (Selbst-)Bewertung zu geben (Tipp 61)
Besonders dankbar bin ich den Autoren dafür, dass sie gleich zu Beginn auf die erzieherischen Schwachstellen eines auf präzise Leistungsindikatoren fixierten Kompetenzmodelles hinweisen. Hier möchte ich zitieren:
„Dies gilt ganz allgemein für so entscheidende Bereiche wie schöpferische Kompetenzen der Schüler (z.B. Kreativität, Spontaneität, Originalität, Einfallsreichtum, Geschmack) oder ethische Kompetenzen (z.B. Empathie, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und Verantwortungsbewusstsein). Natürlich dürfen solche Kompetenzen nicht vom Radarschirm des Unterrichts verschwinden, nur weil sie nicht in Kompetenzmodellen erfasst werden.“ (Tipp 15)

Zweites Fazit: Die Autoren sind keine Kompetenz-Dogmatiker, sie sind sich der pädagogischen Verengungen der K.-Theorie und Praxis bewusst, können damit aber auch nicht anders umgehen, als auf eine „qualifizierte“ (nicht quantifizierte) „Leistungseinschätzung erfahrener Pädagogen“ zu bauen.

Und schließlich zu den Problemfeldern dieses Ratgebers:
1. Der Begriff „Tipps“ ist zuweilen etwas irreführend: Vielfach sind sie keine Tipps, sondern Info-Häppchen, die des Öfteren am Rande des Selbstverständlichen liegen (z.B.Tipp 48: Schülertypen differenzieren; Tipp 51: Lernumgebungen gestalten).
2. Eine gewisse Praxisferne ist der Tatsache geschuldet, dass die Thematik fächer- und Schulartenübergreifend abgehandelt wird. Die wenigen Konkretisierungen sind eher Alibi-mäßig.
3. Die Autoren verfangen sich mit fortschreitender Tipp-Arbeit in bildungstheoretischem Kauderwelsch: „Wird der Erwartungshorizont (Tipp 76) als Rückmeldebogen für die Schüler mit konkreten Indikatoren (Tipp 18) angelegt und werden für die Diagnose des Grads der Kompetenzerreichung Niveaustufen herangezogen (Tipp 17), kann dies für die Konstruktion binnendifferenzierender Angebote (Tipp 50) für Niveaugruppen in zukünftigen Unterrichtseinheiten nutzbar gemacht werden.“ (Um die Ecke gedacht, Tipp 77)
4. Mir scheint der Wissensbegriff ungeklärt: „Kompetenzoreintierter Unterricht baut darauf, dass irgendwelche Kompetenzen bei den Schülern vorhanden sind: Weltwissen.“ (Tipp 10)
5. Und erst recht gerät der Bildungsbegriff ins Schlingern. Hierzu noch einmal „Um die Ecke gedacht“ aus Tipp 83: „Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn wir alles vergessen haben, was wir in der Schule gelernt haben. Wer stattdessen allein mehr Wissen vermitteln will, der versteht die Aufgabe der Schule nicht. Die Schule hat Schülern Modi des Weltzugangs zu vermitteln, nicht in erster Linie Wissen.“ Das ist ein Zitat im Zitat (Tenorth 2011, S.30) und für mich ein Beleg für die Doppeldeutigkeit der Rubrik „Um die Ecke gedacht“.

Drittes Fazit: Dies ist nicht ein Buch, das man einfach liest, sondern mit dem man sich mithilfe von Tipp-Sprüngen und Internet-Webcodes beschäftigen muss, sonst ist man entweder frustriert, befremdet oder überfordert.

Ich für meinen Teil habe mich mit Gewinn hineinvertieft und möchte es - trotz 1 bis 5 - empfehlen.

verfasst von Klaus Dautel am 31.05.2012 | 3690-mal gelesen

Fachrichtungen: fächerübergreifend Pädagogik


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